[Der :Freischreiber-Newsletter]

vom 22.09.2017

Liebe Freischreiberinnen und Freischreiber,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
 
Sie haben es vielleicht schon gehört: Die altehrwürdige Süddeutsche Zeitung zwingt ihre freien Autorinnen und Autoren, Knebelverträge zu unterschreiben. Darin steht u.a., dass der Verlag sämtliche Texte an den Schweizer Tagesanzeiger weiterverkaufen darf – ohne dass Autoren dafür auch nur einen Cent sehen. Im Frühjahr haben die Freischreiber der Süddeutschen Zeitung deshalb bereits den Höllepreis verliehen.
 
Da die Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung – auch auf wiederholte Anfragen unsererseits – keinen Gesprächsbedarf erkennen konnte und auch zu keinem Gespräch bereit war, trugen wir am 15. September den Höllepreis zu Redaktion der Süddeutschen Zeitung nach München (hier ein paar Impressionen). Zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen von der dju (Verdi) ließen wir außerdem Luftballons in den Himmel steigenals Symbol dafür, dass das Verbreitungssystem der SZ so transparent ist wie eine Ballon- oder Flaschenpost. Die Antwort der Chefredaktion: Schweigen. Unsere Antwort: Wir bleiben dran!
 
Nicht ganz unproblematisch ist auch das Verhältnis zwischen freien Journalisten und dem Verlegerverband BDZV – um es mal diplomatisch auszudrücken. Zuletzt tat sich der BDZV damit hervor, die Gemeinsamen Vergütungsregeln zu kündigen. Zwar hatte Freischreiber diese ohnehin abgelehnt, da wir das vereinbarte Zeilengeld für unterirdisch hielten. Aber immerhin stellten die Vergütungsregeln so etwas wie ein Mindesthonorar für Autoren dar.
 
Über solche Manöver wollten die Verleger bei ihrem jüngsten Kongress freilich nicht so gerne reden. Stattdessen hob BDZV-Präsident Mathias Döpfner den Wert von guter Recherche hervor. Ziemlich zynisch angesichts der Sparkurse, die in vielen Verlagen laufen. Was auf dem Kongress sonst noch alles geschah, berichtet der ehemalige Freischreiber-Vorsitzende Benno Stieber bei Übermedien.
 
Okay, und jetzt mal was Positives.
 
Zumindest etwas positiv. „Ist Journalismus in Deutschland prekär?“, fragt der Soziologie-Student Felix Richter (Uni Jena) in seiner Bachelorarbeit. Richters Fazit: „Abschließend lässt sich sagen, dass es durchaus große Probleme im Journalismus gibt, diese jedoch nicht ganz so gravierend […] sind, dass man den ganzen Berufsstand als prekär charakterisieren könnte.“ Wie gesagt: etwas positiv.
 
 
Freischreiberiges

Weil das Freischreiber-Titelinterview im Medium-Magazin einigen Staub aufgewirbelt hat, gibt es im aktuellen Heft einen Nachklapp zu den Diskussionen, die seither stattgefunden haben. Es geht um den Presseausweis, um harte und weiche Kriterien und außerdem haben sich Freischreiber-Vorsitzende Carola Dorner und der DJV-Vorsitzende Frank Überall getroffen. Mehr dazu im Medium-Magazin ab Seite 30. (Nur zur Erinnerung: Freischreiberinnen und Freischreiber erhalten auf das Abo 25 Prozent Rabatt.)

 
Die Freischreiber-Regionalgruppe Südwest hat sich beim Stammtisch in Karlsruhe mit Tabea Grzeszyk getroffen. Die Gründerin der Vernetzungsplattform Hostwriter erzählte von ihren Erfahrungen im grenzüberschreitenden Journalismus. Auf Hostwriter können sich Journalistinnen und Journalisten in aller Welt kostenlos vernetzen – sei es für gemeinsame Recherchen, für Übersetzungshilfen oder auch nur zum Übernachten, um die Spesen bei Auslandsrecherchen in Grenzen zu halten. Tabeas Tipp: Einfach mal ausprobieren!
 
 
Auszeichnungen
 
Freischreiber Stefan Schomann befasst sich seit fast 20 Jahren mit China. Jetzt wurde er zum Ehrenbürger und Kulturbotschafter des Dorfes Ma Jie ernannt. In dem Dorf kommen jedes Jahr Geschichtenerzähler aus dem ganzen Land zu einem spektakulären (und gigantisch großen) Volkskunstfest zusammen. Schomann hat als erster westlicher Journalist über dieses Festival berichtet. Die Bilder der Feierstunde teilt er auf seiner Homepage.
 
