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[Der :Freischreiber-Newsletter]

vom 11.07.2014

Liebe Kollegen und Kolleginnen,
 
ach, war das wieder ein schönes Treffen bei der diesjährigen Netzwerk  Recherche Tagung in Hamburg. Freischreiber aus allen Städten trafen sich am Freischreiberstand. Dazu die von Freischreiber mit organisierten und moderierten Seminare! Und nicht zu vergessen: 500 Portionen Eis im typischen Freischreibergrün, steckt doch in FrEISchreiber …
 
Wer nachlesen will, was es alles gab – ein Blick in die tagungseigene Zeitung hilft
Freunde bewegter Bilder klicken hier; informativ auch der Artikel von Simone Schellhammer im Tagesspiegel: „Welche neuen Recherchemöglichkeiten das Internet bietet, wurde in zahlreichen Workshops deutlich. Ob lokaler Datenjournalismus, Tricks und Tipps für Suchmaschinen oder Tools für Umweltrecherchen – nie gab es so viele Möglichkeiten, an Quellen heranzukommen. Mit welcher Haltung man als Journalist dabei an seine Arbeit geht, wurde bei dem Panel „Journalist/innen 2014: Wer sind wir? Neutrale Beobachter oder engagierte Aktivisten?“ erörtert. Enthüllungsjournalist Günter Wallraff, „Bild“-Kritiker Stefan Niggemeier, Annette Bruhns, „Spiegel“-Redakteurin und Vorsitzende von ProQuote, und Oliver Schröm vom „Stern“-Investigativressort waren sich relativ einig, dass sich Journalisten auch entgegen dem Credo des früheren „Tagesthemen“-Anchormans Hanns Joachim Friedrichs ab und zu mit einer guten Sache gemein machen müssten.“  Wie es wiederum war, als Tilo Jung von „Jung&naiv“ auf Hans Leyendecker stieß und diesen interviewte, auch das ist nachträglich nachzulesen im KSTA: „Leyendecker beantwortet brav. Spricht bereitwillig über seine Vergangenheit, seine einstige Sicht auf die Welt. „Ich war links damals“, sagt Leyendecker. „Was ist links?“, fragt Jung. „Ich hatte früher Che Guevara-Plakate in meinem Zimmer hängen“, sagt Leyendecker. „Bist du also so ein richtiger Hippie-Hans?“, fragt Jung. „Junge Leute heute sind viel besser ausgebildet als früher“, sagt Leyendecker. Und Jung fragt: „Wart ihr denn früher Sesselpupser?“

Und ein bisschen nachträgliche Schimpfe: Auf dem Blog starke-meinungen.de  schreibt Klaus Kocks: „Das Konzil tagt, der Kongress tanzt. Zur jährlichen Tagung des Journalistenvereinigung namens „Netzwerk Recherche“ reisen die Spitzen der schreibenden Zunft nach Hamburg, wo der NDR auf seinem Kombinatsgelände im Norden der Stadt den professionellen Disputen der notorischen Aufklärer Raum bietet. Man kann hier sehen, wie der nachkriegsbeseelte Geist der englischen Besatzer von einer deutschen BBC in einem Kombinats-Konstrukt untergebracht ist, das Erich Mielke erdacht zu haben scheint. Der über Gebühren zwangsfinanzierte Gigant ziert sich einmal im Jahr mit den investigativen Exoten, weil sie eben jene Idee vertreten, die er tagtäglich mit Füßen tritt. Ein Weißwäscherkongress. Aber das ist, wie Kipling sagt, ein anderes Thema.“

Nett war es auch wieder Stand an Stand neben ProQuote zu stehen. Deshalb möchten wir an dieser Stelle die aktuelle Diskussion über Frauenförderung im Journalismus aufgreifen, die gerade auf Facebook tobt und in deren Mitte diesmal das Magazin „Brandeins“ steht – denn: haben Sie mal nachgeschaut, wie viele Frauen und wie viele Männer …?
Einigermaßen aufgeschreckt, blätterte sich Felix Schwenzel zunächst durch die aktuelle Ausgabe: „Noch den Titelmann im Kopf bemerke ich allerdings dann, dass mich noch weitere Herren anstarrten. In meiner Wohnung angekommen, sah ich noch mehr. Und noch mehr. Und noch mehr. Und fragte mich, was eigentlich mit den Damen passiert ist. Bis auf Gabriele Fischer fand ich genau drei Portraits (und natürlich die Dame im kurzen Schwarzen hinten drauf). Meine weitere Recherche trieb mich durch ältere Ausgaben, wo die Quote noch schlechter aussah. Im letzten Heft, beispielsweise, gab es bis auf die Werbedarstellungen keine einzige Frau.“  Etwas cool-müde kommentiert Antje Schrupp die Debatte auf ihrem Blog wiederum so: „Die Brandeins ist eine der wenigen Zeitschriften, die ich noch abonniert habe, und zwar, weil ich dort relativ viel Neues und Interessantes erfahre. Dass ich dort hauptsächlich Geschichten über Männer lese, daran habe ich mich schon gewöhnt. Ich bedaure es, aber was soll man machen, man kann ja nicht immer nur meckern, selbst als Feministin nicht.“
 
