Eigentlich wollten wir jetzt mit der Arbeit an unserem neuen Profi-Buch für freie Journalist*innen anfangen: der FREIENBIBEL 2. Eigentlich sollte hier ein lustiges Video stehen, das unser Vorhaben erklärt und euch überredet, es im Crowdfunding zu unterstützen.

Wir wollten euch erklären, wie schön es ist, frei zu sein. Woraus Journalismus heute und in Zukunft bestehen kann. Wie ihr ein unwiderstehliches Exposé schreibt. Und wie ihr unabhängig von Verlagen werdet. Wir wollten euch die ultimativen Verhandlungstipps geben. Und der härteste Redakteur Deutschlands sollte über Freie auspacken. So hatten wir uns das eigentlich gedacht. Dafür wollten wir ein Crowdfunding starten.

Jetzt ist alles ganz anders. Die Leichtigkeit ist weg. Und ein Crowdfunding scheint uns nicht mehr passend. Auch wird das Werk nach dieser Krise ein anderes sein, wo doch viele von euch jetzt nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen. Plötzlich ist Neues wagen und experimentieren kein Vorsatz mehr, sondern eine Notwendigkeit.

Deshalb haben wir einen Blog gestartet. Unter freienbibel.de informieren wir dich jetzt regelmäßig. Wenn ihr mir folgen würdet?

Steady macht aus Lesern, Hörern und Zuschauern zahlende Mitglieder. Das Magazin Übermedien, das Satire-Magazin Postillon, der Bildblog und der Podcast Wochendämmerung gehören zu den erfolgreichsten Projekten auf der Plattform. Mit dem Titanic Magazin hat sich auch eine klassische Medienmarke für Steady entschieden. Jakob Vicari hat Steady-Mitgründer und Freischreiber Sebastian Esser gefragt, wie freie Journalisten auf Steady erfolgreich werden – und warum freie Journalisten sich damit so schwertun.

(Bild: Martin Gommel)

Wie steht ihr geschäftlich da?
Gut! Die Steady-Publisher machen inzwischen mehr als 100.000 Euro Umsatz im Monat. Davon bekommen wir eine Provision von zehn Prozent. Ende 2015 hatten wir zum Start 350.000 Euro von der Google Digital News Initiative bekommen. Inzwischen haben außerdem eine Reihe von Business Angels in Steady investiert.

Warum tun sich viele freie Journalisten so schwer mit Steady?
Wenn Journalisten die ihnen angeborene Scheu mal überwunden haben, tun sie sich eigentlich nicht schwerer als andere Publisher. Viele Journalisten versuchen es halt gar nicht! Klar, als Freier ist man oft zuliefernder Dienstleister. Man arbeitet für und mit Redaktionen. Das ist eine völlig andere Rolle als Verkäufer der eigenen Arbeit direkt an das eigene Publikum. Ein Zulieferer in der Automobilindustrie verkauft ja auch keine Autos. Da helfen wir neuen Steady-Publishern aber gern. Am allerbesten funktionieren bei Steady Projekte, die schon eine Community haben. Es gilt die 3-mal-5-Faustregel: Von fünf Prozent der Community bekommst du im Schnitt fünf Euro. Allerdings nur, wenn du fünfmal danach fragst.

Was verkauft ihr?
Es sind jedenfalls keine Abos. Und es geht auch nicht um Spenden. Unsere Publisher verkaufen Mitgliedschaften. Für ein erfolgreiches Mitgliedschaftsangebot sind drei Sachen ausschlaggebend, die alle mit „P“ beginnen. Erstens braucht es Passion. Die Mitgliedschaft muss wichtig sein, weil mir als Mitglied das Thema wichtig ist, die Haltung, die Marke oder etwas anderes an dem Medium. Es braucht zweitens Privileges, also etwas Exklusives. Im Zweifel sind das Inhalte hinter einer Paywall. Das kann aber auch ein exklusiver Podcast sein oder das Interview in voller Länge. Und drittens braucht es Participation. Die zahlenden Mitglieder wollen im inneren Kreis sein und die Möglichkeit zum Austausch mit den Journalisten beklommen. Wenn diese drei Dinge zusammenkommen – passion, privileges, participation –, kann ich ziemlich genau voraussagen, wie viel Geld du auf Steady verdienen kannst.

Einige Projekte zeigen, wie viel sie einnehmen, andere halten das geheim. Was ist der richtige Weg?
Bei uns kann man frei wählen. Ich glaube aber, Transparenz hilft. Man wird ja nicht stinkreich. Eine Summe ist einfach ein gutes Kommunikationstool. Was spricht dagegen zu sagen: Wir brauchen 2000 Euro, damit das für uns wirtschaftlich überhaupt Sinn ergibt.

Wie viel sollte ich vorbereiten?
Du brauchst eine Idee, die sich in zehn Sekunden erzählen lässt. Das können Journalisten! Viele Publisher brauchen nach dem ersten Kontakt ein bis zwei Jahre, bis sie endlich zu Steady kommen. Die ärgern sich dann immer über das verschenkte Geld in der Zwischenzeit. Ich sage: Mach’s halt sofort! Was soll schon passieren?

Eine Infrastruktur für freien Journalismus: Das hatten wir Freischreiber uns immer gewünscht. Die Freischreiber Tanja Krämer und Christian Schwägerl haben die Riffreporter gegründet. Heute sind sie Vorstände der Riff-Genossenschaft.  Das Riff wurde mit dem Netzwende-Award und dem Grimme Online-Award ausgezeichnet. Freischreiber-Vorstand Jakob Vicari hat bei Tanja Krämer nachgefragt, wie es ein Jahr nach dem Start aussieht.

