[Der :Freischreiber-Newsletter]
vom 10.04.2018
Liebe Kollegen und Kolleginnen, liebe Freischreiberinnen und Freischreiber,
Freischreiber-Newsletter hat seine Handyhülle verbummelt. Eben war sie noch da, nun ist sie verschwunden und bisher nicht wieder aufgetaucht. Sie ist schwarz, und auf der einen Seite ist ein Muster aus ineinanderfließenden Rhomben aufgedruckt, das eine Anmutung von Dynamik erzeugt, wenn man diese Seite schräg gegen das Licht hält.
Das Problem: In der Handyhülle fürs Handy ist noch ein extra Fach, da steckt die Nahverkehrsmonatskarte drinne, damit Freischreiber-Newsletter sie immer zur Hand hat. Und wenn es nun morgens per Bus und Bahn ins Büro gehen soll … Nee, Schwarzfahren kommt nicht infrage. In Hamburg – wo Freischreiber-Newsletter gerade wohnt – gibt es mittlerweile Fahrkartenkontrolleure, die sind wie Hipster oder wie Obdachlose gekleidet. Und zack! – ist man dran.
Jede freie Journalistin und jeder freie Journalist kennt das: Man hat den Kopf voll, es passt nichts mehr rein, aber es muss noch was reingestopft werden. Eine Idee für eine Artikelserie, ein Anruf, der nicht vergessen werden darf, ein Link, den man noch öffnen muss – und noch was und noch was und noch was. Und dann legt man das Handy oder die Handyhülle oder den Autoschlüssel oder den kleinen Schnipsel mit dem persönlichen Passwort für die Umsatzsteuervoranmeldung aus der Hand, legt es kurz (!) irgendwohin – und dann …
Als Festangestellter würde man jetzt einen Tag Urlaub beantragen. Und würde – mit Bezügen und krankenversichert und allem – einen Tag lang seine Handyhülle suchen oder was immer fehlt.
Aber will man festangestellt sein? Mit Chefin* und täglichen Konferenzen, die einem die Zeit stehlen, und schon ruft jemand „Hallo! Kommt jemand mit – mittagessen?“ Nee. Und selbst wenn: Die Handyhülle taucht auch dann nicht wieder auf …
Wachstum
Freischreiber will wachsen. Und das heißt: Mitgliederinnen, Mitgliederinnen, Mitglieder! Die wir gewinnen wollen. Also: eben noch kein Mitglied, nun Mitglied. Und Freischreiber oder Freischreiberin. Eigentlich nicht weiter kompliziert. Nur – warum? Weshalb, wieso? Damit das geklärt werden kann, haben wir die zehn besten Gründe, Mitglied zu werden, aufgelistet: ein Netzwerk aus 700 Mitgliedern, das man nutzen und anzapfen kann … die Freienbibel zum Lesen und Klugwerden … unsere Regionaltreffen … oder auch: unser Freien-Service …
Und weil wir wissen, dass man zuweilen am Ende auch so richtig was Materielles haben möchte, verlosen wir unter allen, die bis zum 31. Mai eintreten, die Verdopplung des letzten Honorars. Maximaler Verdopplungsbeitrag: immerhin 2000 Euro! Also: die haben oder nicht haben …
Freischreiberiges
Freischreiber Clemens Bomsdorf hat sich derweil in Norwegen umgeschaut und darüber ein Buch geschrieben. Nicht nur, aber auch weil die Norwegerinnen als das glücklichste Volk der Welt gelten. Was nicht ganz unwesentlich daran liegt, dass sie pickepackedicke reich sind. Aber so richtig reich! „Pro Kopf haben die Norweger 160 000 Euro angespart. Dahin sollten wir Freiberufler auch kommen, um die dünnen Versorgungsleistungen ergänzen zu können. Mit dem norwegischen Ansatz kann das bei regelmäßigem Sparen und Investieren ohne großen zeitlichen und finanziellen Aufwand gelingen, und das auch noch ethisch korrekt. Wie das jeder Kleinanleger erreichen kann und wie der Ölfonds es über 20 Jahre geschafft hat, den Dax zu schlagen und dabei weniger Risiko einzugehen, steht in ,So werden Sie reich wie Norwegen‘“, schreibt uns Clemens Bomsdorf. Und nun kommt’s, denn der Clemens legt vor: Wer sich innerhalb von drei Tagen nach Verschickung dieses Newsletters unter norwegen-at-reichwie.de meldet, nimmt an der Verlosung eines von drei Exemplaren teil!
