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17. März 2023

Wer nicht kämpft

Liebe Kolleg:innen, liebe :Freischreiber:innen, Freundinnen und Freunde, Wer nicht kämpft, hat schon verloren – da steckt viel Wahrheit drin. Trotzdem fällt es uns Freien oft schwer, für unsere Interessen einzutreten. Wir :Freischreiber erinnern euch ja bei jeder Gelegenheit daran. Zu kämpfen, bedeutet leider nicht automatisch, dass man auch gewinnt. Wobei es auch ein bisschen auf die Perspektive ankommt. Der Kampf selbst kann schon befreiend wirken. Man hat es immerhin versucht.

Ums Kämpfen geht es für uns Freie jetzt schon seit Wochen. :Freischreiber etwa kämpft aktuell noch immer in der 15-Prozent-Kampagne für höhere Honorare. Der Vorstand hat mit seinem offenen Brief einiges angestoßen. Vorständin Katharina Müller-Güldemeister hat mit dem Freitag gesprochen, Termine bei weiteren großen Medien stehen an. Der :Freischreiber-Co-Vorsitzende Joachim Budde hat im Medium Magazin unsere Standpunkte vertreten.

Joachim Budde

Was uns aber besonders freut: Viele von euch haben den offenen Brief zum Anlass genommen, ihre Auftraggeber anzusprechen. Ständig erreichen die Geschäftsstelle Nachrichten wie diese: „Kaum zu glauben, aber wahr: Nachdem im vergangenen Herbst ein Gespräch […] wg. Inflationsausgleich unbefriedigend verlaufen war, habe ich in den Honorarabrechnungen Januar und Februar 2023 eine Honorarerhöhung festgestellt“ oder dass unser Brief eine Argumentationshilfe gewesen sei: „15 Prozent gab’s zwar nie, aber manchmal wenigstens 10 Prozent oder pauschal einen Hunni“. Es ist einfach wichtig, das Problem anzusprechen und den Redaktionen und Verlagen bewusst zu machen.

Das sind die positiven Nachrichten. An anderer Stelle haben Freischreiber:innen auch gekämpft, allerdings mit gemischtem Erfolg. Es geht um den Bielefelder Traditionsverlag Delius Klasing (u. a. TOUR, Bike, Yacht). Den hat im vergangenen Jahr die Mediengruppe Klambt (u. a. Petra, Grazia, TV NEU!) übernommen. Und jetzt behandeln die neuen Verlagsverantwortlichen die Freien der Delius-Klasing-Magazine nach dem Motto: „Friss oder stirb!“

Kurz vor Weihnachten flatterte eine brisante E-Mail in die Postfächer aller freien Mitarbeiter:innen. Der Verlag wolle die Zusammenarbeit in einem neuen Rahmenvertrag regeln. Einem sehr großzügigen – für Klambt: Zeitlich und räumlich unbegrenzte Nutzung der Werke in allen Medien des Verlags. Exklusive Nutzungsrechte in alle Ewigkeit. Übertragung von Nutzungsrechten an Dritte. Und alles, ohne den Freien etwas von den Einnahmen daraus abzugeben. Der Vertrag werde zum 1. Januar 2023 wirksam. Wer nicht unterschreibe, werde nicht mehr beauftragt. 
Das ist besonders bedauerlich, weil Delius Klasing stets ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Freien gepflegt hat. Man wusste: Die Magazine sind auf die Rad- und Wassersport-Expertise der Fachjournalist:innen angewiesen. 

Manche freien Autor:innen und Fotograf:innen arbeiten bereits seit mehreren Jahrzehnten für den Verlag und erwirtschaften dort den Großteil ihres Einkommens. Zwar stagnierten auch bei Delius Klasing die Honorare seit Jahrzehnten, doch die Rahmenbedingungen stimmten. Tagessätze waren transparent. Das Haus vergütete Mehrfachverwertungen fair. Das ermöglichte bislang ein verlässliches Einkommen – den Freien und dem Verlag.
Der neue Rahmenvertrag bedroht nun die wirtschaftliche Existenz der Freien. Darum wehren sie sich: Um den Ausverkauf ihrer Texte und Bilder zu verhindern, solidarisierte sich eine Gruppe von etwa 40 freien Autor:innen und Fotograf:innen – ein Riesenerfolg und ein tolles Signal aus unserer Sicht. 