(Bild: Deutsche Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Gesellschaft/Tina Merkau) 

Verspäteter Glückwunsch zum Grimme Online Award. Geholfen, ernst genommen zu werden?

Tanja Krämer: Danke! Wir haben uns wirklich riesig gefreut! Tatsächlich haben wir das Gefühl, dass der Award noch etwas mehr zu unserer Sichtbarkeit beiträgt, vor allem, weil er auch zahlreichen LeserInnen ein Begriff ist. Aber er war auch für uns im Team und für alle Riff-AutorInnen ein großer Motivationsschub. 

Wie viele Riffreporter gibt es schon?

Tanja Krämer: Es gibt inzwischen rund 70 Autorinnen und Autoren, dazu kommen als RiffSupporter LeserInnen und Förderer, die ebenfalls Genossen geworden sind. Vieles passiert gerade im Hintergrund, weil einige KollegInnen erst interne Fragen klären oder sich um eine Startfinanzierung für ihre Projekte bemühen. Aber wir können versprechen: Auf unserer Plattform wird in den nächsten Monaten so einiges passieren.

Was überzeugt die Leser?

 Tanja Krämer: Viele LeserInnen, mit denen wir Kontakt hatten, freuen sich über die Ausgewogenheit der Artikel, auch ihre Ausgeruhtheit. Man merke, dass die AutorInnen wissen, wovon sie berichten. Das ist ja genau unser Ansatz: Die Expertise, die Freie in ihren jeweiligen Berichtsfeldern haben, wieder stärker sichtbar zu machen, eine kontinuierliche Berichterstattung zu ermöglichen, auch jenseits von aktuellen Aufhängern.

Ihr macht Journalismus für spitze Zielgruppen. Was funktioniert – und was eher nicht?

Tanja Krämer: Das ist eine gute Frage, auf die wir noch keine gute Antwort geben können. Noch sind viele der Angebote zu jung, um hier Erfahrungswerte zu ziehen. Daher bitte ich dich: Frag uns das noch einmal in einem Jahr. 

Was muss ich tun, um selbst Riffreporter zu werden?

Tanja Krämer: Du solltest eine Idee für ein journalistisches Projekt haben, von dem du überzeugt bist. Und dir Gedanken darüber machen, wen du damit erreichen willst und wie. Dann kannst du dich bei uns bewerben. Auf unserer Website gibt es alle Infos hierfür. 

Wer bei euch Autor werden will, muss erst mal zahlen. Das ist ungewöhnlich. 200 Euro Aufnahmegebühr, dazu noch mindestens 5 Genossenschaftsanteile zeichnen. Trotzdem habt ihr schon rund 70 Autoren gewonnen. Warum?

Tanja Krämer: Ja, die Anfangskosten erscheinen hoch. Aber journalistische Gründer sparen mit uns sofort sehr viel Geld, denn sie müssen keine eigene Publikationsseite programmieren lassen und sich nicht um Bezahlvorgänge und Abrechnungen kümmern. Das würde ein Vielfaches kosten. Außer dem Einstiegspreis gibt es zudem keine weiteren monatlichen Gebühren mehr, sondern nur noch eine Leistungsabgabe auf erzielte Gewinne. Und dafür bieten wir viel: Ein modernes CMS mit vielen individuellen Spielmöglichkeiten und vielfältigen und variablen Bezahlformen, die Abrechnung der Buchungen gegenüber den Lesern, die Ausschüttung der Gelder an die AutorInnen zum Beispiel. Und eine Gemeinschaft von Gleichgesinnten, die sich austauscht, sich gegenseitig mit Rat und Tat zur Seite steht und eine gemeinsame Vision verfolgt.

Wie sieht die Teamorganisation im kooperativen Journalismus aus?

Tanja Krämer: Wir haben eine Slack-Gruppe eingerichtet, auf der sich alle AutorInnen austauschen und gegenseitig unterstützen können, etwa beim Gegenlesen oder auch bei der Suche nach Experten. Außerdem gibt es inzwischen mehrere Arbeitsgruppen, die etwa Marketingideen entwickeln. Wie man die erwirtschafteten Einnahmen verteilt, kann jede Projektgruppe selbst entscheiden. Aktuell entwickeln wir hierfür ein spezielles Tool, das das Geld dann anschließend nach den festgelegten Regeln individuell ausschüttet.

Wer sollte jetzt schnell Riffreporter werden?

Tanja Krämer: Jede und jeder, die oder der eine tolle Idee und Lust hat, Teil unserer Gemeinschaft zu werden. Um so mit uns zusammen etwas für Freie zu bewegen.

Wo seht ihr Riffreporter in fünf Jahren?

Tanja Krämer: In fünf Jahren wollen wir neben dem deutschsprachigen Markt auch international auf Englisch mit unabhängigen Journalismusprojekten und internationalen Kooperationen präsent sein. Wir haben dann bewiesen, dass unser Geschäftsmodell funktioniert und dass Freie in Kombination mit ihrer Arbeit für Verlage und Sender selbst spannende, kreative und erfolgreiche journalistische Projekte realisieren können. Und dass sie damit auch Geld verdienen.

Mark Heywinkel ist stellvertretender Redaktionsleiter und Head of Development von ze.tt. Als solcher verantwortete er in Zusammenarbeit mit der Berliner Agentur Palasthotel  die Entwicklung von fax, einem System für Redaktionen, um die Themen-Angebote freier Journalisten besser zu organisieren. Unterstützt hat das Projekt die Digital News Initiative von Google. Mark ist außerdem Autor des Ebooks „Liebe deine Freien„. Freischreiber-Vorstandsmitglied Jakob Vicari hat ihn zu fax befragt.

