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[Der :Freischreiber-Newsletter] On- oder offline?

vom 23.01.2014

Liebe Kollegen und Kolleginnen,

eine Frage: Bloggen Sie? Überlegen Sie, manchmal zu bloggen? Nicht? Oder wenn, dann vielleicht eines Tages, möglicherweise, irgendwann? Dann sind Sie in guter Gesellschaft, sozusagen. Denn Journalisten bloggen nicht, jedenfalls die allermeisten nicht. „Denn in dem Moment, indem ich mich entscheide, mich als Journalist mit dem eigenen Blog oder Webmagazin im Internet zu präsentieren, birgt dies auch die Möglichkeit der Selbstentblößung. Ich enthülle plötzlich, dass meine angeblich so gute Schreibe der letzten Jahre der Arbeit eines guten Textchefs zu verdanken ist. Und dass ich es schaffe, orthografisch und grammatikalisch fehlerfreie Texte zu schreiben, nur Dank der Arbeit von Schlussredakteuren, den leider viel zu wenig gewürdigten Textrettern unsere Branche“, schreibt, nein bloggt lousypennies.de. Und plädiert dafür, sich gerade deswegen dem Genre des Bloggens zu stellen und auf diese Möglichkeit des Vorzeigens und Präsentierens nicht zu verzichten: „Gute Journalisten, die sonst vielleicht gesichtslos in der Masse ihrer Redaktion arbeiten, erhalten eine eigene Plattform und können ihre Ideen, ihre Meinung und ihr Talent zeigen.“ Na, ist das ein Anreiz?

Und haben Sie schon einmal über Crowdfunding nachgedacht? Um eines Ihrer Projekte endlich, endlich zu realisieren? Vielleicht einen besonders ausgefeilten Blog? Crowdfunding sei jedenfalls das Modewort des Jahres 2013 gewesen, sagt Benjamin O’Daniel, Autor des Magazins „Journalist“ des DJV. Dann hat er sich fünf journalistische Projekte vorgenommen, deren Initiatoren befragt und sie um eine Einschätzung gebeten. Das Ergebnis ist hier zu lesen und fällt gemischt aus: „Über sein Fazit zur Crowdfunding-Aktion ,Rechtes Land' muss Lorenz Matzat nicht lange nachdenken. ,Aus aktivistischer Sicht war das Projekt ein voller Erfolg. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht eher nicht.' Rund 6000 Euro haben der Datenjournalist und sein Team von OpenDataCity Anfang 2013 zusammen mit dem Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum (Apabiz) gesammelt. Mit dem Geld entwickelten sie eine interaktive Karte, die Demonstrationen, Überfälle und Veranstaltungen der rechten Szene dokumentiert und öffentlich macht.“
Vorgestellt wird auch das Projekt „LobbyPlag“, das folgendes auf der Haben-Seite verbucht: „Auf den ersten Blick eine ordentliche Stange Geld: Gut 7800 Euro haben die Initiatoren von ,LobbyPlag' per Crowdfunding eingesammelt. Auf den zweiten Blick nicht mehr als eine symbolische Aufwandspauschale. ,Es war nie unser erklärtes Ziel, damit Geld zu verdienen oder gar davon leben zu können. Sonst hätten wir ganz anders kalkulieren müssen', sagt Marco Maas.“
Interessant ist, dass eines der vielleicht erfolgreichsten Crowdfunding-Projektes des vergangenen Jahres nicht vorgestellt wurde: unsere so finanzierte „Freienbibel, auf die wir noch einmal galant und auch voller Stolz hinweisen wollen!