Chefredakteurin Gabriele Fischer ihrerseits hat schnell geantwortet. Ein Auszug aus ihrem Statement: „Uns interessieren Menschen, die Wirtschaft und Gesellschaft weiterbringen. Uns interessieren bessere Lösungen für die Probleme hier und in aller Welt.Das Geschlecht derer, die sich engagieren, ist uns egal. Und die immer wieder aufflammende und zunehmend heftiger geführte Debatte um den statistisch korrekten Frauenanteil schmerzt mich vor allem, weil ich sie als Rückschritt empfinde. In einer Zeit, in der wirklich Grundlegendes geschieht, beleben wir die Geschlechterdebatte? Zählen, wie viele Frauen in brand eins erwähnt werden, dort schreiben oder Führungspositionen haben? Nun denn: Beim letzten Punkt sieht brand eins nicht schlecht aus – alle unsere Vorstände sind weiblich, die Frauenquote liegt also bei 100 Prozent. Bei den Autoren überwiegen die Männer, offenkundig interessieren sich die Kolleginnen nicht so für Wirtschaft. Zumindest ist das Verhältnis der Vorschläge, die wir von freien Autoren bekommen, zwei zu acht – ja, ich habe nun tatsächlich gezählt. In der Magazin-Redaktion sind von 16 Menschen sieben weiblichen Geschlechts, online ist das Verhältnis zwei zu eins, brand eins Wissen ist komplett weiblich, der Verlag überwiegend (sechs zu drei).“

Keinesfalls unterschlagen wollen wir zuletzt eine reine Freischreiber-Nachricht: Es gibt neue Freienbibeln! Die erste Ausgabe war wie es sich gehört – ruckzuck ausverkauft. Nun ist die zweite da. Noch!
 

Dies und Das
 
Und da landen wir – Hoppla – wieder beim Netzwerken.. Soll ich im Netz präsent sein? und wenn ja, wie, in welcher Frequenz, auf welchen Kanälen? Ulrike Langer hat dazu dem „Journalist“ ein ausführliches und schön lesbares Interview gegeben und legt zugleich ihren Arbeitsalltag offen. Große Chancen sieht die freie Journalistin im wahren, freien Journalismus: „Grundsätzlich sind diejenigen freien Journalisten die erfolgreicheren, die gerne und mit Überzeugung freie Journalisten sind. Diejenigen, die das nur als Überbrückung sehen, bis sie endlich wieder eine Festanstellung bekommen, werden nie genug Zeit und Energie darauf verwenden, sich selbst als Marke zu etablieren. Allerdings ist es nicht allein damit getan, sich geschickt zu vermarkten. Man muss natürlich auch gut in seinem Fachgebiet sein und sich damit unentbehrlich machen. Dann kann man Auftraggebern gegenüber anders auftreten. Wenn man austauschbar ist, bleiben einem bestimmte Wege bei Verhandlungen verschlossen. Das ist knallhart eine Frage von Angebot und Nachfrage.“ Entsprechend malt sie diese, unsere Welt nicht in schwarzen Farben: „Ich sehe auf jeden Fall eine Zukunft für den Journalismus. Wir leben in einer informationshungrigen Gesellschaft. Der Markt für wahrhaftige, gut recherchierte und gut vermittelte Informationen wird also immer bestehen. Wir befinden uns im Moment eher in einer Krise der Geschäftsmodelle. Da müssen gerade etablierte Medienhäuser mit einem riesigen Kostenapparat durch ein Tal der Tränen, um am anderen Ende vielleicht wieder gestärkt daraus hervorzugehen. Insgesamt wird der Markt zukünftig sehr viel weniger hauptberufliche Journalisten ernähren. Entweder sehr viel weniger, die ausschließlich journalistisch arbeiten oder mehr, die sich aber zusätzlich Nebenbeschäftigungen in verwandten Bereichen suchen müssen. Der Journalismus selbst wird aber nie sterben, er wird nur anders aussehen. Der Markt tendiert also künftig zu mehr freiberuflichen Journalisten.
Es geht in Richtung unternehmerischer Journalismus. Das ist mit freiem Journalismus nicht gleichzusetzen.“
 
Wie es dagegen in der puren Zeitungslandschaft ausschaut, zeigt eine Studie des Zeitungsforschers Andreas Vogel: „Zeitungen haben bestimmte gesellschaftliche Entwicklungen nicht gesehen, was aber für die Politik genauso gilt. Denken Sie nur an Helmut Kohls Ausspruch, Deutschland sei kein Einwanderungsland. Heute haben 20% der Menschen in Deutschland einen Migrationshintergrund, was auch Folgen für die Zeitungsauflagen hat. Die Forderung nach mehr journalistischer Qualität spielt in der Fachdiskussion eine große Rolle, mir gibt aber zu denken, dass in den 1990er Jahren die Auflagen trotz eines Ausbaus der Redaktionen gesunken sind.“ (hier mehr) Und, wer mag, kann sich die Studie hier in kompletto zu Gemüte führen.

