Newsletter
12. April 2023

Muss man wieder alles selber machen

Liebe Kolleg:innen, liebe :Freischreiber:innen, Freundinnen und Freunde, vertretungsweise schreibe ich heute den Newsletter. Und ich habe mir Hilfe geholt. Na, und wen fragen gerade alle alles? Richtig: ChatGPT. Also tippe ich „schreibe eine Einleitung für den April-Newsletter von Freischreiber, dem Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten” in die ChatGPT-Eingabe-Maske … 

ChatGPT is typing …“

„Liebe Mitglieder von Freischreiber,

der Frühling ist da und mit ihm begrüßen wir Sie herzlich zum April-Newsletter von Freischreiber, dem Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten. Auch in diesem Monat haben wir wieder spannende Themen und Neuigkeiten rund um die journalistische Arbeit für Sie zusammengestellt.

Wir werfen einen Blick auf aktuelle Entwicklungen in der Medienlandschaft und informieren Sie über wichtige Veränderungen in der Branche. Außerdem finden Sie wie gewohnt Tipps und Tricks zur Verbesserung Ihrer journalistischen Fähigkeiten sowie Hinweise auf interessante Veranstaltungen und Workshops.

Natürlich berichten wir auch über die Aktivitäten von Freischreiber selbst, darunter unsere Initiativen und Kampagnen zur Stärkung der Rechte und Arbeitsbedingungen von freien Journalistinnen und Journalisten.

Joachim

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Lesen und freuen uns auf Ihre Rückmeldungen und Anregungen.

Mit herzlichen Grüßen, Ihr Freischreiber-Team”

Okay, nicht schlecht. Stimmt schon irgendwie alles – außer der Signatur, die ist ja quasi gefälscht. 
Apropos Fälschung: Es gibt da eine neue, sehr sehenswerte Dokumentation auf Sky. Sie gibt Einblicke in die Relotius-Affäre beim Spiegel und welche Konsequenzen sie hatte – oder auch nicht. Aber zurück zu ChatGPT. Es erinnert mich an die Gedanken, die ich hatte, als ich zum ersten Mal einen Tamagotchi sah: Irre, was das alles kann – aber ein echtes Haustier ist es nicht, das merkt man gleich.

KI, aber fair

Trotzdem ist ChatGPT da, und irgendwie muss man damit umgehen. Geht ja nicht nur ums Texten. Manch kluge Beobachterin sieht einen „Textinzest“ heraufziehen. Was, wenn sich die KI munter an unseren Werken bedient und daraus Neues schafft? Urheber? Urheberrecht? Vergütung? Muss man zumindest mal drüber nachdenken. 

Verbände aus der Kreativwirtschaft haben unter dem Hashtag #KIaberfair Forderungen zusammengetragen. Diesen Forderungen schließen wir uns als Verband an. Damit unsere Werke und unsere Arbeit geschützt werden.

Jetzt hat ChatGPT noch „Neuigkeiten“, „aktuelle Entwicklungen“, „Veränderungen“ angekündigt, und auch spannend sollen die sein. Da schauen wir doch mal dezent zu unseren Kolleg:innen von Newsroom.de – und da steht Folgendes geschrieben: „Tarifabschluss: Mehr Geld für Zeitschriftenredakteure“.

Kein Inflationsbonus, dafür Sicherheitsrisiko

4,4 Prozent mehr Gehalt, dazu 125 Euro Inflationsbonus – na, wenn das mal keine Veränderung in der Branche ist. Glückwunsch also den festen Kolleg:innen, ganz ernst gemeint. Wird ja zu Recht angepasst, keine Frage. Aber gleich darauf anstoßen? Lasst mal. Ich glaube, der Sekt würde uns Freien eher schal schmecken. Warum? Richtig – weil die Honorare für Freie seit Jahren bestenfalls stagnieren. Dazu gleich noch mehr.