Die Kommunikation zwischen Redaktionen und Freien ist oft schwierig. Mark, wie seid ihr auf die Idee für fax gekommen?
Mark Heywinkel: Ich war selbst drei Jahre Freelancer und habe eine teils anstrengende Kommunikation mit Auftraggebern erlebt. Manchmal wusste ich nicht, ob Themenvorschläge angekommen sind, noch diskutiert werden oder ich sie anderen Redaktionen anbieten kann. Als Freelancer muss man oft nachhaken. Als ich bei ze.tt als Redakteur angefangen habe, habe ich mir auf die Fahne geschrieben, die Freienkommunikation zu verbessern. Durch persönliche Treffen, Guidelines für die Zusammenarbeit und eine transparente Kommunikation wollte ich dafür sorgen, dass unsere Freien gerne für ze.tt schreiben. Sebastian Horn, der damals ze.ttChefredakteur war, hatte irgendwann die Idee für ein eigenes Tool und hat sie bei der Google Digital News Initiative eingereicht. Nach seinem Weggang zu Zeit Online habe ich die Entwicklung übernommen.

Wie habt ihr vorher Freie organisiert?
Wie es in vielen Redaktionen üblich ist, haben wir die Kommunikation per Mail abgewickelt und Tabellen mit unseren Kontakten geführt. Die Mail-Kommunikation haben wir so weit optimiert, dass wir sie in einem zentralen Postfach gesammelt haben, um dafür zu sorgen, dass im Krankheitsfall immer jemand einen Blick auf die Vorschläge haben kann. Aber es ist schwierig, in einem Pool von 120 Leuten Daten, Fähigkeiten und Verfügbarkeiten abzufragen.

Und das ändert fax?
Ja. Jetzt sind alle Pitches und Kontaktdaten zentral an einem Ort auffindbar. In fax können freie Journalistinnen und Journalisten uns unmittelbar informieren, an welchem Ort sie sich befinden, was ihre Expertise ist und wie wir sie am besten erreichen können. Als nächstes Feature wünsche ich mir einen Status wie „verfügbar“, „auf Auftragssuche“ oder „im Urlaub“. Damit wir den direkten Draht noch mehr stärken.

Wie seid ihr in der Entwicklung vorgegangen?
Wir haben zuerst Workshops gemacht, mit dem Team, der Agentur Palasthotel, aber auch mit Freien von außerhalb. Aus dem Konglomerat der Ideen ist fax entstanden. Wir wollten ein Tool nicht nur für uns, sondern für alle Redaktionen schaffen. Deshalb steht es auch unter der MIT-Lizenz für Open-Source-Software.

Was war die wichtigste Erkenntnis?
Nach dem Workshop haben viele Freie gesagt: Wir wollen nicht über ein unpersönliches Tool abgewickelt werden. Wir haben deshalb darauf Wert gelegt, fax freundlich und persönlich zu gestalten. Nicht nur Freelancer*innen können dort ein Profil anlegen, auch Redakteur*innen können sich persönlich mit einem eigenen Profil präsentieren. Mein Lieblingsfeature ist der Realtime-Chat zu einzelnen Themenvorschlägen. Das ist der direkte Draht in die Redaktion, viel unmittelbarer als eine E-Mail. Dazu sehen die Freien zu jeder Zeit den Status ihres Exposés oder Artikels. Diesen Einblick gab es vorher ja nicht. Viele Redaktionen sind ja immer noch Blackboxes, was ihre Workflows angeht.

Wie geht es weiter?
Erste Redaktionen haben sich schon gemeldet, weil sie fax interessant finden und es möglicherweise bei sich einsetzen wollen. Man kann das natürlich aber auch andersherum nutzen: Als Freienbüro könnte man es bei sich auf einem Server installieren und Redaktionen ein Ideenangebot zur Verfügung stellen. Und: Das System steht auf Github. Wir hoffen, dass sich Leute finden, die es weiterentwickeln.
Download: Fax auf Github

Wir entwickeln was. Die Google Digital News Initiative fördert Innovationen im Journalismus. In der aktuellen Runde hat es die Idee „AuthoryPledge“ geschafft, die das Start-up Authory zusammen mit Freischreiber entwickelt. Hier beantwortet Authory-Gründer Eric Hauch die Fragen von Freischreiber-Vorstand Jakob Vicari.

Was ist Authory?

Eric Hauch: Authory ist eine Art Werkzeugkasten, der verschiedene Services für Journalisten in einem Produkt vereint. Die Basis dafür ist eine von uns entwickelte Technologie, die alle Artikel einer bestimmten Journalistin oder eines bestimmten Journalisten automatisch findet. Wir nutzen diese Technologie, um verschiedene Dienste anzubieten: Authory hilft Journalisten dabei, ihre Artikel automatisch zu archivieren, ganz egal wo diese veröffentlicht wurden. Außerdem können sie ihre Leser mit Authory ganz einfach per E-Mail über neue Artikel informieren. Und darüber hinaus erhalten sie über Authory detaillierte Infos, wie erfolgreich ihre Artikel auf verschiedenen Social-Media-Kanälen sind.

Wer steckt hinter Authory?

