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[Der :Freischreiber-Newsletter]

vom 18.07.2014

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gauchoretter!
 
Gesehn? Ein Treffer reicht, um so deutsch so geliebt oder geschasst zu werden… Was uns aber viel mehr reizt, sind Aufbruch! Stimmung! Teamgeist! Das geht nämlich gerade, auch Auch bei uns Journalisten. So wie es vor vier Jahren schon auf unserem
Zukunftskongress aufblitzte – „das Ziel war“, erinnert Freischreiber-Mitgründer Kai Schächtele auf dem torial-blog, „den freien Journalisten klar zu machen, dass sie sich zu Unternehmern in eigener Sache umerziehen müssen und sich nicht länger nur als nicht-angestellte Journalisten begreifen sollten.“ Es folgt eine Reflexion in eigener Sache, die Rückschau auf das Projekt brafus2014: „Was das tatsächlich bedeutet, haben wir in den Wochen nach unserer Absage sehr konkret erlebt. Plötzlich waren wir gezwungen, tatsächlich unternehmerisch zu agieren. Das bedeutete: mögliche Sponsoren ansprechen. Sinnvolle Antworten finden auf die Frage, was die von einer Kooperation hätten. Rückschläge verkraften. Nicht nervös werden, wenn das Konto immer leerer wird. Und am wichtigsten: nie die innere Überzeugung verlieren…. Aus der unternehmerischen Erkenntnis als Brafuser pingt er die Verlage an: „Was wäre im Journalismus alles möglich, wenn es gelänge, die Investitions- und Risikobereitschaft von kleinen Satelliten wie unserem mit den Infrastrukturen eines Mutterschiffs zu verbinden? … Es ist ja nicht so, dass dies nicht schon passierte. Projekte wie dieses zeigen, dass man hierzulande nicht mehr „Snowfall“ rufen muss, wenn man auf wegweisende Projekte verweisen möchte. Projekte wie unseres oder das Beispiel der Krautreporter belegen aber andererseits, dass Verlage für innovative Projekte nicht mehr zwingend gebraucht werden. Es geht auch ohne sie. Besser aber wäre mit. Für die Verlage, für die Journalisten und damit letztlich für die Zukunft des Journalismus. Wir sind nicht die einzigen, die daran mitarbeiten wollen. Aber wir Unternehmer in eigener Sache brauchen dann auch ein Signal, dass es den Verlagen genauso ernst ist wie uns."
 
Mehr? Frauen? Guckt hier: die Multimedia-Reporterinnen Lisa Altmeier und Steffi Fetz, ja die mit dem Projekt crowdspondent, haben gerade ihr erstes Video online gestellt. Dort sieht man sie bei ihrer Recherche auf Helgoland zum Thema Plastikmüll. Ihre Auftraggeber (die Zuschauer/Leser/Hörerschaft) wollten, dass sie fragen Wo landet unser Müll? Lisa und Steffi wussten: Zum Beispiel in den Bäuchen von Fischen. Und fuhren auf die Insel, wo der Biologe Christoph Rummel genau das erforscht. Steffi schneidet mit ihm einen Fischmagen auf. Hier.  Eine andere mutige Gründung ist Edition F von Susann Hoffmann und Nora-Vanessa Wohlert. Sie wollten einen „Ort für Meinungen und Debatten rund um Wirtschaft, Politik, Karriere und Gesellschaft aus weiblicher Perspektive, um sie gemeinsam mit Frauen und Männern zu diskutieren.“ Weil sie bei ihrer Recherche zu diesen Themen zu wenig Frauen, zu viel Stereotypen oder einfach nur pink sahen. Seit ein paar Tagen jetzt sind alle Inhalte online, denn das Ganze will brandeinsen, Portal werden, sich von Brigitte abheben. Wohin die Reise genau gehen soll? Hier: klick.   Auch den Frankfurter Presseclub hat die Aufbruchbrise gestreift – und sie hat ihn zu einem ganzen Heft zum Thema neuer Journalismus inspiriert. „Junge Journalisten sind die Hoffnungsträger einer Branche im Umbruch – doch sie müssen ihre Chancen in die eigene Hand nehmen“, schreiben die Herausgeber. Und stellen besonders gelungene Beispielen vor. Darunter das Online Kultur-Mag Faustkultur, an dem Freischreiberin Andrea Pollmeier beteiligt ist.Der Link: zum Blättern

