Die tollen Erfolge des DJV
Der DJV heftete sich gestern einen Erfolg an die Brust, den es so nichtgegeben hätte, wenn Freischreiber und 40 freie Journalisten nicht die Initiative ergriffen hätten. Im August letzten Jahres schrieben 40 freie JournalistInnen, die sich mit Hilfe von Freischreiber per Mailing-Liste ausgetauscht und zusammengeschlossen hatten, einen Brief an den Chefredakteur von Spiegel Online, Mathias Müller von Blumencron.
Darin heißt es: „ Wir freuen uns sehr, zu hören, dass für Spiegel Online auch 2011 wieder ein wirtschaftlich sehr erfolgreiches Jahr werden wird. Als freie Autoren sind wir stolz, unseren kleinen Teil zu diesem Erfolg beizusteuern. Jedoch machen uns manche Bedingungen, unter denen wir für Spiegel Online recherchieren und schreiben, ernsthafte Sorgen…“
Zu diesen Sorgen gehörten auch die seit zehn Jahren stagnierenden Honorare und – ganz besonders – die Buyout-Verträge (AGB), die freie AutorInnen bei Spiegel Online unterzeichnen müssen. Dazu schrieben die 40 Autoren: „Einige der in den ,Bedingungen über Nutzungsrechte‘ (AGB) aufgeführten Punkte halten wir für nicht mehr zeitgemäß. Dieser Vertrag wurde uns gegenüber von Redakteuren aus Ihrem Haus auch als ,Knebelvertrag‘ bezeichnet. Wir lassen uns jedoch ungern knebeln und würden uns ein professionelles Arbeitsverhältnis auf Augenhöhe wünschen.“
Der „Knebelvertrag“ von Spiegel Online schaffte es im vergangenen Herbst sogar auf die Shortlist des Freischreiber Himmel-und-Hölle-Preises – in der Kategorie „Hölle“. Chefredakteur Müller von Blumencron gab sich überrascht und bot den Freischreibern daraufhin Gespräche an. Er sicherte zu, die AGB zusammen mit uns zu ändern. Bei einer Freischreiber-Podiumsdiskussion im November 2011 sagte er: „Der Brief hat uns wachgerüttelt“.
Wachgerüttelt waren auch die beiden Journalistengewerkschaften ver.di und DJV. Sie suchten bei Müller von Blumencron um ein Gespräch nach und begannen zu verhandeln. Freischreiber und die 40 Spiegel Online-AutorInnen, die das Thema angeschnitten hatten, wurden zu diesen Gesprächen nicht hinzu gebeten.
Nicht, dass uns das gewundert hätte. Wir sind derart unkollegiales Verhalten schon gewohnt. Als Spiegel-Online uns dann aber um unsere Meinung zu dem Verhandlungsergebnis bat, war das, was Chefredaktion und Gewerkschaften abgeschlossen hatten, an einigen Stellen doch recht ernüchternd. Wir – zwei der 40 Autoren und ein Freischreiber-Vorstandsmitglied – konnten noch einige Verbesserungen erreichen. Den endgültigen Vertrag werden wir bewerten, sobald uns ein Exemplar vorliegt.
Überrascht hat uns aber die gestrige Meldung, die ausgehandelten Verträge seien ein Riesenerfolg des DJV. In der Pressemitteilung des DJV liest sich die Selbstbeweihräucherung so: „ Die Spiegel Online GmbH gewährt (sic!) ihren freien Schreibern neue AGB. Und zwar solche, „die in ihrer Struktur als Vorbild dienen“ könnten, wie Benno Pöppelmann lobt. Nun kann das der Justiziar des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV) leicht sagen, war er es doch, der für den DJV gemeinsam mit ver.di die Verhandlungen mit dem Hamburger Medienkonzern führte.“ In seiner Euphorie hat der DJV offenbar Freischreiber und die 40 SpOn -Autoren, die den Abschluss erst möglich gemacht haben, einfach „vergessen“. Das ist bedauerlich. Denn eine Politik, in der es ganz offenbar mehr um Verbandsinteressen geht als um Inhalte, schadet der Sache der Freien.
16.9.2013