Überall in Redaktionen sitzen große Männer, die entsprechend große Gedanken haben. Also – so richtig große! Und so hat sich Freischreiber Frank Keil den neuesten (kalkulierten) Wutausbruch von ZEIT-Redakteur Jens Jensen vorgenommen, der im Zuge von #MeToo den totalen Feminismus heraufziehen sieht, so dass die kleinen Männern hoffnungslos unter die Räder kommen. Und beschreibt wie es zuweilen kommt, dass man sich so mit Schmackes verrennt: „Da hat man seiner Redaktion eine heiße Geschichte versprochen, mit einer 1A-Fallhöhe garniert, tippt sich in Rage. Absatz für Absatz schreibt sich fast wie von alleine, alles passt, nichts liegt einem quer, eine knackige Überschrift liegt längst in 24er-Schrift-Fett vor und gibt das Tempo vor. Und man legt noch eine Schippe drauf, schmiedet ironische Sprachfiguren hart, findet Belege für das Behauptete noch und noch – und so vergeht der Tag. Am nächsten Tag dann, bei Tageslicht, sieht alles schon ein wenig anders aus: irgendwie nüchterner, unschärfer, grauer, weit weniger dramatisch jedenfalls, als man es in Erinnerung hat. Und hier und da stimmt die Argumentation nicht so ganz, Wiederholungen haben sich eingeschlichen, die eigene, innere Stimme zupft einem am Ohr und sagt: Mach‘ mal halblang, Alter!“
Verwandtes
Freischreiberinnen, die schon etwas länger mit an Bord sind, werden sich bestimmt an Freischreibers erste Geschäftsführerin erinnern: Barbara Heine. Sie hat uns damals auf den ersten Wegen in die notwendige Professionalität begleitet und immer dann, wenn wir leichtfüßig dachten, „ach, irgendwie wird das dann schon gehen“ (die Tagung, die Presseerklärung, der Flyer), uns sanft beigebracht, dass gute Planung alles ist oder zumindest die Hälfte. Nun hat Barbara Heine zu ihrem Hamburger Büro eine Dependance in Berlin-Kreuzberg aufgemacht und überhaupt ihr Angebot als freie (!) Kulturmanagerin noch mal erweitert. Wir wünschen gutes Gelingen und empfehlen einen Gang auf ihre aufgefrischte Homepage.
Dies & das
Man dachte schon, er ist wieder verschwunden, ist abgetaucht: der konstruktive Journalismus. Eine Art Geheimwaffe gegen schlechte Nachrichten und damit schlechte Laune und mehr noch gegen sinkende Verkaufszahlen und niedrige Einschaltquoten und was es noch so Negatives gibt.
Aber wie das so ist, plötzlich ist der KJ wieder in vielen Mündern. Für die Taz hat sich René Martens umgeschaut, was in der konstruktiven Szene so los ist, besonders im Fernsehen: „Zu den Themen, die beliebt sind im konstruktiven Journalismus, gehören Maßnahmen gegen den Bevölkerungsschwund auf dem Land, für Regionalzeitungen drängen sie sich geradezu auf. In der Plan-B-Reportage ,Landlust statt Landfrust – Wie sich Dörfer neu erfinden‘ berichtet das ZDF über crashkursartige Workshops im französischen Cantal, die mit dem urbanen Leben fremdelnde Städter animieren sollen, sich eine neue Existenz auf dem Land aufzubauen. Leider ist dieser Plan-B-Film – bei anderen ist das ähnlich – derart mit Gute-Laune-Musik zugekleistert, dass man beim Zuschauen zeitweilig von destruktiven Gefühlen übermannt wird.“
Der Deutschlandfunk hat dem KJ neulich eine ganze Sendung gewidmet und dabei besonders das Projekt „Perspective Daily“ beleuchtet: „Dabei geht es nicht darum, nur Positives zu berichten“, sagt Gründerin Maren Urner. Es gehe vielmehr um das Lösungsorientierte. „Also es geht beim Konstruktiven nicht darum, dass am Ende immer eine oder zwei oder x konkrete Lösungen vorgestellt werden. Es kann sein, dass es bei einigen Problemen oder Herausforderungen keine oder mehrere konkrete Lösungen gibt, die wir dann miteinander vergleichen, und das machen natürlich auch andere Medien. Also das heißt nicht, dass wir das jetzt erfunden haben oder die Einzigen sind, die das machen. Wir machen das halt immer.“
Eher nicht so konstruktiv findet Freischreiberin Kathrin Hartmann den KJ und sagte in besagter Sendung: „Es kriegt eine Schieflage, wenn wir plötzlich ‚Konstruktiven Journalismus‘ haben, der einfache Lösungen für komplexe Probleme vorschlägt. Das kann gesellschaftliches Ungleichgewicht oder die Probleme möglicherweise sogar noch verstärken.“ Die Debatte geht also weiter.
