Dies und Das
Nach so viel Jubel wird einen die Depressionsstatistik der medizinischen Universität von Cincinnati nicht runterziehen können, von der die „Wiwo“ berichtete: Die Auswertung einer Befragung von etwa 215.000 erwerbstätigen Erwachsenen im US-Bundesstaat Pennsylvania ergab demnach, dass Journalisten unter den Top-10 der Depressions-Jobs einen Top-Platz haben. 12,4 % der Pennsylvania-KollegInnen sollen mit Depressionen zu kämpfen haben. Noch gefährdeter (15 %) seien Immobilienmakler. Der dazu zitierte Forscher und Psychiater Lawson Wulsin findet, das liege auf der Hand: „Real Estate Broker“ bewegen zwar Grundstücke, Häuser und große Summen – aber viel zu selten sich selber. Und das sei Teil des Problems. Die Forscher sehen einen Zusammenhang von körperlicher Arbeit und der Depressionsstatistik: Berufstätige, die sich physisch stark anstrengen, wie Minenarbeiter oder Bauarbeiter, seien deutlich weniger gefährdet als andere.
Sie sind keine Maklerin, sondern Journalist und depressionsgefährdet? Und warum? Zu wenig Bewegung oder zu wenig Verdienst? Gehen Sie in die Wirtschaft. Nein, wir reden nicht vom Tresen… Die Kölner Kollegin Bettina Blass weist den Weg. Sie kann das Gejammer von Unterbezahlung nicht mehr hören, schnaubt sie auf ihrem Blog „Wirtschaft-verstehen.de“. Das Gejammere schade nur dem Image der Branche. Am Geld sollte es eh nicht scheitern findet sie, denn mit Verbraucherjournalismus etwa lasse es sich ebenso gut leben wie bei Wirtschaftsprüfers (Controllers) zuhause. Wie? Hier verrät sie vier Geheimnisse fürs prall gefüllte Portemonnaie.
Sie macht laut eigener Aussage übrigens ihr Geld zu 83 % im Netz – dazu passt diese schöne Zahl, die der Kollege Peter Turi aus dem Netz gefischt hat: In den ersten drei Monaten von 2014 wurden in den USA 11,6 Mrd Dollar mit Online-Werbung umgesetzt, so ein Branchen Report. Das seien stolze 19 % mehr als im Vorjahr – mithin ein neuer Rekord. Hier mehr.
Alle denken über den Online-Journalismus nach, und die Kraut hat damit sogar „Zeit-Online" angeschubst: Ganz selbstkritisch heißt es dort zum Krautreporter-Erfolg am 13.6. „…sie haben recht, wenn sie sich selbstbewusst als Autoren in Szene setzen und wenn sie ihre Leser als gleichberechtigte Gegenüber betrachten, mit denen sie ein Geschäft machen wollen. Wir in den Redaktionen wissen natürlich auch, dass es nicht unendlich viele gute Autoren und nicht unendlich viele treue Leser gibt… Aber vielleicht nehmen wir vieles als zu selbstverständlich hin. Die Krautreporter haben ihr erstes Ziel erreicht: Sie haben am letzten Tag die nötigen 15.000 Unterstützer bekommen. Ein weit wichtigeres Ziel haben sie aber schon vorher erreicht – sie sind zum Korrektiv für den sogenannten etablierten Journalismus geworden."
Mehr? Während die Krauts erst jetzt anfangen, ist „brafus2014“ schon mittendrin, aber hören wir erst mal Breitband über die WM-Bedingungen. „Breitband“ ist nämlich eine hörenswerte Sendung über Mediengeschichten im Deutschlandradio Kultur. Die letzte setzte sich damit auseinander, wie eigenständig Sportberichterstattung überhaupt noch sein kann – oder wie PR-embedded das Ganze womöglich ist, wenn die monetäre Kontrolle derart massiv ist wie beim WM-Fußball. Verschiedene Kollegen und Thomas Horky, Macromedia-Prof in Hamburg und nach eigenen Angaben ein „Second Screener“ (?!) reden über Bedingungen und Besonderheiten der Fußball-Berichterstattung. Am Ende geht es um Social Media, neue Wege im Journalismus und sowas – und schließlich erzählt Alt-Freischreiber-Vorstand Kai Schächtele vom Brafus2014-Projekt. Davon, wie er zusammen mit Birte Fuchs und Christoph Frey, die Geschichten abseits des Medienrummels sammelt und Menschen begegnet, die für ihre Leben kämpfen und dankbar sind, dass man auch ihnen mal zuhört… Der Prof. nennt es („ohne fies sein zu wollen“) ein „exklusives Minderheitenprogramm“. Wir nennen es Avantgarde. Das Originale lest (und zahlt) ihr hier.
