[Der :Freischreiber-Newsletter]

vom 01.08.2014

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Immersionsbrille!

Freitagabend, Hamburg, heiß, und noch nichts vor? Dann schaut bei diesem neuen Live-Journalismus-Format vorbei, beim Urban Journalism Salon! Mit dabei u.a. die crowdspondents, Teresa Bücker von editionF oder Thilo Kasper, der eine Live-Infografik machen und über Internet-Memes sprechen wird. Netzpilot Lars Sobiraj hat mit Mark Heywinkel, einem der drei Gründer_innen, über das neue Projekt gesprochen. Auf die Frage nach dem Auslöser antwortet Mark: Das Projekt sei vor allem „aus einer Unzufriedenheit über die zuweilen sehr einseitige Kommunikation zwischen Journalisten und ihrem Publikum entstanden. … Dabei können wir unseren Job doch erst richtig gut machen, wenn wir uns mit dem Publikum austauschen und wirklich eine Vorstellung davon haben, was Leser, Zuhörer und Zuschauer von unserer Berichterstattung erwarten.“ Mit dem “Urban Journalism Salon” soll eine Plattform entstehen, bei der sich beide Seiten auf Augenhöhe begegnen und austauschen können.“  Und zum Thema Honorierung findet er: „Wir haben schon eine sehr schizophrene Vorstellung von unserem Beruf: Auf der einen Seite glauben wir daran, dass der Journalismus elementar wichtig für den Erhalt der Demokratie und unsere Gesellschaft im Allgemeinen ist. Andererseits schrecken wir aber davor zurück, für unsere Arbeit Geld zu verlangen. Im Online-Journalismus findet da gerade ein Umdenken statt: die Paywalls werden kommen. Genauso wird das Publikum für “Urban Journalism”-Veranstaltungen zahlen müssen.  … Auf Zukunftsfrage reagheirt Mark „in der Regel so: Als ich es leid war, einen portablen CD-Player mit mir rumzuschleppen, stand ich vor der Wahl, mir einen MP3- oder einen Mini-Disc-Player zu kaufen. Ich habe mir damals einen MD-Player gekauft, weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass physische Datenträger jemals verschwinden würden. Meine Zukunftsvorhersagen sind also nichts wert. Aber was ich ganz schön fände, wäre, wenn jemand ein neues Projekt startet und sagt: “Lass uns das doch so ähnlich wie der Heywinkel damals mit Urban Journalism machen. Bei dem hat das ja auch ganz gut funktioniert.“ Das Ganze Interview: hier.

Neues sprudelt derzeit überall und auf allen Kanälen, also gleich noch drei Beispiele: „Ausland muss knallen“ hat Sonja Mikich mal so schön gesagt, da es nun ja dauernd und überall knallt – wie holt man die Leute aus der Abstumpfung? Kriegt sie zum Engagieren, zum Hinsehen? Die Reporterin Nonny de la Peña versucht es zum Thema Syrien mit “Immersive Journalism”- eine Technik, bei dem das Publikum mit Hilfe von Datenbrillen direkt ins News-Geschehen gebracht werden soll (you tube-vid). Nonny La Pena hat mit einem komplett animierten Nachrichtenbeitrag “Hunger in Los Angeles” von sich reden gemacht und experimentiert mit Virtual Reality. Mehr hier über meedia. Beispiel zwei wirkt dagegen old school, ist aber klickenswert: Mit „SIEH DIE WELT“ haben die beiden Freien Markus Huth (Autor und Fotograf) und Oliver Alegiani (Journalist) ein digitales Magazin für Reportagen gegründet, das vorwiegend aus dem Ausland und multimedial in Wort, Bild und Ton berichtet. Die rund 15 Autoren sind erfahrene Journalisten, „das Mag finanziert sich durch die Unterstützung seiner Leser“, die eingeladen werden sich über für Monats-Spendenabos in unterschiedlicher Höhe zu beteiligen: von 2,50 („Urlauber“), 5 (Abenteurer) oder dem Premiumpreis von 10 Euro (Indiana Jones). Mehr: klick. Über den Begriff „Spenden“ mag man sich wundern (siehe Mark Heywinkel), aber vielleicht funkts ja so mit den Lesern. Neues auch in Frankfurt, regional verortet zwar, doch auch hier ist der Kontakt zum User gewollt – mehr auf: „Bookster“. Eine mit visuellem Händchen gestaltete Porträtreihe über Leute die was mit Büchern machen – „Bookster“ eben. Jede Woche wird ein neuer aus Frankfurt und der Region vorgestellt. Die Macher Ulrich Erler, Christian Sälzer und Martin Schmitz-Kuhl kennen sich sowohl mit redaktionellen wie PR-Inhalten aus.