Noch mehr? In Sachen Tiefenrecherche vielleicht? Voilá: Correctiv.  Sorry, aber hier dürfen nur „die Harten“ rein, sagen die Gründer. Gemeinnützig, investigativ und ohne Verlag will das Rechercheteam „Correctiv“ arbeiten. Eine Stiftung unterstützt das mit drei Millionen Euro. Mehr in Daniel Bouhs‘ lesenswerten Artikel in der taz: „Der Journalismus ist – neben den Unternehmensberatern – vielleicht die einzige Zunft, in der Selbstausbeutung für viele noch das Ideal ist. Und er nimmt sich auch mindestens genauso wichtig. Gleichzeitig birgt Correctiv aber das Potenzial, schnell unverzichtbar zu werden. … (Daniel) Schraven erklärt, seine Leute sollten vor allem strukturelle Missstände aufarbeiten. ‚Um das klarzumachen: Wir wollen nicht der Fünfte sein, der die Snowden-Affäre aufdeckt, wir wollen die Ersten sein, die Strukturprobleme bei Sparkassen aufklären.‘ … Eine große Besonderheit von Correctiv ist, dass der Verein gemeinnützig ist – Neuland für den Journalismus in Deutschland. Das klappte wiederum nur, weil sich der Verein neben seinen Recherchen auch der Bildungsarbeit verschrieben hat: Er wird Seminare geben und will Mitgliedern dabei helfen, Informationen aus den Aktenschränken der Behörden und Ministerien zu befreien.“ Und jetzt alle: „ Bei der Veröffentlichung setzt Schraven auf einen Trend: journalistische Allianzen. Für jedes Projekt soll es neue Partner geben, alle könnten mal dabei sein. Schraven selbst hat bei seiner letzten großen Geschichte zur Mafia in Deutschland mit dem WDR und dem Spiegel kooperiert. Am Ende stellt Correctiv seine Berichte aber auch frei ins Netz, mit Zusatzmaterial für Mitglieder, darunter minutiöse Protokolle der Recherchen. Schraven sucht für all das also Mitarbeiter. Die ersten fünf hat er schon gefunden, maximal 20 sollen es werden. ‚Alles andere wäre nicht beherrschbar.‘ Sie müssen nun liefern. Immerhin haben sie selbst die Erwartungen sehr hoch gesetzt.“
 
Alles Projekte, die vom Dialog leben – aber, hey, shit&storm, das klappt ja nicht immer. Geradezu stürmisch geht es deswegen derzeit beim Thema Leserkommentare zu. Zum Thema Freie Rede, Tage unter Trollen und diskussionstötenden Leserhassbriefen, die bundesweit die Redaktionen erschüttern, schreiben Andrea Diener in der FAZ und Stefan Superhoodi Plöchinger auf seinem tumblr. Den Emotionen gemäß ziemlich ausführlich. Plöchinger hat dabei auch als Fester Ideen für Neues und verweist auf diesen nett-nachdenklichen don't-be-an-asshole Webcomic.
 

Dies und Das
 
Recherche is it! Um coole Debatten anstoßen können, braucht man honorierte Zeit –  unter den aktuellen Marktbedingungen sei es allerdings gerade für junge Journalisten oft schwer, aufwendige Recherchen zu finanzieren. Komplexe Themen, abseits der Aktualität, kämen dabei viel zu kurz, findet die Akademie für neuen Journalismus – und schreibt deshalb das Debatare-Recherchestipendium aus: „Für das zweite Quartal 2014 wollen wir mit dem Stipendium exzellenten Nachwuchsjournalisten aus dem deutschsprachigen Raum ermöglichen, ihre Geschichten umzusetzen. Diese werden in unserem Print- und Onlinemagazin Debatare veröffentlicht.“ Bewerben können sich Journalistikstudenten, Jungredakteure und freie Journalisten bis 35 Jahren; noch bis 30.7.2014 (bewerbung@neuer-journalismus.de). Ein Studienabschluss ist nicht erforderlich. Eine journalistische Grundausbildung sollte nachgewiesen werden. Zur Bewerbungseite hier entlang.

Seminare

die JournalistenAkademie der Friedrich-Ebert-Stiftung veranstaltet im August und September 2014 verschiedene Seminare, darunter:
–  „Berichterstattung mit bewegten Bildern: Einführung in den Videojournalismus“ vom 11. – 15. August 2014 in Hamburg – nähere Informationen und die Möglichkeit sich anzumelden, auf dieser Internetseite.
 – Multimediales Storytelling in neuen Online-Formaten“ am 2., 9., 16., 23. und 30. September 2014. Es geht um Online-, Datenjournalismus, Crowsdsourcing beim Faktencheck, multimediale Zeitleisten, Live-Blogs, Live-Streaming… Nur eine kleine Auswahl an neuen Formaten, die den Journalismus im Digitalzeitalter bereichern. Im Webinar stellen wir an fünf Abenden solche Beispiele vor. Wie funktionieren sie, wie wurden sie geplant, welcher Aufwand steckt dahinter, wie ist die Publikumsresonanz? Mehr: klick.
– „Zeitungsgründen leichtgemacht: Der Weg zur erfolgreichen hyperlokalen Online-Zeitung“ vom 3. – 5. September 2014 in Hamburg – der link ist hier.

