
Seid solidarisch!
Ausfallhonorare zahlen, Ersatzaufträge anbieten, Absicherung freier Journalist*innen verbessern: Freischreiber appelliert an die Solidarität der Redaktionen mit ihren freien Journalist*innen.
Wir freien Journalist*innen sind eine tragende Säule der deutschen Medienlandschaft. Wir versorgen die Öffentlichkeit mit gut recherchierten Informationen. Wir berichten aus Heinsberg und Italien. Sprechen mit Expert*innen und tragen die Fakten zusammen, verifizieren, überarbeiten – oft rund um die Uhr. Weil wir unseren Job lieben, weil wir um unsere Verantwortung wissen, weil wir unseren Teil dazu beitragen wollen, auch diese Krise gemeinsam zu meistern.
Gleichzeitig ist die Krise für viele freie Journalist*innen eine existenzielle Bedrohung: Veranstaltungen und Interviews werden abgesagt, vereinbarte Beiträge zu anderen Themen durch die Berichterstattung über die Pandemie verdrängt. Die Folge: massive Umsatz- und Einkommensausfälle, und das in einer Situation, in der freie Journalist*innen vielfach bei voller Arbeit nur weniger als halb so viel wie festangestellte Redakteur*innen verdienen. Die Bildung von Rücklagen ist so nur kaum möglich, siehe Freischreiber-Honorar-Report.
Aus diesem Grund appellieren wir an die Auftraggeber*innen: Helft euren freien Kolleg*innen mit schnellen und unkomplizierten Zahlungen, rechnet Beiträge, die nun verschoben werden, schon jetzt ab. Und zahlt freien Journalist*innen, die einen Termin nicht wahrnehmen können, weil Veranstaltungen kurzfristig abgesagt werden, unkomplizierte Ausfallhonorare.
Helft ihnen auch, wenn eine Veranstaltung zwar stattfindet, der oder die Kolleg*in sie aber nicht wahrnehmen kann, weil Schulen oder Kindergärten geschlossen haben und die Kinder betreut werden müssen. Habt ein offenes Ohr für eure Freien. Seid solidarisch!
Ihr Redaktionen und Verlage da draußen – jetzt ist der Moment, über unseren Code of Fairness hinauszuwachsen. Gebt euren freien Kolleg*innen Ersatzaufträge. Lasst uns die Zeit gemeinsam dafür nutzen, neue Formate zu entwickeln. Eure Freien sind oft Top-Expert*innen in ihren Themen. Nutzt das! Für Webinare, für Video-Konferenzen, für Projekte, die schon lange in euren Schubladen liegen. Schiebt sie jetzt an. Ein Gutes hat die Krise: Der Wert von gutem Journalismus wird jetzt endlich wieder wahrgenommen. Nutzen wir das zum Positiven. Halten wir zusammen. Euer Geld, unsere Expertise. Waschen wir uns die Hände und packen es gemeinsam an.
Freischreiber e.V., 13. März 2020
Aufruf als PDF
Nachtrag 1: Freischreiber*innen sind zu finden unter https://freischreiber.de/journalisten/autoren-finden/
Nachtrag 2: Andere Freiberufler*innen findet man zum Beispiel auf Twitter über den Hashtag #freefreelancer
Nachtrag 3: Wir weisen gern auch an dieser Stelle auf Lücken in der Absicherung freier Journalist*innen hin.
· Die Künstler*innensozialversicherung ist ein wertvoller Beitrag zur Sicherung einer unabhängigen, vielfältigen Medienlandschaft. Doch die Regelungen zum Krankengeld bedürfen einer dringenden Überarbeitung. Aktuell können zusätzlich zum gesetzlichen Krankengeld ab dem 42. Krankheitstag auch Wahltarife über die Krankenkasse abgeschlossen werden, die ein Krankengeld meist ab dem 15. Krankheitstag auszahlen. Doch angesichts der oft geringen Einkommen und der oft erst sehr späten Zahlung von ausstehenden Honoraren fällt es vielen freien Journalist*innen schwer, diese Lücke zu überbrücken.
· Zudem zeigt sich nun auch der Wert einer Absicherung für den Fall der Arbeitslosigkeit, denn viele der nun betroffenen freien Journalist*innen sind glücklicherweise weder infiziert noch krank; ihnen sind schlicht Aufträge in großer Zahl weggebrochen. Um für solche Situationen künftig vorzubeugen, sollten die Regelungen der Künstler*innensozialversicherung um eine kostengünstige Arbeitslosenversicherung erweitert werden, so wie sie sich bei Arbeitnehmer*innen bewährt hat. Denn die freiwillige Arbeitslosenversicherung für Freiberufler*innen ist fehlgeschlagen: Aufgrund der eng gefassten Antragsbedingungen konnte sie nur eine geringe Zahl von freien Journalist*innen überhaupt beantragen; die sehr hohen Beiträge sind zudem für viele unbezahlbar. Doch ohne eine finanzierbare Absicherung gegen unverschuldete Einkommensausfälle, die nicht durch Krankheit verursacht wurden, werden den Betroffenen auch künftig nur die Bitte um Ausfallhonorare oder der Antrag auf ALG II-Leistungen bleiben.