Eric Hauch: Wir sind ein kleines Hamburger Start-up, bestehend aus zwei Entwicklern und mir. Bevor ich Authory gemacht habe, hatte ich schon ein anderes journalistisches Start-up: Commentarist. Das war die Idee, eine Art Google News für Meinungsjournalismus zu etablieren. Nach einiger Vorbereitung sind wir mit mehr als 15 großen deutschen Verlagen als Partner an den Start gegangen. Während dieser Zeit habe ich mich viel mit Meinungsjournalismus auseinandergesetzt. Dabei ist mir klar geworden, wie wichtig die journalistischen Köpfe hinter den ganzen Artikeln eigentlich sind. Und mit Authory wollen wir genau diese Köpfe stärken.

Was bringt Authory freien Journalisten?

Eric Hauch: Authory automatisiert die Archivierung von Artikeln. Während der Anmeldung teilt uns ein Journalist oder eine Journalistin mit, wo sie in der Vergangenheit veröffentlicht haben und wo sie aktuell veröffentlichen. Unser System importiert und archiviert daraufhin alle bisher erschienenen Artikel und fügt auch alle zukünftigen kurz nach Erscheinen automatisch zum privaten Archiv der Journalisten hinzu.

Mithilfe von Authory können Journalisten ihre Leser bequem per E-Mail über neue Artikel auf dem Laufenden halten, ganz egal wo diese veröffentlicht werden. Die Leser melden sich dazu auf einem öffentlich verfügbaren Profil dieser Journalisten für die E-Mail-Benachrichtigungen an (siehe authory.com/AlexWilhelm). Bei neuen Artikeln erhalten sie dann immer automatisch eine kurze E-Mail mit Link zum Originaltext. Alle so gesammelten E-Mail-Adressen gehören den Journalisten und sind jederzeit exportierbar.

Authory überprüft automatisch, wie oft die Artikel eines Journalisten oder einer Journalistin in den gängigen Social Media Networks geteilt werden. In Kombination mit unserer umfangreichen Such- und Filterfunktion können sie so genau feststellen, welcher Artikel bzw. welches Thema in welchem Social Network wie erfolgreich war.

Was wollt ihr jetzt mit dem neuen Feature „AuthoryPledge“?

Eric Hauch: Authory informiert Leser automatisch und kostenlos per E-Mail, wenn ein neuer Artikel von Lieblingsautoren erschienen ist – egal wo dieser veröffentlicht wurde. Mit dem AuthoryPledge-Feature gehen wir einen Schritt weiter: Leser können ihren Lieblingsjournalisten nicht nur per E-Mail folgen, sondern diese auch direkt finanziell unterstützen. Mit einem Betrag zwischen 1 Euro und 10 Euro pro Monat, der über Authory direkt an die entsprechenden Journalisten geht. Für Leser ist das eine einzigartige Möglichkeit, individuelle Journalisten anstatt anonymer Publikationen monetär zu unterstützen. Und für Journalisten ist das Pledge-Feature ein bequemer Weg, die Verbindung zu ihren Lesern zu monetarisieren.

Was erwartet ihr euch von der Entwicklungspartnerschaft mit Freischreiber?

Eric Hauch: Wir sind Entwickler und Unternehmer, keine Journalisten. Daher ist Freischreiber ideal, um uns sowohl in der Konzeptions- als auch in der Umsetzungsphase mit Ideen und Feedback zur Seite zu stehen. So können wir sicherstellen, dass wir nie die Journalisten als unsere Kunden aus den Augen verlieren.

Ihr macht das nicht als Ehrenamt, ihr wollt damit Geld verdienen. Wie sieht euer Geschäftsmodell aus?

Eric Hauch: Unser Geschäftsmodell ist sehr einfach: Authory steht unseren Kunden, also Journalisten, gegen eine Gebühr von umgerechnet gut 6 Euro im Monat oder 60 Euro im Jahr zur Verfügung. Wir haben uns mit Absicht gegen ein werbefinanziertes Modell entschieden. Nur so können wir jede Entscheidung, in welche Richtung sich Authory entwickeln soll, mit dem vollen Fokus auf Journalisten und ihre Leser treffen.

Es gibt mit Riffreporter und Steady schon Ansätze für Direktvermarktung von Journalismus. Was unterscheidet euch?

Eric Hauch: Authory vermarktet keine Inhalte. Stattdessen bieten wir Journalisten eine Plattform, um all ihre Inhalte an einem Ort zu speichern und ihre Leser über neue Inhalte auf dem Laufenden zu halten. Mit der Zusatzfunktion Pledge erweitern wir Authory dahingehend, dass Journalisten das Wohlwollen ihrer Leser monetarisieren können, ohne allerdings dafür zusätzliche Inhalte produzieren zu müssen.

Wem gehören die Daten, die ihr sammelt?

Eric Hauch: Wir nutzen die Daten wie z. B. Artikeltexte nur dazu, Journalisten unseren Service zur Verfügung zu stellen. Die Eigentümerschaft an den Inhalten bleibt bei der Nutzung von Authory unberührt.

Ihr verkauft also keine Inhalte, sondern setzt auf ein Spendenmodell, wie es taz oder The Guardian einsetzen? 

Eric Hauch: Genau, Journalisten können den guten Draht, den sie sich über Jahre zu ihren Lesern aufgebaut haben, mit dem neuen Pledge-Feature von Authory einfach monetarisieren. Dabei geht es darum, dass treue Leser ihrer Wertschätzung ihren Lieblingsjournalisten gegenüber Ausdruck verleihen können. Sie unterstützen damit nicht nur die Journalisten direkt finanziell, sondern stellen darüber hinaus sicher, dass Qualitätsjournalismus auch für andere weiterhin erhalten bleibt.

