Rekordergebnisse bei den Presse-Verlagen – doch die Freien gehen leer aus
Die viertel- oder halbjährliche Präsentation von Umsatz- und Gewinnzahlen durch die Verlagsbranche ist ein ganz besonderes Ritual, eröffnet es den Managern doch die Chance, die eigene Arbeit mal so richtig über den grünen Klee zu loben. Niemand kann Auflagenrückgänge überzeugender in „organisches Wachstum“ umdeuten oder Ideenmangel mit Gewinnsprüngen und anderen Operating-Workflow-Floskeln zudecken. Nach Springer-Vorstand Matthias Döpfner und ZEIT-Geschäftsführer Rainer Esser legte nun Bernd Buchholz, Vorstandsvorsitzender von Gruner & Jahr, seine Rekord-Zahlen vor. Danach erzielte der Hamburger Verlag im vergangenen Jahr zwar nur „ein leichtes, weitgehend organisches“ Umsatzwachstum von 1,6 Prozent, aber die Rendite stieg trotz fallender Vertriebserlöse auf den phänomenalen Wert von 11,2 Prozent. Das bedeutet: Die Zitrone wurde noch etwas stärker ausgepresst als sonst. Beziehungsweise: Die Kostensenkungsmaßnahmen haben gegriffen. Gruner & Jahr ist laut Vorstand „finanziell kerngesund“, frei von Schulden, mit einer „komfortablen Cash-Position“ versehen und „voll investitionsbereit“. Buchholz: „Wir sind erfolgreich, weil wir uns in vielen Bereichen konsequent verändert und den Status Quo in Frage gestellt haben.“ Da die Mitarbeiter des Verlags an der Infragestellung ihres Status Quo stark beteiligt waren, bekommen sie zum Dank auch etwas davon ab. Der Verlag schüttet für 2010 Gewinnbeteiligungen in Höhe von über 20 Millionen Euro an seine 13.337 Mitarbeiter aus. Das sind – im Schnitt – pro Nase 1500 Euro. Allerdings hat Gruner & Jahr die vielen freien Mitarbeiter, die zum „Erfolg“ des Verlages beigetragen haben – und von Kostensenkungsmaßnahmen überproportional betroffen waren -, von der Gewinnbeteiligung ausgenommen. Auch eine Erhöhung der Honorarsätze blieb bislang aus. Wir finden: Das ist ein Skandal. Denn ein guter Verleger würde die freien Mitarbeiter an „Rekord-Renditen“ beteiligen. Und ein guter Betriebsrat würde das Verhalten des Verlages gegenüber seinen freien Mitarbeitern auf die Tagesordnung setzen.