Und natürlich gibt es auch noch Unerschrockene, die Bücher schreiben und vor Publikum lesen. Freischreiberin Ruth Hoffmann etwa oder Meister-Reporterin Marie-Luise Scherer , die angeblich schon mal eine ganze Nacht braucht, um zu entscheiden ob „blau“ oder besser „bläulich“ zu schreiben sei. Die beiden lesen am 21. Juni um 18.00 Uhr Auszüge aus ihren deutsch-deutschen Texten im Zelt an der St. Lukas Kapelle in Konau-Popelau
Marie Luise Scherer aus dem Text "Die Hundegrenze", Ruth Hoffmann aus ihrem neuen Buch "Stasi-Kinder". Hingehen, ihr Leute, die ihr Konau-Popelau am schönen Elbstrom kennt und gar in der Nähe habt. Mehr hier, im Lokalblog Landeszeitung.de.
Hospitanz
Noch bis am 27. Juni 2014 könnt ihr euch für das für "Blick hinter die Kulissen der Politik“ bewerben, das Hospitanzprogramm der Journalistenakademie der Friedrich-Ebert-Stitung bei der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag" vom 1. – 26. September 2014 in Berlin. Bewerbungen mit Motivationsschreiben, Lebenslauf, Foto bis 27. Juni 2014 an Marion Fiedler (Marion.Fiedler-at-fes.de) mehr hier.
Außerdem bietet die FES in Bonn auch die Medien-SommerAkademie für junge Nachwuchsjournalisten an (18 bis ca. 35 Jahre). Alle Informationen zu Inhalten und Anmeldung gibt es hier.
Preise
Das diesjährige Motto des Journalistenpreises der PSD-Bank: „Ist Vertrauen (noch) der Anfang von allem? Das Verhältnis von Verbrauchern und Aufsicht zu den Banken“. Journalistische Berichterstattungen, die solche Veränderungen in der Bank- und Finanzdienstleistungsbranche behandeln, stehen im Zentrum des mit 20.000 Euro dotierten 10. PSD Journalistenpreises.
Für den PSD Journalistenpreis können Artikel aus Printmedien sowie Hörfunk-, Fernseh- und Online-Beiträge eingereicht werden, die zwischen dem 01. Juni 2013 und dem 01. Juni 2014 erschienen oder gesendet worden sind. Das Darstellungsspektrum ist hierbei nicht begrenzt. Einsendeschluss ist der 30. Juni 2014. Weitere Informationen im Pressebereich unter www.psd-bank.de.
Auch der Helmut Schmidt Journalistenpreis (30.000 insgesamt) wird von einer Bank gestiftet für „verbraucherfreundlichen Berichterstattung über Wirtschafts- und Finanzthemen“ (siehe oben). Zur Teilnahme eingeladen sind Journalisten und Autoren, die zwischen dem 1. Juli 2013 und dem 30. Juni 2014 in einem deutschsprachigen Medium einen verbraucherorientierten Beitrag über Wirtschafts- und Finanzthemen veröffentlicht haben. Auch Gemeinschaftsarbeiten, etwa von Projektteams, Ressorts oder Redaktionen, können eingereicht werden. Die Zahl der Einsendungen pro Autor ist auf zwei Beiträge begrenzt. Mehr bei ING-DiBa AG, Dr. Ulrich Ott, Tel. 069 / 27 222 66233, E-Mail: u.ott-at-ing-diba.de
Nichts dabei? Dann vielleicht einfach mal losziehen und Geschichten sammeln, so wie die drei Brafuser oder wie Jessica Schober. Sie wandert gerade wie eine Zimmermannsfrau durch Deutschland und besucht Lokalredaktionen, denn: „Ich habe zwei linke Hände, ich kann nur Schreiben. Mein Material sind die Buchstaben, mein Werkzeug ist das Fragenstellen. Mein Handwerk – den Journalismus – habe ich auf der Deutschen Journalistenschule gelernt. Danach habe ich als freie Reporterin gearbeitet, zum Beispiel für Focus, Süddeutsche Zeitung und Cosmopolitan. Ich habe Politikwissenschaft und Soziologie studiert, wer mehr über mich erfahren will, kann sich gerne www.jessicaschober.de anschauen oder mein Torial-Profil.“ Zu ihrem Projekt hier lang.
Warum sie das macht? Sie will da hin, wo sie mal angefangen hat: nach „Vor Ort“ ins lokale Leben ohne Bratwurstjournalismus und Gefälligkeitgeschreibsel. Bravo, Nein Brafus! Alles Gute für alle bravourfüsigen Wortwalzer!
Eure Freischreiber