Dies und Das
Florian Treiß erzählt im Gespräch, wie man sich mit dem Besetzen von Nischen ein Profil sichern kann, wie einem Fachdienst für das mobile Internet: „Es war eine absolute Bauchentscheidung. Ich habe gesehen, dass das Thema Mobile innerhalb der Medienbranche immer größer wird – und dann festgestellt, dass es dazu noch keinen passenden Fachdienst gibt. Dann habe ich mobilbranche.de mit nur rund zwei Wochen Vorlauf gegründet.“
Ein Plädoyer für Open Sources hält Kritsanarat Khunkham und fordert einen „Open Journalism“: „Denn Journalismus ist heute viel mehr, als bloß Texte zu schreiben, die dann einfach nur gelesen werden. Damit dieses Mehr passieren kann, sollten Journalisten die Daten und Informationen, die hinter ihren Geschichten stecken, offen zur Verfügung stellen. Es gibt bereits gute Beispiele dafür, wie zuletzt ein Artikel der „New York Times“ über die militärische Aufrüstung der Polizei im Rahmen der Ferguson-Berichterstattung. Zusätzlich zum Text haben die Autoren all ihr Recherchematerial auf der Onlineplattform GitHub hochgeladen, wo es jedermann frei anschauen kann.“
Alexander Pschera sieht in einem lesenswerten Beitrag für das Magazin „Cicero“ eine neue konservative Bewegung des Anti-Digitalen am Werke, zu der er Hans Magnus Enzensberger ebenso zählt, wie den Pfeife rauchenden Günter Grass: „Die Rede ist von der Bewegung des Anti-Digitalen, die sich fast jeden Tag ganzseitig im Feuilleton der FAZ, in den Publikationen einer Miriam Meckel, eines Byung-Chul Han, eines Roland Reuß – um nur die wichtigsten Protagonisten zu nennen – nachlesen lässt. Hier entsteht eine überzogene Theorie der digitalen Verschwörung gegen die Menschheit, die die Saat des Misstrauens verbreitet und die Gesellschaft lähmt. Die Debatte um das Netz ist in eine Phase der kulturellen Endschlacht getreten, in dem es um die nackte Existenz geht. Entsprechend alarmistisch ist diese Debatte, in der sich ein neuer Konservativismus der Unterkomplexität formiert.“
Wie es ausschaut, wenn wiederum die „Faz“ zu einem analogen Podiumsgespräch zum Thema „20 Jahre Online-Journalismus einlädt, ist hier zu sehen. Beachten Sie bitte den futuristischen Deckenbehang, bevor nach der Ouvertüre die Herren und die eine Dame auf dem Podium gezeigt werden! Und die breite Fluchttür im Rücken!!
Freischreiberiges
Empfehlen möchten wir diesmal ein Radio-Feature von Freischreiber Caspar Dohmen: „Der entzauberte Mythos Familienunternehmen – Eine Suche nach der Kraft der verwandtschaftlichen Bande“ auf „Deutschlandradio Kultur“. Das wie folgt eingeführt wird: „Was ist dran am Ruf deutscher Familienunternehmen? Sie stellen sich gerne als tugendhaft und verlässlich dar. Der Mythos besagt, dass die Geschäfte langfristig seien. Feindliche Übernahmen und Gewinnmaximierung passen nicht dazu – sollte man meinen.“
Nachzulesen und selbstverständlich auch nachzuhören, hier.