26. Juli 2018

Mit zwei offenen Briefen wenden sich 90 freie Journalistinnen und Journalisten an den Rundfunkrat sowie an den Intendanten des WDR, um den Sender von Kürzungen bei dessen Wissenschaftsprogrammen abzubringen, die sie in ihrer Existenz bedrohen würden.

Die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter produzieren Beiträge für mehrere Hörfunk- und Fernseh-Wissenschaftsformate im WDR, darunter auch für die aktuelle Redaktion der Sendung nano, die der Gemeinschaftssender 3Sat ausstrahlt. Der Sender plant, seine Beteiligung an nano zu beenden. Dieser Rückbau hätte mittelfristig nicht nur das Ende der renommierten Sendung und eine Schwächung der wissenschaftlichen Kompetenzen des WDR zur Folge, so die freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ihren offenen Briefen. Zudem würden sie diese Sparmaßnahmen in ihrer Existenz bedrohen.

In einem Begleitbrief beklagen die Freiberufler zudem prekäre Arbeitsbedingungen für Fachjournalisten, und argumentieren: „Wir sind Fachjournalisten, in der Regel mit abgeschlossenem Hochschulstudium, nicht wenige unter uns sind promovierte Wissenschaftler. Angesichts schwindender Auftragsvolumina und Kürzungen von Sendeplätzen zweifeln immer mehr an ihrem Job. Ein berufliches Standbein außerhalb des Journalismus, oft in einer PR-Abteilung, wird für viele künftig notwendig sein. Dabei müssen Fachjournalisten unabhängig sein, um entsprechend arbeiten zu können. Doch dies ist immer weniger möglich.“

Daher bitten sie den Rundfunkrat „dringend – bei allem Verständnis für die fälligen Sparmaßnahmen – die Beteiligung an nano nicht aufzugeben. Gemessen an der Einsparung eines Jahresbudgets von 250.000 Euro würde ein Ausstieg aus nano ein unverhältnismäßig großer Schaden bedeuten.“

Die offenen Briefe der freien WDR-Journalistinnen und -Journalisten finden sich im Anhang einer Meldung des Mediendienstes DWDL.

Die Freischreiber, insbesondere die in Arbeitsgruppen aktiven Freifunker und Freifilmer, stellen sich solidarisch hinter die freien Hörfunk- und Kolleginnen und Kollegen beim WDR.

Bei Gruner+Jahr gab es mal einen Vorstand, der die ersten Sparmaßnahmen im Haus in eine hübsche Metapher kleidete. Wenn auf das Schiff eine Riesenwelle zurolle, sagte er, müsse man den Leuten auf dem Sonnendeck mitteilen, dass sie ihre Liegestühle und Drinks beiseite stellen müssen. Mit seiner Nachfolgerin Julia Jäkel hat die Riesenwelle das Haus am Baumwall längst  erreicht. Es ist ein ehemaliges Flaggschiff des Deutschen Journalismus, dem man da Stück für Stück beim Havarieren zusieht.

Bei allen Schreckensmeldungen. Wir bleiben dabei: Um den Journalismus ist uns nicht bang – was wir erleben, ist eine Krise der Verlagskaufleute (nicht gerade selten als Flanellmännchen tituliert), denen seit Jahren nicht mehr eingefallen ist, als Kostenlosexemplare und Aboprämien. Schlimm genug für Journalisten, die ihre Leidenschaft und ihr Können in den Dienst einst so stolzer Häuser gestellt und darauf vertraut haben, dass es dort Leute gibt, die ihr Geschäft verstehen.

Liebe Frau Jäkel, liebe Herren von Bertelsmann, Sie wollen jetzt auf freie Autoren setzen, frei gesetzte und freiwillig freie. So ein Konzept – wenn man wie Sie „weiterhin für hohes journalistisches Niveau, genaue Recherche, hervorragende Texte“ stehen will, ist kein Sparmodell! Wir erinnern, was Freie zu hören bekamen, als die erste Kündigungswelle übers Sonnendeck fegte. Man könne unmöglich weiter die gleichen Honorare  zahlen – wo doch soeben die  Redakteure gefeuert worden waren. Damit werden Sie jetzt nicht mehr durchkommen. Um so weniger als die Flaggschiffe von G+J immer noch Gewinne machen, die sich prima einsetzen lassen, um guten Journalismus zu machen.

Liebe Frau Jäkel, liebe Herren von Bertelsmann. Wie wäre es also mit einer Vision?

  • Sie machen aus Brigitte (und wahrscheinlich bald auch den anderen Heften) ein Autorenblatt, das diesen Namen verdient. Autorinnen und Autoren, stehen im engen Austausch mit den Redaktionen. Nur so entsteht das Unverwechselbare eines Magazins. Ohne diesen „Unique Selling Point“, das müssten Sie eigentlich viel besser wissen als wir, sieht sich kein Mensch veranlasst ein Produkt zu kaufen.
  • Sie sind das „House of Content“. Sie bezahlen Autoren also ihrer Leistung entsprechend. Das kann bei Premium-Produkten nur Premium-Honorare bedeuten. Eine Entlohnung also, die beim alten Gruner-Tagessatz von 350 Euro anfängt.
  • Der Verlag macht seine Hausaufgaben auf der Erlösseite. Warum sind es die kleinen Medienprojekte, die mit neuen Erlösmodellen experimentieren? Warum sind es die anderen Verlagshäuser wie Springer, die in Start-ups investieren?

