Dies und Das
„Puh, da müssen wir nun durch: Mein alter Kumpel David Schraven, inzwischen Chef des von der Brost-Stiftung anschubfinanzierten Recherchebüros CORRECT!V und aktuell erneut Comic-Autor („Weiße Wölfe“, über die Dortmunder Neonazi-Szene), schreibt über die Zukunft des investigativen Journalismus. Sein Fazit am Ende (journalistische Bildung für alle, Gemeinnützigkeit) ist kurz – sein Schreibe- und gleich auch Ihr Lese-Weg dahin ist (und war) lang. Also, setzen Sie Kaffee auf, legen sich Zigaretten oder ein paar Kekse zurecht, die Beine hoch. Und genießen Sie Davids Diskussionsbeitrag zum Überleben der Branche“ – so beherzt werden wir von einem gewissen Karlheinz eingeladen, um über bekanntlich nichts geringeres zu lesen, als die – oh ja – Zukunft des Journalismus. Der – das ist jetzt nicht so überraschend, sitzt David Schraven an der Tastatur – gemeinnützig sein wird: „Geht nur raus aus dem Elfenbeinturm und ermöglicht endlich den gemeinnützigen Journalismus.“
Freischreiber Kai Schächtele wiederum stellt fest: „Wer alt ist und wer nicht, ist in diesen Tagen vor allem eines: eine Frage der Definition.“ Und so nimmt er uns mit auf eine Reise zu neuen medial-technologischen Herausforderungen: „Lernen von den Alten – die Weisheit stammt aus einer Zeit, in der sich die Menschen am Lagerfeuer zusammensetzten, um ihren Großmüttern und Großvätern zuzuhören. Heute ist alles anders. Die Generation der Enkel macht auf Youtube ein Lagerfeuer und 50 000 Leute setzen sich dazu. Und wenn man etwas über das Leben im Netz lernen möchte, fragt man am besten die Jungen. So wie ich, der vor kurzem in der Hamburger Good School einen Talk moderiert hat unter anderem mit zwei Youtube-Stars aus Amsterdam, 18 und 21.“
Was folgt ist eine amüsante Erzählung über den Kommunikationskanal Snapchat: „Snapchat? denkt sich der 40-Jährige Großvater. Mit anderen Worten: ich. Das ist doch die App, die nichts anderes kann als Bilder zu verschicken, die sich nach einer vorher festgelegten Zeit von selbst löschen. Eben nicht, antwortet der 18-jährige Einstein. Die Cinemates kommunizieren mit ihrer Community hauptsächlich über genau diese App. Auf Snapchat halten sie mit ihren Zuschauern Kontakt auf Augenhöhe. Sie posten mit dem im Oktober gelaunchten Feature Stories Fotos von ihren Reisen und machen auf neue Clips aufmerksam. Ihre Inhalte sind 24 Stunden abrufbar, bevor sie von selbst verschwinden. Was Snapchat für sie so attraktiv macht: Sie können ihre Inhalte unabhängig von Algorithmen und der Like- und Share-Ökonomie kuratieren, wie Facebook sie installiert hat. Das macht Snapchat zur idealen Mischung aus WhatsApp und Facebook: Man organisiert sich seine eigene Community, versorgt sie regelmäßig mit Updates und lockt sie damit auf die eigenen Plattformen.“
„Wenn mein Tag beginnt, nehme ich als erstes mein Smartphone in die Hand, scrolle über die letzten Push-Meldungen und filtere die Nachrichten heraus. Die stammen entweder aus klassischen Medien-Apps wie zum Beispiel Guardian oder SZ oder von „Digg Deeper“. Das gehört zu Digg.com und ist ein Dienst, der meine Twitter-Timeline sortiert. Twittern vier bis sieben Leute, denen ich folge, denselben Link, kriege ich den gepusht“, so führt uns der freie Journalist Hakan Tanriverdi in seinen frühen Morgen ein. Hakan Tanriverdi serviert regelmäßig auf Krautreporter das dortige „Medienmenü“, bereitet aus allerlei neuen und neuesten Snaps und Podcasts und Blogs und Tweets und hast-du-nicht-gesehen.