Die Mehrheit verweigerte die Unterschrift und sammelte mithilfe des :Freischreiber-Anwalts Argumente für einen neuen Vertragsentwurf. Man traf sich zu Gesprächen. Die Atmosphäre war durchaus freundlich, doch die Verlagsleitung hielt – abgesehen von kosmetischen Änderungen – am Total-Buyout-Vertrag fest. Schlimmer noch: Eine Redaktion beendete sogar die Zusammenarbeit mit den langjährigen Mitarbeiter:innen und beauftragte einen externen Dienstleister mit der Produktion der redaktionellen Inhalte.

Ein Schlag ins Gesicht. :Freischreiber hat eine Stellungnahme dazu veröffentlicht. Wir fordern: Delius Klasing muss seinen Freien einen neuen, fairen Vertrag vorlegen. Verlage dürfen sich nicht sämtliche Nutzungsrechte gratis unter den Nagel reißen! Die 40 Delius-Klasing-Freien sind natürlich maximal enttäuscht. Das letzte Wort ist aber noch nicht gesprochen.

Dr. Sigrid März, Anna Heidelberg-Stein

In der Causa Gruner-RTL-Bertelsmann gibt es leider auch keine positiven Nachrichten. Die :Freischreiber-Vorsitzenden Dr. Sigrid März und Joachim Budde haben sich in der Süddeutschen Zeitung zur Situation der Frauen („[Den Freien] wird mit sehr wenig Wertschätzung begegnet“) und dem Selbstverständnis der Verlagsleitung geäußert („Wie groß muss die Gier sein in den Medienkonzernen, dass sie sogar solche Titel untergehen lassen?“). 

Immerhin haben Freie und Feste inzwischen etwas mehr Klarheit: Der Verlag hat bekannt gegeben, welche Titel er zu welchen Terminen einstellt. 
Gerade für Freie ergeben sich aus dem Magazin-Sterben einige Fragen: Der :Freischreiber-Anwalt hat für unsere Mitglieder eine Reihe von Tipps aufgeschrieben, wie sie mit Aufträgen für Magazine umgehen können, die plötzlich verschwinden. Das haben wir in einer Mitglieder-Mail und im internen Bereich auf der Website aufgeschrieben – :Freischreiber–Mitgliedschaft lohnt sich.
Und nicht nur dafür.

:Freischreiber-Termine

Ausland – frei – Kids? Beim Stammtisch am Dienstag, 14. März, tauschen sich die Auslands-Freien darüber aus, wie sich ihr Beruf mit Kind(ern) vereinbaren lässt. Damit wir unsere Gäste kinderbetreuungs- und zeitzonenmäßig unter einen Hut bringen können, findet der Stammtisch dieses Mal von 21 bis 22 Uhr MEZ statt. Mehr Infos und Anmeldung hier.

„Radioreportage – wie machst Du das?”: Dieser Frage gehen die Freifunker:innen bei ihrem nächsten Treffen am Mittwoch, 15. März, ab 17 Uhr nach. Anmeldung hier.

Bei unseren Berlin-Regios geht es am Montag, 20. März, ans Eingemachte: Wie werden wir besser bezahlt? Wo ist das Geld, wie bekommen wir es – und wie finden wir Mitstreiter:innen gegen die Misere? Treffpunkt ist um 19 Uhr bei :Freischreiber-Vize-Vorsitzender Katharina (Käthe) Müller-Güldemeister in der Wohnküche. Käthe engagiert sich seit Wochen für unseren Verband in der 15-Prozent-mehr-Honorar-Kampagne und trifft dafür auch Redaktionen zum Gespräch. Mehr Infos und Anmeldung hier.