Wie ja immer mehr Kollegen zwischen PR und Journalismus pendeln. Auf seinem Jakblog  wundert sich Christian Jakubetz in seinem Post „Ich bin dann mal weg (bei der PR), was in den letzten 30 Jahren mit dem Beruf Journalismus passiert ist: „vom Beinahe-Beamten hin zum Beinahe-Sozialfall, das muss man ja so erst einmal hinbekommen. … Das eigentlich Traurige ist: Zunehmend öfter kapieren das potenzielle Nachwuchs-Journalisten auch. Der Idealismus verschwindet, wenn man sich mit den Realitäten der Branche erst mal konfrontiert sieht. Das ist nicht nur ein Bauchgefühl…“ Sondern Medienstudenten an der Universität Passau haben auch Zahlen erhoben, die zeigen, dass „was mit Medien“ am Anfang des Studiums Journalismus sein soll, am Ende aber PR… „Neben der Frage, von was und wie wir zukünftig leben wollen, steht also auch noch eine andere: Wer will eigentlich künftig noch mit uns arbeiten?“ PR als Plan B? Nicht wirklich, warnt eine Leserin in den Kommentaren ujnd linkt auf starttalking.de : „2777 befragte PR-Experten in Europa sehen einen dramatischen Bedeutungsverlust für die traditionelle Pressearbeit vorher und setzen stattdessen auf mobile Online-Kommunikation und damit auch auf eine Direktansprache ihrer Zielgruppen”.

 
Dies und Das
 
Apropos: Facebook zwingt mobile User zur Nutzung der Messenger-App, schreibt das Handelsblatt. Die Nachrichten-Funktion soll diese Woche aus der Standard-Facebook-App entfernt werden. „Die „Messenger“-App gibt es bereits, sie hat nach Angaben von Facebook 200 Millionen Nutzer“ und soll alleinige Anlaufstelle für Chatnachrichten über Facebook werden. Wem dazu nur NSA einfällt, liegt wohl niocht falsch. Ein Tool, mit dem wir uns ganz easy dagegen die Datenabgreife von Zuckerberg und Co. wehren können soll "avg privacy fix" sein. Freischreiber Julian Heck stellt es hier, auf seinem Blog ausgeheckt ausführlich (und ungesponsert!) vor.

Preise
Das Netzwerk JungeJournalisten.de glaubt nicht an die Krise, sondern an gute Geschichten: Deshalb zeichnet es gemeinsam mit der Heinrich-Böll-Stiftung und der Süddeutschen Zeitung junge Reporterinnen und Reporter aus. Bewerbungen bis 31. August, Preisgeld 1500 Euro. Alternativ kann die/der Sieger/in ein gleichwertiges Recherchestipendium für eine neue Geschichte wählen, die SZ-Redaktion hilft bei der Umsetzung. Alles über dieKriterien, Fristen, Formalia und beteiligten Personen im Netz: klick.
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Seminare
Die JournalistenAkademie der Friedrich-Ebert-Stiftung veranstaltet im August und September verschiedene Seminare, darunter:
 „Berichterstattung mit bewegten Bildern: Einführung in den Videojournalismus“ vom 11. – 15. August 2014 in Hamburg.
Nähere Informationen und die Möglichkeit sich anzumelden hier im Web.
Multimediales Storytelling in neuen Online-Formaten“
am 2., 9., 16., 23. und 30. September 2014, Online.
Datenjournalismus, Crowsdsourcing beim Faktencheck, multimediale Zeitleisten, Live-Blogs, Live-Streaming: nur eine kleine Auswahl an neuen Formaten, die den Journalismus im Digitalzeitalter bereichern. Im Webinar stellen wir an fünf Abenden solche Beispiele vor. Wie funktionieren sie, wie wurden sie geplant, welcher Aufwand steckt dahinter, wie ist die Publikumsresonanz? Hier mehr.
 
Zukunft
Und wer am 3 und 4. September nicht beim Scoopcamp in HH sein kann (siehe Termine rechts!), sondern die Zukunft in Berlin sucht, für den gvbts: mekolab  = Weiterbildung für Medienschaffende vom 01.-04.09.2014 in Berlin, denn auch das Medien-Kommunikations-Labor  (unterstützt von der JournalistenAkademie der Friedrich-Ebert-Stiftung) findet „The future is now!“ es gibt Workshops, Podien, Barcamp-Sessions sowie Exkursionen zu Redaktionen, Agenturen und Institutionen um junge Medienschaffende fit für den Alltag in der digitalen Gesellschaft zu machen. Hier je Klick mehr zu: Workshopangebot, Kongressprogramm und Anmeldung. Kosten: Je nach Ticket und  Teilnehmer (Kombi-Ticket für Studierende: 98 Euro).
 