Warum aber sollten Sie schnellstens anfangen zu experimentieren und zu investieren? Weil der alte Kutter sich sonst kaum mehr lange halten wird.  Weil die Konkurrenz da draußen im Netz immer vielfältiger wird. Sie, liebe Frau Jäkel und Sie liebe Herren von Bertelsmann, nicht wir – konkurrieren im Internet mit Portalen, die vor allem auf inhaltliche Konzepte setzen, Redaktionen wie VICE oder Krautreporter. Für Sie ist das Konkurrenz, für uns sind das potenziell neue Auftraggeber.

Wir sind ja nur Journalisten und keine Manager. Aber wenn Sie es ernst meinen und dauerhaft mit guten freien Autoren zusammenarbeiten wollen, dann empfehlen wir Ihnen dringend die Lektüre unseres  „Code of Fairness“. Die Konkurrenz hat ihn nicht nur gelesen – sondern auch unterzeichnet.  Wenn Sie das auch tun, könnte das für Leute des Worts, wie uns, ein erstes Signal sein, dass es Ihnen bei allen Sparprogrammen womöglich ernst ist, mit den Inhalten.

P.S. Noch ein Hinweis an die Kollegen von den Gewerkschaften: „Betriebsbedingt“ kann bei einem Gewinn bringenden Objekt nur eine ganze Abteilung geschlossen werden. Dafür haben die Kaufleute vermutlich den Begriff der „schreibenden Redakteure“ ersonnen. Was so ausschließlich fast keiner bei der Brigitte tut – die meisten produzierten und redigierten auch und waren keine reinen Autoren. Sobald eine aus der übrig gebliebenen Leitungsteam eine Zeile schreibt, sollte man mal eine Klage prüfen.

15.12.2014

Das Projekt der Krautreporter polarisiert: Am 20. Mai formulierte Eva-Maria Schnurr, die ehemalige stellvertretende Vorsitzende von Freischreiber auf Facebook ihre Zweifel, ob sie 60 Euro für Krautreporter ausgeben soll. Sie schrieb:

„Habt ihr Krautreporter unterstützt? Ich überlege noch. 1., weil ich es komisch finde, wenn Journalisten Journalisten finanzieren und man sich das Geld so hin und her schiebt (sollte die Kohle nicht von „echten“ Lesern kommen?), und 2. (hängt mit 1. zusammen), weil ich ganz offenbar nicht Zielgruppe bin bei dem, wie sich die Sache langfristig tragen soll: Bezahlen, um zu kommentieren und an Texten mitzuarbeiten – hey, das ist mein Job und dafür will ich bezahlt werden, nicht umgekehrt. Wie haltet Ihr es?“

Die Frage hat Gewicht, nicht nur weil Eva-Maria Schnurr 2008 den Freischreiber Kongress „Mach’s Dir selbst“ maßgeblich mitgestaltet hat, auf dem damals die Möglichkeit journalistischer Projekte jenseits der Verlage intensiv diskutiert wurde, sondern auch, weil sich innerhalb kurzer Zeit eine angeregte Debatte über die Zukunft unseres Berufs entwickelte, die über Krautreporter hinausreicht.  Wir dokumentieren hier einige Stimmen aus der Diskussion, die das Meinungsspektrum wiedergeben:

„Als Leserin warte ich auf den Dummy, bevor ich es finanziere und kaufe solange weiter bewährte Medien, um den Journalismus zu retten. Kollegiale Solidarität ist bei einem neuen Geschäftsmodell ohnehin keine ausreichende Grundlage. Als Journalistin warte ich darauf, dass die Leser reagieren. Ich wünsche Krautreporter dennoch viel Erfolg und rede gerne drüber!“

Antwortet Lu Yen Roloff, bis vor kurzem freie Journalistin und Freischreiberin in Hamburg als eine der Ersten in der Timline. Auch Verena Hagedorn, Freischreiberin in Hamburg ist skeptisch:

„Was mich (auch Journalistin und Freischreiberin) stört: Dass ich mich sofort mit 60 Euro für ein Jahresabo verpflichten soll und damit sprichwörtlich die Katze im Sack kaufen. Wäre ich „nur“ Leserin würde mich das sogar noch mehr stören. Hättet ihr eine Option auf eine Einsteigervariante (15 Euro für 3 Monate), wäre sicherlich für viele die Schwelle geringer. (…)“

Tom Schimmeck, Freischreiber und beim Autoren-Magazin Magda engagiert, findet die Idee gut, stört sich aber am Krautreporter-Stil:

„Finde, es bedarf dringend eines deutschen Onlinemediums, das den globalen Blick, den tiefen Hintergrund – und natürlich die tollen (+ bitte völlig buzzfeedfreien) Geschichten liefert. Das die Welt greifbarer und die Fülle, die im Netz zu fast allen Themen ja eigentlich vorhanden ist, zugänglich und konsumierbar macht. Denke seit gut einem Jahr darüber nach, bastele an einem Konzept, suche Partner und Finanziers. Insofern finde ich Krautreproter gut: als Arschtritt. Aber was die (überwiegend) Jungs inhaltlich wollen, klingt mir arg vage, zu sehr nach: United Bloggers.“

Eva-Maria Schnurr macht sich in der weiteren Diskussion systemische Gedanken über das konkrete Projekt hinaus:

„Ich frage mich doch, ob das nicht eine Art Blase generiert, wenn zu viele Mitfinanzierer eigentlich nicht von der langfristigen Tragfähigkeit des vorgestellten Modells überzeugt sind (so gerne sich vermutlich alle vom Gegenteil überzeugen lassen möchte), aber trotzdem Geld geben. Dann schließen wir daraus, dass die Leute Journalismus so und so wollen – aber eigentlich wollen sie eigentlich nur, dass jemand mal was wagt. Das kann’s ja auch nicht sein.“