Oder bei dieser Umfrage zum Thema PR und Journalismus mitmachen: Umfrage
Leidet die Qualität des Journalismus unter den Angriffen auf die im Pressekodex festgeschriebene Trennungsnorm? Gibt es solche Angriffe wirklich oder ist diese Behauptung eine reine Spekulation? Um dieses heikle Thema näher erfassen zu können, bitten Alexandra Helscher, Laura Schena und Laura Walter um Mithilfe: In einer kurzen, anonymen Online-Umfrage Auskunft fragen sie nach unseren Einschätzungen. Das Ganze im Rahmen eines Forschungsprojektes innerhalb ihres Medienwissenschaftsstudiums an der Universität Tübingen. Hier der Link zur Befragung
 
So. Das war es schon wieder. Jedenfalls fast. Wir wissen zwar nicht, ob Sie die fußballreiche Zeit mit dem Schauen des Finales abrunden und beenden – wir wissen aber genau, dass wir Ihnen noch mal das Projekt „brafus2014“ ans Herz legen – einfach weil es die besten Bilder und die wunderbarsten Einblicke und Hintergründe zum Fußballland Brasilien bietet.
 
Da klicken wir jetzt noch mal hin –
Eure Freischreiber

FREISCHREIBER TERMINE

München
 
Seminar: Bloggen für Einsteiger. Wie setze ich ein eigenes Blog auf und wie verdiene ich damit Geld? Antworten darauf geben Karsten Lohmeier (Lousy Pennies) und Stephan Goldmann am 12. und 13. Juli im Presseclub in München. Das Seminar richtet sich an angehende und erfahrene Journalisten jeden Alters, die entweder gerade angefangen haben zu bloggen oder es sich überlegen – und jetzt das nötige Rüstzeug brauchen, um loszulegen. Vorkenntnisse sind nicht nötig. Kosten: 159 Euro. Freischreiber-Mitglieder bezahlen nur 75 Euro. Weitere Infos zum Seminar und zur Anmeldung gibt hier. Fragen an karsten-at-lousypennies.de

Berlin
 
Freischreiber trifft Krautreporter – reloaded!
Kaum jemand hatte damit gerechnet, dass die Krautreporter an den Start gehen werden. Doch nun haben die Kollegen in wenigen Wochen die erforderliche Startsumme von 900.000 Euro eingesammelt und ihr Crowdfunding erfolgreich abgeschlossen. Beim nächsten Berliner Regionaltreffen am Dienstag, 22. Juli um 19.30 Uhr kommt der Krautreporter Frederik Fischer an Gemmas Wohnzimmertafel. Er wird uns berichten, wie er selbst den Endspurt erlebt hat, welche „Geschichten hinter den Nachrichten“ nun erzählt werden sollen und wie es weiter geht mit dem Online-Journalismus a la Krautreporter.
Frederik Fischer ist freier Journalist und Gründer von „Tame“, einem Berliner Unternehmen, das versucht, die Informationsflut in den sozialen Medien zu bändigen (www.tame.it). Vorstandsmitglied Carola Dorner ist auch da und bringt uns auf den neuesten Stand der Freischreiber-Aktivitäten.
Anmeldungen bitte an: gemma.poerzgen-at-gmx.net
 

Hamburg
 
Der nächste Stammtisch wie gewohnt am letzten Montag des Monats: 28. Juli. Ob wir uns um 19.30 Uhr im „Oberstübchen“, St. Pauli Fischmarkt 27 (über dem Pudelclub, NICHT am eigentlichen Fischmarkt!!).
Wir wollen gemütlich zusammensitzen, plaudern und Pläne schmieden, nach Möglichkeit auch draußen, wenn es das Wetter so schön bleibt. Zu Gast haben wir den Kollegen Jan Strozyk, der als Teil des Teams Netzwerk Recherche investigativ zur NSA-Spitzelaffäre recherchiert und u.a. mitaufgedeckt hat, wie die USA ihren "Krieg gegen den Terror" von Deutschland aus führen. Angucken kann man sich das auf geheimerkrieg.de Bitte kurze Anmeldung an bjoern.erichsen-at-gmail.com
 
Frankfurt

Die Rhein-Mainer netzwerken, plaudern, heißen die Neuen willkommen und feiern den Sommer mit einem netten Wiesenabend am Mainufer (so das Wetter passt , sonst Metropol ): Dienstag, 29. Juli ab 19 Uhr, Treffpunkt Filmmuseum Frankfurt – mehr über Sylvia.Meise – ät – t-online.de.