Frei arbeiten und in Elternzeit gehen – (wie) klappt das? Im Webinar „Elterngeld für Freie“ am Freitag, 31. März, von 9 bis 11 Uhr erklärt es Expertin Verena Dias. Das Webinar richtet sich an werdende Eltern und Eltern, die bereits Elterngeld beziehen (können).

Um die dunkle Seite des Internets geht’s beim zweiten Berlin-Leipzig-Stammtisch auf Zoom: Freischreiberin Katharina Nocun erklärt am Mittwoch, 5. April, ab 19.30 Uhr, wie man Shitstorms, Hatern und anderen unerwünschten Nebenwirkungen der Sozialen Medien am besten begegnet. Katharina ist Publizistin, Aktivistin, Bürgerrechtlerin und Expertin beim Thema Verschwörungserzählungen und Fake News. Mehr Infos und Anmeldung hier. Auch Freischreiber:innen fernab der Bahnstrecke Berlin-Leipzig sind willkommen!

Es war so toll mit euch! Deshalb wollen wir euch im April wieder treffen – und laden euch diesmal morgens auf einen Cappuccino mit dem Vorstand ein. Erzählt uns am Mittwoch, 19. April, ab 9 Uhr bei einem Käffchen eure Wünsche und Sorgen im freien Journalismus, vernetzt euch mit anderen Freien, schmiedet mit uns neue Pläne. Infos und Anmeldung hier. Auch (Noch-)Nicht-Mitglieder sind herzlich willkommen.

Raus aus der Krise: Im Crashkurs „Resilienz“ stellt Andrea Mertes am Freitag, 21. April, von 9 bis 13 Uhr die nützlichsten Skills aus Psychologie, Neurowissenschaft und Meditationsforschung vor, um mit Freude die Herausforderungen des freien Journalismus zu meistern. Mehr zum Programm und Anmeldung hier.

Wie finde ich endlich mehr Zeit für wichtige Projekte? Darum geht’s im Crashkurs „Selbstmanagement“ mit Luisa Willmann am Freitag, 24. April, von 9 bis 12 Uhr. Mehr Infos und Anmeldung hier.

Ob Synchronsprechen, Moderation oder Podcast, eine gute Stimme lebt von einer authentischen Sprechweise. Im Sprechtraining „Gute Stimme, starke Wirkung“ am Freitag, 12. Mai, lernt ihr von 9 bis 13 Uhr, wie ihr euer Organ richtig einsetzt. Dozentin Carmen Rutzel ist gebürtige Hamburgerin, ausgebildete Schauspielerin und Stimmpädagogin. Ihr Unterricht ist eine Mischung aus Stimmbildung, Sprecherziehung und Comedy. Mehr Infos und Anmeldung hier.

Freischreiberiges

Fortbildungen sind auch für Freie Pflicht. Wie es klappen kann, wo Hürden sind und wie ihr sie überwindet, dazu :Freischreiber-Vorstand Anja Reiter im Medium Magazin und in unserer Presseschau.Freischreiberin Sarah Tekath (Deutschland, Foto oben links) hat zusammen mit Rudi Bressa (Italien) und Guillaume Pajot (Frankreich) den Hostwriter-Preis 2022 gewonnen. Für ihr Projekt „Rotten Routes“ recherchierten sie, wie Holz aus Myanmar illegal in die EU und speziell in ihre drei Heimatländer gebracht wird.

Mit ihrem Projekt „Unter der Erde die Wahrheit“ haben Freischreiberin Nora Belghaus (Foto rechts) und Fotografin Helena Lea Manhartsberger das diesjährige Gabriel-Grüner-Stipendium gewonnen. Jeden Tag begeben sich Menschen aus ganz Mittelamerika auf der Suche nach einem besseren Leben im Norden auf eine Reise ins Ungewisse und sterben dabei. Nora und Helena Lea wollen ein argentinisches Team forensischer Anthropologen begleiten, die nachforschen, wo diese Menschen begraben wurden.