Gemma Pörzgen, Freischreiberin in Berlin, hält gerade in der heutigen Phase solche Versuche für enorm wichtig:

„Ich glaube die Langfristigkeit des Projekts ist weniger wichtig als die Erfahrungen, die man damit sammeln kann. Auch im Scheitern (aber erst nach der Startphase!) können wichtige Erkenntnisse ruhen, die uns alle sicherlich weiterführen. Tatsächlich glaube ich, dass die wichtigste Herausforderung sein wird, echte Leser zu finden! Andererseits hatten wir kürzlich beim Freischreiber-Abend einen Leser zu Gast, der zusammen mit anderen auch so ein Projekt startet, weil er sich guten Journalismus wünscht. Das fand ich enorm ermutigend! Wir stecken in einer schwierigen Übergangsphase und sollten es nicht dem Markt allein und den Verlagen überlassen, die Zukunft zu gestalten.. Diese 60 Euro sind da auf jeden Fall gut investiert!“

Eva-Maria Schnurr glaubt, dass einfach Machen zu wenig ist und die Kritik der Freien an den etablierten Medien vielleicht gar nicht den Kern triff. Dabei reflektiert sie ihre Erfahrungen aus der Redakteursperspektive:

„Damals, als Freie, habe ich etablierte Medien als sehr starr, sehr unflexibel, sehr beharrungswütig erlebt, die einfach nicht sehen, welche tollen Themen noch da sind und was wirklich guter Journalismus wäre (vor allem, wenn sie meine Themen abgelehnt haben…). Jetzt, aus der Innenperspektive, nehme ich viel stärker wahr, wie sehr Journalismus auch innerhalb der etablierten Medien ein Prozess ist und vermutlich immer war. (…)  Ich glaube also, dass das angeblich so innovative, andere am „Journalismus als Prozess“ gar nicht so anders ist. Klar, da gibt es Luft nach oben, vor allem in der Kommunikation und in der Interaktion mit den Lesern. Aber wie viele Leser wollen denn wirklich und ständig mitdenken (und nicht nur mitmeinen!)- und wie repräsentativ sind die dann?? Wenn ich mich als Leserin wahrnehme, dann erschöpft mich die Vorstellung eher, dass ich da jetzt auch noch mitarbeiten und mitdenken soll – und zwar nicht nur, weil es eh mein Job ist, sondern als Vollzeit arbeitende Mutter vor allem aus Zeit- und Hirnkapazitätsgründen. Ich bin froh, wenn mir jemand ein Produkt (!!!) wie eine Tageszeitung in die Hand drückt und sagt: Wenn du das gelesen hast, dann hast du eine Grundidee über das, was gerade in der Welt passiert. Und selbst das schaffe ich ja oft nicht, zu lesen. Meine zweite These ist also: Das unausgesprochene Versprechen, dass ein Journalismus als Prozess besser und vor allem irgendwie auch demokratischer ist, als der klassische Journalismus, ist falsch, denn es werden immer vor allem Menschen mit sehr viel Zeit und sehr wenig anderen Verpflichtungen mitmachen (können). Und dann kommt ja noch die Frage: wollen die dann ihre Meinung sagen – und Meinung wollt ihr ja weniger – oder wollen die mit Fakten, mit harten Informationen, mit inhaltlich weitertreibenden Fragen partizipieren?

Kai Schächtele, Gründungsvorsitzender von Freischreiber, Autor in Berlin und selber gerade dabei, für sein Brasilien-Projekt eine Crowd zu interessieren, antwortet:

„In Deinem Perspektivwechsel steckt doch schon eine Antwort: Dadurch, dass die Abläufe innerhalb eines Verlags für Dich transparent wurden, konntest Du Deinen Blick schärfen. Diese Transparenz für Interessierte außerhalb unserer Branche herzustellen – das ist die große Chance eines Projekts wie Krautreporter. (…) Alle Projekte im Netz, ob von Youtube-Stars oder von Bands, haben im Kern das geschafft: Sie haben es geschafft, eine Community aufzubauen, die sich verbunden fühlt. Mein Eindruck ist: Die Zeit ist jetzt reif, dass das auch Journalisten schaffen. Journalisten, nicht Journalismus – das ist ein wesentlicher Unterschied. Und Transparenz ist dafür ein wesentliches Kriterium, wenn nicht das wesentlichste.“

Krautreporter-Gründer Sebastian Esser greift mehrfach in die Diskussion ein und dämpft die Erwartungen:

„Ich kann nicht versprechen, dass wir den Journalismus neu erfinden, dass wir alles anders machen, dass wir endgültige Lösungen vorschlagen. Solche Erwartung wollen wir nicht wecken, weil wir sie vorhersehbar nicht einhalten könnten und die Enttäuschung groß wäre.  Der Mehrwert, den Du vermisst: Wir bieten die Möglichkeit, mit uns ein Journalismus-Experiment zu beginnen und mit uns auszuprobieren, wie Journalismus im Netz anders, besser sein kann. Nun suchen wir Mitstreiter für sorgfältigen, entschleunigten Journalismus mit den Ausdrucksmitteln, in der Sprache und mit der kommunikativen Offenheit des Netzes, in enger Zusammenarbeit mit den Lesern. Der Mehrwert ist also der Prozess, nicht das Produkt. (…) Ich glaube nicht, dass man in digitalen Zeiten mit dem Verkauf von künstlich verknappten journalistischen Gütern (Journalismus-Verknappung ist ja jetzt schon fast unmöglich, wie Du richtig schreibst) Geld zu verdienen und die Arbeit von uns Journalisten zu finanzieren. Deswegen bitten wir um einen Mitgliedsbeitrag zum Journalismus-Experimentier-Club Krautreporter.“

