#15Prozent: Freischreiber solidarisiert sich mit den Freien von Delius Klasing
Wir verurteilen den Umgang mit freien Mitarbeiter:innen beim Bielefelder Traditionsverlag Delius Klasing (u.a.TOUR, Bike, Yacht). Nach der Übernahme durch die Mediengruppe Klambt (u.a. Petra, Grazia, TV NEU!) behandeln die Verlagsverantwortlichen die Freien der Delius-Klasing-Magazine nach dem Motto: „Friss oder stirb!“
Zum Hintergrund: Kurz vor Weihnachten flatterte eine brisante E-Mail in die Mail-Postfächer aller freien Mitarbeiter:innen. Der Verlag wolle die Zusammenarbeit mit ihnen in einem neuen Rahmenvertrag regeln, so hieß es in dem Anschreiben. So weit, so üblich – doch die Details des Vertrages haben es in sich: Zeitlich und räumlich unlimitierte Nutzung der Werke in allen Medien des Verlags. Exklusive Nutzungsrechte in alle Ewigkeit. Übertragung von Nutzungsrechten an Dritte. Und alles, ohne den Freien, den Lieferant:innen dieser Inhalte, etwas von den Einnahmen abzugeben. Der Vertrag werde zum 1. Januar 2023 wirksam und müsse schnellstmöglich unterschrieben werden. Wer nicht unterschreibe, werde nicht mehr beauftragt.
Delius Klasing (im Folgenden DK) hat in der Vergangenheit ein vertrauensvolles Verhältnis zu seinen Freien gepflegt. Seine Magazine sind auf die Rad- und Wassersport-Expertise der Fachjournalist:innen angewiesen. Manche freien Autor:innen und Fotograf:innen arbeiten bereits seit mehreren Jahrzehnten für den Verlag und erwirtschaften dort den Großteil ihres Einkommens. Auch bei DK stagnierten die Honorare seit Jahrzehnten, doch die Tagessätze waren transparent. Das Haus vergütete Mehrfachverwertungen fair. Kaum ein Medium bezahlt Honorare, die exklusive Nutzung rechtfertigen – auch DK nicht. Das Haus gestattete den Journalist:innen, ihre Recherchen auch anderswo zu nutzen. Diese fairen Vergütungsregeln ermöglichten bislang ein verlässliches Einkommen – den Freien und dem Verlag.
Der neue Rahmenvertrag bedroht die wirtschaftliche Existenz der Freien, die von Mehrfachverwertungen innerhalb und außerhalb des DK-Kosmos gelebt haben. Darum wehrten sie sich. Um den Ausverkauf ihrer Texte und Bilder zu verhindern, solidarisierte sich eine Gruppe von etwa 40 freien Autor:innen und Fotograf:innen. Die Mehrheit verweigerte die Unterschrift und sammelte mithilfe des :Freischreiber-Anwalts Argumente für einen neuen Vertragsentwurf. Man traf sich zu Gesprächen. Die Atmosphäre war durchaus freundlich, doch die Verlagsleitung hielt – abgesehen von wenigen kosmetischen Änderungen – am Total-buyout-Vertrag fest. Schlimmer noch: Eine Redaktion beendete sogar die Zusammenarbeit mit den langjährigen Mitarbeiter:innen und beauftragte einen externen Dienstleister mit der Produktion der redaktionellen Inhalte.
„Der Fall Delius Klasing ist ein trauriges Beispiel für ausbeuterische Praktiken von Verlagshäusern – ein neuerliches, muss man leider sagen“, fasst :Freischreiber-Co-Vorsitzender Joachim Budde zusammen. „Statt ihre Freien als Geschäftspartner:innen auf Augenhöhe zu behandeln und ihre journalistische Arbeit, den Garanten ihres geschäftlichen Erfolgs, wertzuschätzen, zerstören sie die wirtschaftliche Grundlage ihrer Fachjournalist:innen – um mit deren Leistung den maximalen Profit zu machen.“ Deshalb müsse DK seinen Freien einen neuen, fairen Vertrag vorlegen.
:Freischreiber, der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, kritisiert solche Praktiken seit seiner Gründung im Jahr 2008. Auch seine aktuelle #15Prozent-Kampagne kämpft gegen die Benachteiligung von Freien. Vorgänge wie bei Delius Klasing zeigen: Höhere Honorare sind dringend fällig. Und: Verlage dürfen sich nicht alle Nutzungsrechte unter den Nagel reißen!
Hamburg, 7. März 2023
Der Vorstand von :Freischreiber