Der Newsfeed hält noch mehr für uns bereit. Diese Studie vom „Europäischen Zentrum für Presse- und Medienfreiheit“ (ECPMF)beispielsweise. Sie besagt, dass im Jahr 2022 in Deutschland „nur“ noch 56 Journalist:innen angegriffen wurden, 21 weniger als im Vorjahr. Inzwischen hätten aber laut Studie „Journalist:innen, Verbände und Medienhäuser und auch viele staatliche Institutionen Gegenmaßnahmen entwickelt“. Klingt erstmal gut. Dass die Co-Autorin Jessica Jana Dutz sagt, es gibt noch viele Lücken, ist ein bisschen schwerer zu verdauen:

„Besonders freie Journalist:innen sind in Deutschland immer noch nicht ausreichend geschützt. Für sie gibt es zu wenige niedrigschwellige, kostengünstige Schutzangebote. Die Journalist:innengewerkschaften und Initiativen versuchen, diese Lücke zu füllen. Aber auch sie verfügen nur über begrenzte Mittel und können nicht jede:n erreichen.“ 

Joachim in Form – Sigrid in-form-iert

Doch zurück zu den Moneten. Wir können uns nur so halb darüber freuen, dass unsere festangestellten Berufskolleg:innen bei Zeitschriften nun mehr Geld bekommen, denn wir :Freischreiber werden nicht müde, das immer und immer wieder aufzutischen: „Die Verlage sparen uns kaputt“.

Und mit „wir“ meine ich aktuell den :Freischreiber-Co-Vorsitzenden Joachim Budde (im Titelbild): Der Süddeutschen Zeitung hat er es ja schon serviert, dann dem Medium Magazin – jetzt hat ihn Holger Klein angerufen. Ja, der Holger Klein von Holger ruft an, dem Podcast von Übermedien. Er fragte Joachim: „Warum werden freie Journalist:innen eigentlich so mies bezahlt?“ Darauf hat Joachim natürlich die eine oder andere Antwort. Ach, hört es euch am besten hier selber an. Lohnt sich.

Genauso in Form ist die andere Hälfte des :Freischreiber-Vorsitzenden-Duos Sigrid März und zwar beim Informieren (etwa beim Schweizer Rundfunk und ebenfalls in der Süddeutschen).

Unser Jubel um den Tarifabschluss für Zeitschriftenredakteure inklusive Inflationsausgleich klingt deshalb etwas gedämpft. Gibt’s für uns Freie nämlich nicht: Die Inflationsausgleichspauschale gilt nicht für selbstständige Zeitschriften-Journalist:innen (warum nochmal?). Und 4,4 Prozent mehr Lohn ist auch eher eine Rarität. Also schmeckt der Sekt schal. Richtig?

Käthe

Käthe on Tour

FALSCH! Denn – und nun kommen wir zu dem Teil, den ChatGPT zu Recht als „die Aktivitäten von Freischreiber selbst, darunter unsere Initiativen und Kampagnen zur Stärkung der Rechte und Arbeitsbedingungen von freien Journalistinnen und Journalisten” angeteasert hat – wir haben nämlich die stellvertretende :Freischreiber-Vorsitzende Käthe, die bürgerlich Katharina Müller-Güldemeister heißt, in unseren Reihen.

Käthe spricht mit denjenigen Chefredaktionen, die auf unsere 15-Prozent-Kampagne reagieren. Nachdem die Reaktionen erst, nun ja, sagen wir mal „verhalten“ ausfielen, können wir uns momentan kaum vor Anrufen aus Chefredaktionen retten, die mit uns über die Lage der Freien, über unsere Wünsche und Bedürfnisse sprechen wollen. Oder war nur die ganze Zeit besetzt, weil Joachim Holger so viel zu erzählen hatte? 

Na jedenfalls hat Käthe das, was Joachim Holger erzählt hat, auch den Chefs und Chefinnen der Zeitungen und Zeitschriften im Land erzählt. Kein Tarif heißt nicht, dass wir nicht doch bessere Arbeitsbedingungen für alle Freien rausholen könnten – wir müssen es nur bei jedem Verlag einzeln machen. 

Hier mal eine Auswahl:

  • Los ging’s beim Freitag, wo wir uns, das kann man ja jetzt zugeben, ein bisschen selbst eingeladen haben. Das Gespräch mit Philip Grassmann war trotzdem „jut“, sagt Käthe, und sie sagt auch, dass sie die Anliegen der Freien vermitteln konnte.
  • Weiter ging es dann bei der ZEIT. Da war Käthe mit der Ex-:Freischreiber-Vorsitzenden Carola Dorner, und die beiden haben sich mit dem stellvertretenden Chefredakteur Moritz Müller-Wirth und der CvD und Freien-Ombudsfrau Dorothée Stöbener getroffen. Die Gesprächsinhalte sind noch vertraulich – wir hoffen, dass wir euch da bald ein paar erfreuliche Nachrichten überbringen können.
  • Ebenfalls mit Carola Dorner war Käthe bei der taz und hat mit den Chefredakteurinnen Barbara Junge und Ulrike Winkelmann gesprochen. Die wollen mal sehen, was sie tun können.
  • Zwischendurch hat Käthe noch mit Gerrit Bastian Mathiesen von der Schleswig-Holstein-Zeitung (SHZ) gesprochen, allerdings aus anderen :Freischreiber-Gründen. Freie hatten der SHZ Artikel angeboten. Und die erschienen dann nicht nur in der SHZ, sondern auch in den Norddeutschen Neuesten Nachrichten (NNN), der Schweriner Volkszeitung (SVZ) und der Neuen Osnabrücker Zeitung (NOZ), die in einem Verbund mit der SHZ sind. Die Autor:innen wussten davon in mindestens drei uns bekannten Fällen nichts, und Geld haben sie auch keins dafür bekommen. Konstruktives Gespräch und Einsicht? Fehlanzeige. Dafür klingeln Käthe vor Kaltschnäuzigkeit noch die Ohren: „Es ist nicht unsere Aufgabe, dass freie Mitarbeiter von den Honoraren leben können“, hat Mathiesen ihr an den Kopf geworfen.
  • Mund abputzen – weitermachen. Und zwar bei der Berliner Zeitungund der Süddeutschen ZeitungDa sind auch schon Gespräche ausgemacht.

Ihr seht: Es läuft.

Ja und nun fehlen eigentlich nur noch die „Hinweise auf interessante Veranstaltungen und Workshops“. Kommen gleich. Und weil ich ja nicht möchte, dass ChatGPT mir doch noch den Job streitig macht, setze ich noch einen oben drauf: Termine. Tadaaaaa.

Freischreiber-Termine

  • Auf einen Cappuccino mit dem Vorstand. Was findest du toll an :Freischreiber? Wovon könnte es mehr geben? Und worüber hast du dich aufgeregt? Wir wollen alles wissen, damit wir unsere Arbeit noch stärker darauf ausrichten können! Triff uns auf einen Kaffee am Mittwoch, 19. April, um 9 Uhr auf Zoom. Erzähl uns deine Wünsche und Sorgen im freien Journalismus, vernetz dich mit anderen Freien, schmiede mit uns neue Pläne. Auch (Noch-)Nicht-Mitglieder sind herzlich willkommen.
  • Geschmeidig durch die Krise kommen, das klingt schön. Doch Hand aufs Herz: Geht das überhaupt? Im Halbtags-Crashkurs: „Resilienz“stellt Freischreiberin Andrea Mertes die besten Skills aus Psychologie, Neurowissenschaft und Meditationsforschung vor, angepasst auf die Herausforderungen des freien Journalismus. Am 21. April geht es um 9 Uhr auf Zoom los.
  • Selbstmanagement ist ein Thema, an dem viele knabbern. Um was geht es genau? Damit du deine Projekte erfolgreich umsetzt, nehmen wir dich mit zu einem Crashkurs: „Selbstmanagement“. Gemeinsam erarbeiten wir Strategien, wie du dich besser organisierst, mehr Zeit für deine wirklich wichtigen Projekte hast und dich gut dabei fühlst. Freitag, 28. April 2023, 9–12 Uhr, auf Zoom. Freischreiber:innen (Deutschland & Österreich): 39 Euro, Mitglieder von wpk, Reporter-Akademie, freelens, ndm: 59 Euro, Nicht-Mitglieder: 109 Euro.
  • Jetzt schon anmelden: Ob Synchronsprechen, Moderation oder Podcast, eine gute Stimme lebt von einer authentischen Sprechweise. Künstliches Sprechen ist für diese Aufträge genauso ungeeignet wie Sprechen ohne Handwerk. Damit Mühelosigkeit in der Sprechweise entsteht, braucht es Stimmbildung, Atemtechnik und eine bewusste Artikulation. Wie all das gelingt, verrät Dozentin Carmen Rutzel im vierstündigen Basis-Stimm- und Sprechtraining „Gute Stimme, starke Wirkung“. Freitag, 12. Mai, von 9–13 Uhr auf Zoom. Freischreiber-Mitglieder (Deutschland & Österreich): 49 Euro; begrenztes Kontingent für Mitglieder von wpk, Reporter-Akademie, freelens, ndm: 89 Euro; Externe: 129 Euro
Björn, Jakob, Katharina & Leonie

Neues von Freischreiber:innen

Gleich vier Freischreiber:innen werden in der aktuellen Runde des WPK-Innovationsfonds gefördert: Florian Sturm (oben links, Foto: Dominic Kamp) entwickelt mit „CO2mmitted Media“ einen offenen CO2-Rechner für den Journalismus, der mit wenigen Parametern angibt, wie viele Klimagase die Produktion eines journalistischen Beitrags verursacht hat. Als Teil des tactile.news-Teams spricht Jakob Vicari (oben rechts) mit Pflanzen und wagt so eine neue Herangehensweise an Biodiversität & Artenschutz. Katharina Mau (unten links im Foto) & Leonie Sontheimer (unten rechts) entwickeln ihren Newsletter „Onboarding Klimajournalismus” des Netzwerks Klimajournalismus weiter und bieten zum Beispiel Inhouse-Seminare für Redaktionen an. 

