Liebe Kollegen und Kolleginnen,
ach, war das wieder ein schönes Treffen bei der
diesjährigen Netzwerk Recherche Tagung in Hamburg. Freischreiber aus allen Städten trafen sich am Freischreiberstand. Dazu die von Freischreiber mit organisierten und moderierten Seminare! Und nicht zu vergessen: 500 Portionen Eis im typischen Freischreibergrün, steckt doch in FrEISchreiber …
Wer
nachlesen will, was es alles gab – ein Blick in die
tagungseigene Zeitung hilft
Freunde
bewegter Bilder klicken
hier; informativ auch
der Artikel von Simone Schellhammer im Tagesspiegel: „Welche neuen Recherchemöglichkeiten das Internet bietet, wurde in zahlreichen Workshops deutlich.
Ob lokaler Datenjournalismus, Tricks und Tipps für Suchmaschinen oder Tools für Umweltrecherchen – nie gab es so viele Möglichkeiten, an Quellen heranzukommen. Mit welcher Haltung man als Journalist dabei an seine Arbeit geht, wurde bei dem Panel „Journalist/innen 2014: Wer sind wir? Neutrale Beobachter oder engagierte Aktivisten?“ erörtert. Enthüllungsjournalist Günter Wallraff, „Bild“-Kritiker Stefan Niggemeier, Annette Bruhns, „Spiegel“-Redakteurin und Vorsitzende von ProQuote, und Oliver Schröm vom „Stern“-Investigativressort waren sich relativ einig, dass sich Journalisten auch entgegen dem Credo des früheren „Tagesthemen“-Anchormans Hanns Joachim Friedrichs ab und zu mit einer guten Sache gemein machen müssten.“
Wie es wiederum war, als Tilo Jung von „Jung&naiv“ auf Hans Leyendecker stieß und diesen interviewte, auch das ist nachträglich nachzulesen im KSTA: „Leyendecker beantwortet brav. Spricht bereitwillig über seine Vergangenheit, seine einstige Sicht auf die Welt. „Ich war links damals“, sagt Leyendecker. „Was ist links?“, fragt Jung. „Ich hatte früher Che Guevara-Plakate in meinem Zimmer hängen“, sagt Leyendecker. „Bist du also so ein richtiger Hippie-Hans?“, fragt Jung. „Junge Leute heute sind viel besser ausgebildet als früher“, sagt Leyendecker. Und Jung fragt: „Wart ihr denn früher Sesselpupser?“
Und ein bisschen nachträgliche Schimpfe: Auf dem Blog starke-meinungen.de schreibt Klaus Kocks: „Das Konzil tagt, der Kongress tanzt. Zur jährlichen Tagung des Journalistenvereinigung namens „Netzwerk Recherche“ reisen die Spitzen der schreibenden Zunft nach Hamburg, wo der NDR auf seinem Kombinatsgelände im Norden der Stadt den professionellen Disputen der notorischen Aufklärer Raum bietet. Man kann hier sehen, wie der nachkriegsbeseelte Geist der englischen Besatzer von einer deutschen BBC in einem Kombinats-Konstrukt untergebracht ist, das Erich Mielke erdacht zu haben scheint. Der über Gebühren zwangsfinanzierte Gigant ziert sich einmal im Jahr mit den investigativen Exoten, weil sie eben jene Idee vertreten, die er tagtäglich mit Füßen tritt. Ein Weißwäscherkongress. Aber das ist, wie Kipling sagt, ein anderes Thema.“
Nett war es auch wieder Stand an Stand neben ProQuote zu stehen. Deshalb möchten wir an dieser Stelle die aktuelle Diskussion über Frauenförderung im Journalismus aufgreifen, die gerade auf Facebook tobt und in deren Mitte diesmal das Magazin „Brandeins“ steht – denn: haben Sie mal nachgeschaut, wie viele Frauen und wie viele Männer …?
Einigermaßen aufgeschreckt, blätterte sich Felix Schwenzel zunächst durch die aktuelle Ausgabe: „Noch den Titelmann im Kopf bemerke ich allerdings dann, dass mich noch weitere Herren anstarrten. In meiner Wohnung angekommen, sah ich noch mehr. Und noch mehr. Und noch mehr. Und fragte mich, was eigentlich mit den Damen passiert ist. Bis auf Gabriele Fischer fand ich genau drei Portraits (und natürlich die Dame im kurzen Schwarzen hinten drauf). Meine weitere Recherche trieb mich durch ältere Ausgaben, wo die Quote noch schlechter aussah. Im letzten Heft, beispielsweise, gab es bis auf die Werbedarstellungen keine einzige Frau.“ Etwas cool-müde kommentiert Antje Schrupp die Debatte auf ihrem Blog wiederum so: „Die Brandeins ist eine der wenigen Zeitschriften, die ich noch abonniert habe, und zwar, weil ich dort relativ viel Neues und Interessantes erfahre. Dass ich dort hauptsächlich Geschichten über Männer lese, daran habe ich mich schon gewöhnt. Ich bedaure es, aber was soll man machen, man kann ja nicht immer nur meckern, selbst als Feministin nicht.“
Chefredakteurin Gabriele Fischer ihrerseits hat schnell geantwortet. Ein Auszug aus ihrem Statement: „Uns interessieren Menschen, die Wirtschaft und Gesellschaft weiterbringen. Uns interessieren bessere Lösungen für die Probleme hier und in aller Welt.Das Geschlecht derer, die sich engagieren, ist uns egal. Und die immer wieder aufflammende und zunehmend heftiger geführte Debatte um den statistisch korrekten Frauenanteil schmerzt mich vor allem, weil ich sie als Rückschritt empfinde. In einer Zeit, in der wirklich Grundlegendes geschieht, beleben wir die Geschlechterdebatte? Zählen, wie viele Frauen in brand eins erwähnt werden, dort schreiben oder Führungspositionen haben? Nun denn: Beim letzten Punkt sieht brand eins nicht schlecht aus – alle unsere Vorstände sind weiblich, die Frauenquote liegt also bei 100 Prozent. Bei den Autoren überwiegen die Männer, offenkundig interessieren sich die Kolleginnen nicht so für Wirtschaft. Zumindest ist das Verhältnis der Vorschläge, die wir von freien Autoren bekommen, zwei zu acht – ja, ich habe nun tatsächlich gezählt. In der Magazin-Redaktion sind von 16 Menschen sieben weiblichen Geschlechts, online ist das Verhältnis zwei zu eins, brand eins Wissen ist komplett weiblich, der Verlag überwiegend (sechs zu drei).“
Keinesfalls unterschlagen wollen wir zuletzt eine reine Freischreiber-Nachricht: Es gibt neue Freienbibeln! Die erste Ausgabe war wie es sich gehört – ruckzuck ausverkauft. Nun ist die zweite da. Noch!