Ein heikles Feld ist und bleibt der Reisejournalismus, denn wie sollen Journalisten objektiv und einigermaßen ehrlich über ihre Eindrücke und Erfahrungen berichten, wenn sie vorgefertigten Reisen der  Reiseunternehmen folgen müssen, andererseits Redaktionen keine eigenen Reisen mehr finanzieren wollen?  „Deutschlandradio Wissen“ stellt dazu das Magazin „Abenteuer Wege“ von Chefredakteurin Annette Johann und Herausgeberin Monika Schulz vor, die entschlossen sind, Reisen zu organisieren, ohne dass Reiseveranstalter und Unternehmen finanziell mitmischen oder jeden Schritt im Vorfeld durchorganisieren: „Der wirtschaftliche Erfolg der Zeitschrift ,Abenteuer Wege' ist mittlerweile gegeben, auch ohne jegliche Onlinepräsenz.“

DIES UND DAS

NDR-Journalist Claudio Campagna hat sich in Hamburg verschiedene Lokalblogs angeschaut – von „altona.info“ bis zu „wilhelmsburgonline.de“ und ist dabei auf eine veritable Vielfalt gestoßen: „Jede Seite hat ein etwas anderes Konzept: ,Hamburg-Mittendrin' ist eher politisch ausgerichtet und auf elbmelancholie.de werden auch Gefühle thematisiert.“

Es gibt noch Jobs für Journalisten – vor allem bei Fachmedien“, jubelt Lutz Frühbrodt vom „Fachjournalist“ und bezieht sich dabei auf eine neue Studie. Denn: „Fungierte früher die fachliche Qualifikation als Nadelöhr, so stehen die Tore der Fachverlage heute deutlich weiter offen. Expertise ist zwar weiter gefragt, doch wird journalistische Kompetenz zunehmend wichtiger. Gesucht wird der publizistische Multitasker.“ Und er spricht folgende Empfehlung aus: „Allround- und klassische Ressortjournalisten sollten ihr Blickfeld erweitern und dabei die Fachmedien als eine Option mitdenken – sie bieten eine bedenkenswerte Alternative zum Public-Relations-Jobuniversum, in dessen Richtung sich Journalisten zunehmend orientieren.“

Jan Krone von Carta.info wiederum beschäftigt sich anfangs etwas sorgenvoll, dann aber doch zunehmend optimistisch mit dem Spannungsfeld von Zeitungsverlagen und Wirtschaftsjournalismus: „Mit dem ausgelaufenen Jahr 2013 verdichten sich Anzeichen, dass insbesondere mittelgroße und große Verlagshäuser dem Trend einiger Vorreiter hin zu Medien-Mischkonzernen folgen. Mitteilungen über Spin-offs markengebundener oder markenungebundener eCommerce-Aktivitäten drängen in die Brancheninformationen und stehen für ein kommerzielles Ausgründen von Service-Rubriken und Werberaum der redaktionell gestalteten Bündel Tages- und Wochenzeitung.“ Er sieht allerdings auch  Chancen: „Die Nachfrage nach publizistischen Inhalten ist durch die Kombination der Vertriebsplattformen Print & Online/Mobile so hoch wie niemals zuvor. Der Markt an Information ist reichhaltig wie nie zuvor. Der Zugang zu Informationen ist leicht wie nie zuvor. Die Notwendigkeit von Einordnung, Filterung, Kommentar und Chronik ist wichtig wie nie. Diese Merkmale ergeben zusammen ein enormes Marktpotential, wäre das Publikum bereit, für Bündel journalistischer Tätigkeit auch auf netzbasierten Plattformen zu bezahlen. Und die Leser tun es immer häufiger und regelmäßiger.“

REISEN

Die Bundeszentrale für politische Bildung bietet eine Studienreise für Nachwuchsjournalistinnen und -journalisten im Frühjahr 2014 nach Israel an. Thema: „Medien und demokratische Gesellschaft in Israel“. Und das vom 10. bis 22. Mai 2014: „In Begegnungen mit israelischen Journalisten/-innen und deutschen Korrespondenten/-innen lernen die Teilnehmenden die israelische Medienlandschaft sowie ihre Rolle in der israelischen Demokratie kennen und tauschen sich über deutsch-israelische Medienbilder aus. Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach der Rolle der Medien- hier wie dort – in der Berichterstattung über den israelisch-palästinensischen Konflikt.“ Weitere Informationen und Bewerbungsmöglichkeit hier.