Wir gratulieren allen Geförderten ganz herzlich!

  • Die Berliner Freischreiberin Barbara Schaefer (Foto oben) hat auf der Internationalen Tourismus-Börse gleich zwei Auszeichnungen eingeheimst. Beim Ranking der Reisejournalist:innen des Jahres rutschte sie um vier Plätze auf Rang fünf hoch. Vor allem aber bekam sie den Goldenen Columbus für „Die beste journalistische Leistung“ verliehen, und zwar für diesen Text. Herzlichen Glückwunsch!
  • Freischreiberin Geraldine Friedrich macht schon seit gut einem Jahr zusammen mit Francoise Hauser den Freienpodcast zu Themen, die Freie umtreiben. Ein Hörtipp!

Dies & Das

  • Das Kulturforum Hamburg und der DJV Nord laden zur Diskussion „Aderlass am Baumwall – haben Zeitschriften eine Zukunft?” ein. Es geht um Gruner + Jahr, den Zeitschriften-Markt und den Medienstandort Hamburg. Auf dem Podium mit dabei ist Freischreiberin Verena Carl. Montag, 17. April um 19 Uhr in der Kulturfabrik Kampnagel, Jarrestraße 20, 22303 Hamburg. Eintritt ist frei.
  • Nochmal Gruner: Die Friedrich-Ebert-Stiftung organisiert am Mittwoch, 19. April einen Zoom-Call mit Hamburgs Mediensenator Carsten Brosda. Neben dem Stellenabbau bei Gruner + Jahr soll es um die Herausforderungen für die privatwirtschaftlichen und öffentlich-rechtlichen Medien in Hamburg gehen. Anmeldung hier.
  • Hermes-Baby-Mitgründer und Kriminalreporter Alexander Rupflin hat ein E-Book über Erzähljournalismus geschrieben. Gegen eine Spende kannst du es hier herunterladen.

Fortbildung

Preise & Stipendien

  • Die Darmstädter Okeanos Stiftung für das Meer bietet erstmals ein journalistisches Recherchestipendium „Zur Zukunft der Ozeane – Abenteuer Meeresberichterstattung“ an. Bewerben können sich junge Journalist:innen (auch in Ausbildung) bis 29 Jahre. Medienpartner des Stipendiums ist die taz. Dort sollen die Ergebnisse der Recherchen im Print oder online als Dossier erscheinen. Ein Eigenanteil von 350 Euro ist einzubringen; der Unkostenbeitrag deckt Anreise und Verpflegung, die gemeinsam mit der Crew zubereitet wird. Die Verpflegung wird samt Schiff und Dozent von der Stiftung gestellt. Anmeldeschluss ist der 15. April.
  • Noch bis zum 23. April könnt ihr euch für den „K3-Preis für Klimakommunikation“ bewerben. „Der mit 15.000 Euro dotierte Preis zeichnet Projekte und Initiativen aus, denen es mit beispielhafter Kommunikation gelingt, die Lücke zwischen Wissen und Handeln, zwischen Problembewusstsein und Problemlösung zu schließen.“
  • Die Bewerbungsfrist für den Georg von Holtzbrinck Preis für Wissenschaftsjournalismus wurde verlängert – bis zum 24. April. Die Preisträger:innen der Kategorien Text und elektronische Medien (TV, Hörfunk, Social Media und Multimedia) erhalten je 10.000 Euro; die Kategorie Nachwuchs ist mit 5000 Euro dotiert.

Nun also wünsche ich – und mit ich meine ich mich, der ich heute im Namen des Vorstands an euch schreiben durfte – einen wunderbaren April mit frohen Ostern, freundlichen Protagonist:innen, frischen Finanzen und mehr Sonne als Regen.

Eure :Freischreiber:innen 

PS: Ihr kennt jemanden, die oder der diesen Newsletter noch nicht bekommt? Er oder sie kann sich hier anmelden


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