„Viele Texte, auf die ich stoße, speichere ich in Instapaper und lese sie dort. Das funktioniert auch offline und ich kann wichtige Stellen markieren. Wenn ich den Text wichtig finde, taucht er dort auch in meinem öffentlichen Profil auf.“
Und dann plötzlich!: „Ein Medium, durch das ich mich ebenfalls sehr oft informiere und das meist unterschätzt wird, sind Newsletter. Newsletter sind ein tolles Prinzip.“ Na, wer sagt's denn!?“ Und Sie – liebe Leser und Leserin – sind genau diesem Moment aber so was von hot …
Freischreiberin Pauline Tillmann ist im vergangenen Jahr durch die USA getourt. Drei Monate war sie unterwegs, und sie war in New York, in Washington, in Los Angeles und: im Silicon Valley. Immer auf der Suche nach Antworten auf die Fragen: Wie kann sich Journalismus in den kommenden Jahren finanzieren? Was man sich sehr bequem anhören kann.
Und hat dabei offensichtlich jede Menge Mut und Ideenreichtum getankt, ist sie doch jetzt zurückgekommen, um ein neues Projekt zu starten: ein neues Netzwerk für Korrespondentinnen, für das gerade via Crowdfunding Geld gesammelt wird. Zielsumme: 5.000 Euro.
Neben Pauline Tillmann (freie Auslandskorrespondentin in St. Petersburg) sind dabei: Simone Schlindwein (Schwerpunkt Afrika), Sabine Rossi (Schwerpunkt Naher Osten), Veronika Eschbacher (Schwerpunkt u.a. Afghanistan), Sabine Muscat (freie Korrespondentin aus Washington), Luzia Tschirky (Russland und die Ukraine) sowie Jessica Schober, die zuletzt als Wortwalzerin unterwegs war.
„Es soll eine Gemeinschaft entstehen, die Korrespondentinnen sollen sich gegenseitig helfen, sie sollen sich schulen, und die Leserinnen und Leser sollen einbezogen werden. „Ich habe nichts zu verlieren“, sagt Tillmann, „und die Kolleginnen auch nicht. Wir glauben daran. Und vielleicht glauben ja auch andere daran.““
Wir glauben und drücken die Daumen!
Wettbewerbe
„Sind Sie Autorin eines Printbeitrags mit einem unkonventionellen Blick auf die Geschlechterverhältnisse? Wurde (Wird) Ihr Beitrag zwischen März 2013 und März 2015 gedruckt– und haben Sie Ihren 35. Geburtstag noch nicht gefeiert? Wenn ja, dann bewerben Sie sich jetzt!“, schreibt der Journalistinnenbund werbend für seinen „Marlies-Hesse-Nachwuchspreis“ in Höhe von eintausend Euro.
Gesucht werden bemerkenswerte Arbeiten junger Kolleginnen: „Die Beiträge sollen nah an die Lebenswirklichkeit der Menschen heranführen, mit dem Bewusstsein für die unterschiedlichen Lebensmuster und Bedürfnisse von Frauen und Männern. Wie sieht die Realität jenseits traditioneller Geschlechterzuschreibungen aus?
Der Journalistinnenbund fördert die gendergerechte Perspektive, den differenzierten Blick auf Frauen und Männer, Ältere und Junge, auf Menschen verschiedener Hautfarbe, Herkunft und Religion. Hohe journalistische Qualität, eine überzeugende Erzählung und sprachliche Brillanz sind Voraussetzungen für die Auszeichnung. Unkonventionelle Herangehensweise an Textform und Inhalt werden geschätzt.“
So. Das war's mal wieder. Uns bleibt nur nach all den gewohnt vielen Worten mal auf die stets anregende Musik der immer wieder zu empfehlenden Radioreihe „Breitband“ hinzuweisen, die zwischen den Beiträgen immer recht nette Netzmusik anbietet. Wobei uns bei der letzten Sendung der Norweger Kubbi mit seiner merkwürdig-intensiven low-Gameboy-Musik besonders gut gefallen hat … aber auch Hazardous sind nicht schlecht … oder Peex …
In diesem Sinne
Kommen Sie gut durch den Tag, drehen Sie mal kurz die Regler hoch – und schreiben Sie was Schönes!
Ihre Freischreiber