 
Dies und das:
 
Ein Foto ist schnell bei Facebook oder Instagram hochgeladen. Aber was genau dürfen die Plattformen damit eigentlich anstellen? Mit dieser Frage befasst sich Freischreiber-Anwalt Stephan Zimprich (Kanzlei Fieldfisher, Hamburg) in einem Podcast unseres Partnerverbands Freelens. Der 38-minütige Audioclip befasst sich mit Vertragsbedingungen, Verwertungsbefugnissen und Lizenzen. Interessant für alle, die hin und wieder ihre Fotos im Netz hochladen. Also für alle.
 
Apropos Urheber: Wer ab und zu auch für Schweizer Medien schreibt, sollte sich bei der Schweizer Verwertungsgesellschaft ProLitteris registrieren – sozusagen das Pendant zur VG Wort. Beide Verbände kooperieren bei der Ausschüttung. Nur der Aufwand ist bei ProLitteris etwas größer: Dort muss jeder erschienene Artikel (und jedes Foto) einzeln gemeldet werden. Zugegeben, das ist ein bisschen Arbeit. Aber am Ende eben auch ein willkommenes Zubrot.

Noch ein kleiner Blick in die Schweiz: Eva Hirschi geht für die Medienwoche der Frage nach, welche Rolle freie Journalistinnen und Journalisten in den Schweizer Medien spielen. Ihr Ergebnis: Freie sind schlecht bezahlt, aber weiterhin sehr begehrt. Die Langfassung gibt es hier.
 
 
Stipendien zu vergeben!
 
Das Stipendienprogramm „Globale Gesundheit“ des European Journalism Centre (EJC) will innovative Reportagen zum Thema Globale Gesundheit in Entwicklungsländern ermöglichen. Die Stipendien haben einen Wert von je 10.000 Euro (nein, da ist keine Null zu viel). Freie Journalistinnen und Journalisten können sich noch bis zum 27. September bewerben.
 
Die Reporter-Akademie Berlin vergibt gemeinsam mit ihren Partnern acht Stipendien im Wert von rund je 1.000 Euro an Journalistinnen und Journalisten bis zum Alter von 33 Jahren.  Die Stipendien umfassen die Teilnahme an den Intensiv-Workshops „Masterclass Reportage“ und „Gut leben als Freie/r“. Sie werden von der deutschen Reporter-Legende
Michael Obert geleitet. Bewerbungen sind noch bis zum 10. Oktober möglich.
 
Termine:
 
Morgen, am Samstag, 23. September, treffen sich die Freischreiber zur Vorstandssitzung in Frankfurt. Um möglichst vielen Mitgliedern einen Einblick in unsere Arbeit zu geben, werden wir die Sitzung, wie bereits angekündigt, für interessierte Mitglieder am Nachmittag öffnen. Anmeldung und Infos unter kontakt [at] freischreiber.de
 
Der erste Hamburger Stammtisch nach der Sommerpause widmet sich ganz unserem Kernthema: dem freien Journalismus. Dazu wollen wir gerne die Riffreporter vorstellen. Die Riffreporter sind ein Zusammenschluss freier Journalistinnen und Journalisten, sie bieten eine Multimedia-Plattform für Qualitätsjournalismus jenseits etablierter Verlage. Wie genau das funktioniert, erfahren Freischreiber beim Stammtisch am 25. September von Tanja Krämer, Freischreiberin und Riffreporterin aus Bremen. 
 
Am Samstag, 7. Oktober, startet der Freischreiber-Südwest-Tag. Dabei laden die Regionalgruppen Rhein-Neckar, Südwest und Rhein-Main/Frankfurt zum gemeinsamen Stammtisch nach Karlsruhe ein. Bei guten Gesprächen und guter Laune soll es nicht bleiben. Die Steuerjournalistin, Autorin und Moderatorin Constanze Elter gibt einen Workshop rund ums Thema „Verhandlung und Akquise“. Los geht es ab 11 Uhr an der Hochschule für Gestaltung. Und das Beste: Die Veranstaltung steht auch (Noch-)Nicht-Freischreibern kostenlos offen. Anmeldung bis 1. Oktober unter orag-rhein-neckar [ät] freischreiber.de
 
Journalisten als Marke
: Die Berliner Freischreiber treffen sich am Montag, 9. Oktober, um 19:30 Uhr im Wirtshaus Hasenheide (Hasenheide 18) und gehen der Frage nach, was das überhaupt ist, eine Marke? Und ob man als freie Journalistin oder als freier Journalist zu einer werden muss, um am Markt zu bestehen. Als Gäste sind dabei: die Agentur FLMH, die sich auf politische und gesellschaftliche Kommunikation spezialisiert hat. Und Daniel Bouhs, freier Journalist, mit einem Schwerpunkt auf die Themen Medien, Digitales und Netz.

 
In diesem Sinne: Frohes Schaffen und eine gute Zeit!

Ihre
:Freischreiberinnen und :Freischreiber!