Als Abschlusszuckerl ein schönes, besonderes, eigensinniges Projekt, das wir beim Perlentaucher gefunden haben:  Die Schriftstellerin Sarah Stricker schreibt für die Jüdische Allgemeine ein Tagebuch. In der letzten Zeit sammelten sie Erlebnisse zwischen Fußball-WM und Raketenbeschuss in Tel Aviv, etwa diese: „Bei Alarm sieht es so aus: "Ich laufe die Treppe runter in den Bunker. Auf den dreckigen Gartenstühlen sitzen schon ein paar Nachbarn. Ob ich vielleicht ein Foto machen dürfte, frage ich, ich bräuchte ein paar Bilder für das Tagebuch, das ich gerade für eine deutsche Zeitung schreibe. Hm, jetzt gerade sei schlecht, sagt eine junge Frau, ihr Haar, und sie habe noch kein Make-Up drauf. 'Wenn es heute Abend noch mal Alarm gibt, gerne!'"

Noch? Bleibt innig eigensinnig!
Eure Freischreiber
 

FREISCHREIBER TERMINE
 
Berlin
Freifunker:  bei Agnes Steinbauer gibt es einen Workshop zu Audio-Equipment am 18. Juli um 19 Uhr. denn : Gute Aufnahmen erfordern eine gute Hand – und die richtige Ausrüstung.
Will ich Atmos aufnehmen oder ein Gespräch führen? Wann ist ein gerichtetes Mikrofon sinnvoll, wann ein Kugelmikrofon? Warum sollte in keiner Ausrüstung ein dynamisches Mikrofon fehlen? Um diese Fragen geht es im nächsten Freifunker-Workshop in Berlin. Der Kollege Thilo Schmidt wird über seine Erfahrungen mit Audio-Technik (Aufnahmegeräte und Mikrofone) berichten und Tonbeispiele mitbringen. Vorgestellt werden auch verschiedene Stereo-Aufnahmeverfahren (XY, ORTF, AB, OKM). Bringt gerne Eure Ausrüstung mit. Der Workshop findet bei Agnes Steinbauer statt. Anmeldungen unter agnes.steinbauer – at – gmx.de
 
Beim nächsten Berliner Regionaltreffen am Dienstag, 22. Juli um 19.30 Uhr kommt der Krautreporter Frederik Fischer an Gemmas Wohnzimmertafel. Er wird uns berichten, wie er selbst den Endspurt erlebt hat, welche „Geschichten hinter den Nachrichten“ nun erzählt werden sollen und wie es weiter geht mit dem Online-Journalismus a la Krautreporter. Frederik Fischer ist freier Journalist und Gründer von „Tame“, einem Berliner Unternehmen, das versucht, die Informationsflut in den sozialen Medien zu bändigen (tame.it). Vorstandsmitglied Carola Dorner ist auch da und bringt uns auf den neuesten Stand der Freischreiber-Aktivitäten. Anmeldungen bitte an: gemma.poerzgen-at-gmx.net
 
Hamburg
 Der nächste Stammtisch wie gewohnt am letzten Montag des Monats: 28. Juli. Ob wir uns um 19.30 Uhr im „Oberstübchen“, St. Pauli Fischmarkt 27 (über dem Pudelclub, NICHT am eigentlichen Fischmarkt!!).
Wir wollen gemütlich zusammensitzen, plaudern und Pläne schmieden, nach Möglichkeit auch draußen, wenn es das Wetter so schön bleibt. Zu Gast haben wir den Kollegen Jan Strozyk, der als Teil des Teams Netzwerk Recherche investigativ zur NSA-Spitzelaffäre recherchiert und u.a. mitaufgedeckt hat, wie die USA ihren "Krieg gegen den Terror" von Deutschland aus führen. Angucken kann man sich das auf geheimerkrieg.de. Bitte kurze Anmeldung an bjoern.erichsen-at-gmail.com
 
Frankfurt
Die Rhein-Mainer netzwerken, plaudern, heißen die Neuen willkommen und feiern den Sommer mit einem netten Wiesenabend am Mainufer (so das Wetter passt , sonst Metropol): Dienstag, 29. Juli ab 19 Uhr, Treffpunkt Filmmuseum Frankfurt – mehr über Sylvia.Meise – ät – t-online.de.