Marcus Anhäuser, Wissenschaftsjournalist in Dresden, findet solche Experimente dringend notwendig und kann auch dem Konzept von Krautreporter einiges abgewinnen:

„Es gibt keine Alternative zum Machen, ohne werden wir es nicht herausfinden. Wenn es nur Journalisten als Fans und Leser generiert, wird es wahrscheinlicher wieder eingehen. Irgendwie hat Constantin Seibt aber schon Recht: “Den Journalismus neu zu erfinden, das ist die Aufgabe unserer Generation.” Dabei geht es gar nicht so sehr um das Handwerk des Journalismus als um die Bedingungen, unter denen er entsteht. Du zahlst dafür, dass es das gibt: Ein Magazin ohne Verlag und ohne Werbung. Ich finde das eine attraktive Vorstellung. Wenn jetzt noch die Inhalte stimmen, wenn mich das interessiert, wunderbar. Wenn nicht, habe ich Pech gehabt. Den Versuch war es wert.“

Lutz Fischmann, Geschäftsführer von unserem Partner-Verband Freelens findet, man muss selber was machen, damit die anderen was machen können und empfiehlt:

„Kinners – einfach mal 60 Euro in den Ring schmeißen. Das sind zwei Pizzen, ne Pulle Wein, ein geteiltes Tiramisu und zwei Espressi. Damit tun wir uns doch auch nicht so schwer?“

Hier finden Sie die vollständige Facebook-Diskussion

Fast fünf Jahre liegt sie nun schon zurück, die Freischreiber-Studie von Isabelle Buckow – eine Online-Umfrage unter freien Journalisten, die im Sommer 2009 Mitglied bei den Freischreibern waren. Fünf (mehr …)

Das Netzwerk-Recherche widmet sich dem Thema Nonprofit-Journalismus jetzt mit einer eigenen Seite.
In Teil vier unserer Serie zur Gemeinnützigkeit stellen wir den Journalismusdienstleister torial vor. Torial liefert die Arbeitsproben in unseren Profilen. Torial könnt ihr live erleben am 13.3. im Freimittag und am 26.3. beim Stammtisch in Frankfurt. Marcus Jordan stellt hier die Überlegungen vor, warum torial die Gemeinnützigkeit anstrebt.

torial, die Gemeinnützig und der Journalismus

Von Marcus von Jordan
Der Journalismus wankt ja so ein wenig von Ohrfeige zu Ohrfeige – irgendwo zwischen dem verzweifelten Festhalten an alten Modellen und der manchmal nicht minder verzweifelten, wenn auch sehr spannenden Suche nach dem digitalen Messias. Ein schwieriger Wandlungsprozess, dessen erfolgreicher Ausgang für uns alle gar nicht wichtiger sein könnte. Und Erfolg heißt in diesem Zusammenhang eben nicht nur gute Geschäfte, sondern auch Unabhängigkeit und gestalterische Kraft.
Insofern ist es mehr als schlüssig und begrüßenswert, wenn in dieser Phase journalistische Projekte vom freien Markt genommen werden und zum Beispiel in der Gemeinnützigkeit die Ruhe und Zeit finden, die sie brauchen, um sich zu entfalten.

Bei torial ist das so: Wir sind schon für die Gemeinschaft nützlich und werden deshalb 2014 gemeinnützig. In welcher Form genau, klären wir gerade, aber die Entscheidung steht.

torial hat eine kleine Zielgruppe. Selbst wenn man den Beruf Journalist modern interpretiert, und das tun wir bei torial, also selbst wenn man weit über die Träger von Presseausweisen hinaus denkt und offen ist für alle neuen digitalen Ausprägungen, bleibt die Zielgruppe doch klein. Zu klein für eine erfolgreiche Kommerzialisierung auf der Basis von Nutzungsgebühren.

Die dauerhafte Finanzierung durch nur einen Geldgeber, so wie aktuell bei torial gegeben, ist aber problematisch. Einerseits ist sie unsicher, weil eben nicht breit genug aufgestellt. Außerdem ist aber der Ansatz von torial relativ „intim“ und hinsichtlich der Verwertung des hier entstehenden Netzwerks und der hinterlegten Inhalte durchaus heikel. Das gilt um so mehr, weil torial auch die Unterstützung der Verwerter, Verlage und Redaktionen will – sie sollen bei torial spontan und zielgenau journalistische Expertise finden und sich nicht etwa in ihren lizensierten Verwertungsrechten gefährdet fühlen.

Mit dem Gang in die Gemeinnützigkeit eröffnen wir uns also die Möglichkeiten, öffentliche Budgets zu nutzen, weitere Stifter zu finden und vielleicht auch zumindest freiwillige Beiträge von unseren Nutzern zu bekommen. Durch die mit der Gemeinnützigkeit verbundene und festgelegte Transparenz hinsichtlich unserer Intentionen erhoffen wir uns die Akzeptanz der Kreativen und der Verwerter im Journalismus.
Gleichzeitig werden unsere Bemühungen um eine breit aufgestellte, finanzielle Unterstützung auch zum Gradmesser für den Erfolg von torial.