Zum Schluss: Hände hoch: News auf dem Smartphone reingezogen? Und auch gleich ein Foto oder Filmchen gemacht? „So geht Lesen“ sowas? Dann geben wir euch Michael Konitzers Beobachtungen mit: Aus dem einstigen Ich-denke-also-bin-ich  ist ein profanes Ich-habe-es-gefilmt-also-hat-es-stattgefunden geworden. Die logische Konsequenz dazu habe ich auf einer Bahnfahrt durch das Postkartenidyll der Schweiz erlebt. Neben mir eine asiatische Familie mit Sohn Bibi, etwa vier Jahre alt. Er langweilte sich und stresste ausgiebig seine Eltern. Er sah nie aus dem Fenster, egal wie schön sich die Schweiz präsentierte. Reality sucks. Aber alle halbe Stunden sah er sich mit Interesse die Aufnahmen an, die seine Mutter während der Fahrt aus dem Fenster mit ihrem Handy geschossen hat: die Schweiz als digitales Abbild. Das war dann interessant. Die neue digitale Wirklichkeit.
 
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take care and good bye!

Eure Freischreiber

 

FREISCHREIBER TERMINE

Hamburg
Scoopcamp 2014, die 6. Innovationskonferenz für Onlinemedien am 4. September in HH (mehr hier ) Die Veranstalter Hamburg@work, nextMedia.Hamburg und die dpa laden zu Workshops und Diskussionsrunden nach Hamburg. Auf dem Programm: Trends und aktuelle Themen an der Schnittstelle zwischen Redaktion, Programmierung und Produktentwicklung.
Die internationalen Referenten in diesem Jahr: Burt Herman (Storify),  Jigar Mehta (Matter Ventures) und Ken Schwencke (Los Angeles Times Data Desk). Nachmittags finden Themenworkshops in verschiedenen Locations statt und zum Abschluss des Tages diskutieren Sven Gösmann (dpa), Anita Zielina (stern.de), Jochen Wegner (ZEIT ONLINE) und Christian Meier (Meedia) über Innovationen in Redaktionen.

Save auch the date einen Tag vorher: scoopcamp Hackathon am 3. September
Denn dann versammeln sich Redakteure, Entwickler und weitere Kreative im Hamburger betahaus zum scoopcamp Hackathon. Motto: „Neue Ideen für digitale Medien“. 24 Stunden arbeiten die Teilnehmer in mehreren Teams zusammen, um new storytelling-Projekte zu initiieren. Interessierte können sich per E-Mail an scoopcamp@faktor3.de informieren und anmelden.
Ort: scoopcamp 2014, Theater Kehrwieder, Kehrwieder 6, 20457 Hamburg
Kosten: 159,- Euro, Studenten: 49,- Euro,
Freischreiber-Mitglieder bezahlen 99 Euro.

München
Bloggen für Einsteiger: Wie setze ich ein eigenes Blog auf und wie verdiene ich damit Geld? Antworten darauf gibt es im Seminar von Karsten Lohmeier (Lousy Pennies) und Stephan Goldmann am 6.  und 7. September im Presseclub in München. Das Seminar richtet sich an angehende und erfahrene Journalisten jeden Alters, die entweder gerade angefangen haben zu bloggen oder es sich überlegen – und jetzt das nötige Rüstzeug brauchen, um loszulegen. Vorkenntnisse sind entsprechend nicht nötig.
Nach der erfolgreichen ersten Veranstaltung im Juli, u.a. mit Freischreibern aus Deutschland und Österreich gibt es nun eine zweite Auflage.
Kosten: 159 Euro. Freischreiber-Mitglieder bezahlen nur 75 Euro. Weitere Infos zum Seminar und zur Anmeldung gibt es hier.  Fragen an karsten-ät-lousypennies.de richten.

Berlin
Brasilien frei und live: „brafus2014; „Live aus der Favela“ –  am 9. September um 19.30 Uhr an Gemmas legendärer Wohnzimmertafel in Charlottenburg
 Kai Schächtele, Birte Fuchs  und Christoph Frey waren während der Fußball-WM unsere Augen und Ohren, unser brafus2014 vor Ort- auf dem Blog brafus2014 konnten die Leser miterleben, was rund um die Fußball-Arenen geschah. Die brafuser erzählen von ihren Erfahrungen. Weitere Gäste sind die Journalistinnen Julia Jaroschewski & Sonja Peteranderl, die auf ihrem Blog  „Live aus der Favela“ seit Jahren aus Brasilien berichten.
Anmeldungen bitte an: gemma.poerzgen – ät – gmx.net