Seminare, Preise & Ausschreibungen
Und da lassen wir man kurz raushängen, warum es sich immer wieder lohnt, Mitglied bei Freischreiber zu werden: Denn bei folgendem Seminar bekommen Freischreiber und Freischreiberinnen – Rabatt. Das Thema: „Auslands-Reporter/Reporterin – Wie Sie im Ausland exzellentes Material für eine packende Reportage recherchieren.“ Schwerpunkte des Intensiv-Workshops unter anderem: Arbeit mit Fixern, Fahrern, Übersetzern; interkulturelle Kommunikation & Kompetenz, Arbeit in Kriegs- und Krisengebieten. Veranstalterin ist die Reporter-Akademie Berlin, Referent ist Michael Obert. Termin: 9. und 10. Mai. Und Freischreiber bekommen zusätzlich zum Frühbucherrabatt 15 Prozent Ermäßigung.
PUNKT nennt sich ein Journalistenpreis, der für Beiträge vergeben wird, die „Technik fundiert, verständlich, kreativ und kritisch auf den Punkt bringen und damit eine offene und differenzierte Diskussion über Technik fördern“. Zugelassen sind Autorinnen, Autoren und Teams. Im Topf liegen 5000 Euro. Einsendeschluss ist der 24. April. Mehr findet sich hier.
Außerdem sucht die Deutsche Telekom Stiftung ab sofort Journalistinnen und Journalisten, „denen es in den zurückliegenden zwölf Monaten besonders gut gelungen ist, komplexe Bildungsthemen in ihren Medien verständlich und interessant aufzubereiten.“ Und weiter: „Der Medienpreis Bildungsjournalismus“ wird in den Hauptkategorien „Text“ sowie „Audio/Video/Multimedia“ verliehen. Ausgezeichnet werden journalistische Stücke, die sich „auf herausragende Weise mit Aspekten der Bildungspolitik, der Bildungspraxis oder auch der Bildungskritik beschäftigen“. Vergeben werden können insgesamt 29 000 Euro. Nicht uninteressant: Gesucht werden auch zwei Preise in der Kategorie „Kurzbeitrag“.
Und dann schweift der Blick noch nach Österreich: „Manche müssen in sie, manche wollen in sie – in die Freiheit als journalistischer Einzelkämpfer. Erfahren Sie, wie Sie sich dabei selbst als Produkt in Verlagen, Unternehmen, Akademien positionieren. Und wie Sie eine eigene Medienmarke starten, die dabei hilft, sich mit einem journalistischen Markenzeichen zu versehen.“ So lautet das Intro für das Seminar „Überleben als Selbstständige/r“ vom Kuratorium für Journalistenausbildung mit Sitz in Wien. Das Ziel der Veranstaltung, die Anfang Mai startet: „Der dreiteilige Intensiv-Workshop will dabei unterstützen, als Ich-Start-up zu reüssieren.“
So. Das war’s schon wieder. Jedenfalls fast. Freischreiber-Newsletter bestellt sich jetzt das neue NZZ-Folio. Weil sich das nämlich einem besonderen, Freischreiber-affinen Thema widmet: „Wie viel sind Sie wert?“ Es geht ums Geldverdienen und Bezahltwerden und wer da gut wegkommt und wer die Arschkarte zieht und was man dann macht. Von einem Tipp, der da verhandelt wird, haben wir schon gehört und geben ihn gleich weiter: niemals Gehalts- oder Honorarverhandlungen im Sitzen führen. Sondern im Stehen!
In diesem Sinne und von nun an immer aufrecht stehend
Ihre
:Freischreiber und :Freischreiberinnen
*Inspiriert vom Schweizer Projekt „R“ benutzen wir mit Absicht mal die weibliche, mal die männliche „Form“ …
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