 

STIPENDIEN UND PREISE

Das Deutsche Institut für Menschenrechte schreibt ein Recherche-Stipendium zum Thema „Zugang zum Recht in Deutschland“ aus: „Das Institut will mit der Vergabe des Stipendiums Journalistinnen und Journalisten anregen, das Thema aus menschenrechtlicher Perspektive zu bearbeiten. Prämiert werden herausragende Recherche-Konzepte für journalistische Beiträge.“ Vergeben werden in den Sparten Print, Online und Hörfunk Stipendien in Höhe von je 1500 Euro. Die Bewerbungsfrist endet am 1. März 2014.

Und noch ein Stipendium, diesmal geht es nach China, denn: „Das International Media Center und die Robert Bosch Stiftung vergeben dreimonatige China-Stipendien an deutsche Journalisten. Erfolgreiche Bewerber reisen vom 15. September bis 13. Dezember 2014 ins Reich der Mitte. In Peking absolvieren sie ein medien- und landeskundliches Kurzstudium an der renommierten Tsinghua Universität sowie mehrwöchige Hospitationen in führenden chinesischen Medienunternehmen. Ausflüge, Gastvorträge und eine Exkursion in andere Provinzen vertiefen die Erfahrungen.“ Das Stipendium umfasst die Reisekosten, die Studiengebühren sowie ein monatliches Stipendiengeld in Höhe von 1200 Euro. Chinesisch-Kenntnisse schaden nicht, sind aber keinesfalls eine Voraussetzung. Bewerbungsschluss ist der 15. März.

Und wer zu Hause jemand Jugendliches sitzen haben sollte oder jemand aus dieser obskuren Altersklasse kennt, der oder die „irgendwas mit Medien machen will“, kann diesen Tipp weitergeben: Die Nationale Initiative Printmedien, zu der auch die Bundeszentrale für politische Bildung gehört, veranstaltet einen Wettbewerb für jugendliche Medienmacher. Zu gewinnen gibt es Reisen nach Berlin, Besichtigung des Bundestages inklusive. Jugendgruppen bis Schulklassen sollten sich bei Interesse bis zum 2. Mai bewerben.

Fehlen noch die Fachjournalisten, um die sich der Karl Theodor Vogel Preis kümmert, der für den entsprechenden „Fachjournalisten des Jahres“ drei Preise in Höhe von insgesamt 15 000 Euro bereit stellt. Denn: „Redaktionelle Qualität wird immer wichtiger und ist ein Kernwert für Fachmedien. Besonders in Zeiten eines medialen Umbruchs, wie er gerade vonstatten geht, ist exzellenter Fachjournalismus ein entscheidendes Kriterium.“ Wer wollte dem ernsthaft widersprechen?!

So. Das war es schon wieder. Wir drehen zum Schluss die Heizung ein wenig höher, wollen wir es doch ein wenig kuschelig haben, und wollen Sie noch an Eines erinnern: Bis zum 31. Januar die Meldungen an die VG Wort abgeben! Ach, das haben Sie schon erledigt? Prima! 

Ihre
Freischreiber

PS: Den grandiosen Film über den "Speed" unserer Tage von Florian Opitz gibt es gerade wieder bei arte.tv zu sehen. Wer sich selbst immer fragt, wo denn die ganze Zeit immer so hin geht, sollte ihn sich auf jeden Fall ansehen!

FREISCHREIBER TERMINE

 

BERLIN

Die zweifache Grimme-Preis-Trägerin und Drehbuchautorin Dorothee Schön ist am Mittwoch, 5. Februar, um 19.30 Uhr zu Gast bei den Berliner Freischreibern und wird vom Arbeitsalltag in ihrer Branche erzählen. Mehr dazu hier, Anmeldungen bitte an gemma.poerzgen-at-gmx.net.

 

HAMBURG

Am 27. Januar sind die Hamburger Freischreiber zu Gast bei „Ashoka“, einem Netzwerk, das Sozialunternehmertum fördert. Treffpunkt: 19.30 Uhr im Social Impact Lap (Pastorenstr. 16-18). Mehr dazu hier, Anmeldung bitte an bjoern.erichsen-at-gmail.com.

LEIPZIG

Zum ersten Treffen der Freischreiber in Leipzig mit Kennenlernen und Planen lädt jan.schilling-at-summedia.de am 29. Januar um 20 Uhr. Bei der Anmeldung erfährt man dann auch den Ort des Treffens.