Fortbildungen

Woher kommt das Geld für den Journalismus im digitalen Zeitalter? Darüber spricht Rasmus Kleis Nielsen am Mittwoch, 15. März, von 15 bis 16 Uhr. Er ist der Direktor des Reuters Institute for the Study of Journalism, Professor für Politische Kommunikation an der Uni Oxford und Spezialist für digitalen Journalismus. „Monetisation Options for Journalism in the Digital Age“ heißt diese Folge der virtuellen Reihe SciCon 2.0., die die Wissenschaftspressekonferenz (WPK) mit dem Science Media Center Germany organisiert. Mehr Infos und kostenfreie Anmeldung hier.

Um Klimajournalismus für Einsteiger:innen geht es vom 20. bis 22. März bei der Journalist*innen-Akademie der Friedrich-Ebert-Stiftung in Bonn. Freischreiberinnen Leonie Sontheimer und Katharina Mau, beide bekannt vom Netzwerk Klimajournalismus, führen angehende sowie erfahrene Journalist:innen in drei Tagen vom Basiswissen „Klimakrise“ bis zur eigenen Formatidee. Mehr Infos und Anmeldung bis 15. März hier oder per Mail.

Schnell und einfach zur eigenen Website: Wie ihr euer virtuelles Aushängeschild baut, erklärt Christina Gruber von der Kölner Journalistenschule an den beiden Mittwochen 22. und 29. März im Online-Kurs des österreichischen Forums Journalismus und Medien (fjum).

An Audio-Einsteiger:innen richtet sich der fjum-Online-Workshop „Storytelling für Podcast“ mit Tobias Rohe am Freitag, 31. März. Nicht immer nur Krise: Beim fjum-Online-Workshop „Konstruktiver Klimajournalismus“ am Freitag, 14. April, zeigt Dominic Egizzi, wie man Geschichten spannend erzählt, in denen Dinge eher gut laufen. Veranstalter ist das österreichische Forum Journalismus und Medien.

Die Reportage gilt als Königsdisziplin – aber kaum jemand beherrscht sie. Bei der Meisterklasse Erzähljournalismus der Berliner Reporter-Akademie lehren Nora Bossong, Barbara Hardinghaus, Dmitrij Kapitelman und Lina Muzur vom 14. bis 16. April, wie aus einer Themenidee eine gut komponierte, wahrhaftige Reportage wird. Mehr Infos und Anmeldung hier.

Beim Kurs Erzählender Investigativjournalismus zeigen Katrin Langhans und Daniel Müller, wie aus einer komplexen Recherche eine Reportage wird, die Menschen bewegt. Nächster Termin ist vom 25. bis 26. April. Achtung: Für beide Kurse gibt es insgesamt drei Stipendien. Bewerbungsfrist dafür ist der 15. März (Investigativjournalismus) und der 20. März (Meisterklasse).

Wie erreiche ich junge Leute in den Sozialen Medien? Das zeigen Tamara Vogel und Robert Filgner beim Workshop „Zeitgemäßes und professionelles Kommunizieren mit den richtigen Tools“ des Pressenetzwerks für Jugendthemen vom 5. bis 7. Mai in Bonn. Tamara Vogel arbeitet als Videoredakteurin bei der WELT. Robert Filgner ist Redakteur in einer Kölner Agentur und freier Journalist. Anmeldung bis 26. März. Mehr Infos zum Programm der Social-Media-Werkstatt hier.

Wie können wir die Welt für künftige Generationen als lebenswerten Ort gestalten? Wohin sollte die deutsche UN-Politik steuern? Was sind für junge Menschen zentrale Themen? Um diese Fragen geht es bei der Jugendkonferenz „Die UN und wir. Jugend gestaltet globale Zukunft“ vom 15. bis 16. Juni im Auswärtigen Amt. Das Pressenetzwerk für Jugendthemen lädt Nachwuchsjournalist:innen (18 bis 25 Jahre) zu einem Medienworkshop ein, damit sie fundiert über die Konferenz berichten können. Er dauert einen Tag länger als die Konferenz. Mehr Infos und Anmeldung bis zum 2. April hier.

Und jetzt: ab in den Frühling!
Eure :Freischreiber:innen 

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