Neue Blogs
Die einen freuen sich, dass die Welt der sozialen Medien sich komplexer und auch anarchischer agiert, die anderen wollen endlich Ordnung schaffen und setzen auf Übersicht: „Social Media Watchblog“ heißt ein neuer Blog, der das Durcheinander der sozialen Medien beobachtet und dazu ein tägliches Briefing anbietet. Und darum geht’s: „Wir leben in einer Welt voller Infobrocken und Nano-News. Hunderte von Links rutschen durch den News Feed, Tausende von Tweets versenden sich sekündlich. Wir wollen beim Social Media Watchblog Ruhe in das Chaos bringen. Die Idee ist es, die wichtigsten Links des Tages zum Thema Social Media kommentiert zu verlinken – im Blog, im Newsletter, auf Twitter und Facebook. Das war`s.“
Dem heutigen Briefing entnehmen wir etwa den Hinweis auf den sehr spannenden Artikel von Tobias Schwarz, der sich wahlweise bei Publixphere wie auf carta.info findet und die Gefahr von sozialen Netzwerken für den Journalismus thematisiert: „Schon jetzt zeigt Facebook in der Chronik den Nutzern nur ausgewählte Inhalte, vor allem welche von beliebten Medien und was unseren Freunden gefällt. Doch sogar meine Freunde teilen nur Artikel, die ihnen gefallen. Das sind nicht immer die relevantesten, weshalb Artikel nicht nach ihrem Nachrichtenwert produziert werden, sondern nach ihrer Stimmung. Erst am Montag startete die von Amazon-Gründer Jeff Bezos gekaufte „Washington Post „einen neuen Newsletter für ihre Abonnenten: „The Optimist“. Der Name verrät schon, welche Stimmung all diese Artikel haben, die sich um die Themen Zufriedenheit, Kreativität und die Welt verbessernde Menschen drehen. In keinen dieser Themenbereiche würde aber ein Artikel über Angela Merkel passen, Kritik an dem Einfluss von Interessensverbänden auf die Politik, Kriegsberichterstattung oder eine kritische Bewertung der Asylpolitik. Ein auf Likes und Favs fokussierter Journalismus verliert alles, was ihn ausmacht. Und besonders demokratische Gesellschaften verlieren einen Debatten kreierenden Akteur, der systemrelevant ist.“
Kongresse und Treffen anderer Art
In München kündigt sich der „Zündfunk-Netzkongress" an und das am 10. und 11. Oktober im Münchner Volkstheater: „Das Zentrum für Politische Schönheit erklärt seine aggressiven Kunstaktionen. Autorin Zoë Beck hält E-Books für eine große Chance. Und t3n-Redaktionsleiter Luca Caracciolo fragt: Was passiert, wenn die Cloud ausfällt?.“ Außerdem wollen folgende Vortragenden die richtige Fragen stellen: „Frank Rieger vom Chaos Computer Club, Otpor!-Gründer Srdja Popovic, Philipp Ruch vom Zentrum für politische Schönheit, Zoë Beck, Philipp Köster von 11 Freunde, Dirk von Gehlen, Anne Schüßler, Deef Pirmasens und Christian Schiffer, Felix Schwenzel, Ole Reißmann und Hakan Tanriverdi. Danach Party mit Pollyester und Beißpony (?) und Zündfunk-Deejays!“
Mit dabei sind auch „Torial“, „Hostwriter“, die „Krautreporter“ und wir Freischreiber natürlich.
Preise
„Zeitungen und Zeitschriften verlieren Leser – weil die Leser blöder werden oder weil die Journalisten sie langweilen? Waren wir den Ereignissen des Jahres gewachsen, haben wir sie beschreiben können, erklären können, einordnen können? Oder haben wir nur abgebildet, was sowieso jeder sah?“ Das fragt das Reporter-Forum und schreibt aus dieses Jahr seinen Deutschen Reporterpreis aus: „ Mit dem Deutschen Reporterpreis sollen die herausragenden Reportagen, Interviews und Essays des Jahres ausgezeichnet und vorbildliche Texte zur Diskussion gestellt werden.“ Und: „Der Preis ist nicht dotiert, zukünftig wollen wir aus unseren Einnahmen lieber das ReporterLab finanzieren, mit dem neue Formen des Journalismus gefördert und präsentiert werden.“
Für folgende Kategorien kann man sich bewerben: beste politische Reportage, beste Lokalreportage, beste Reportage allgemein, bester Essay, beste Webreportage, Freistil und: bester freier Reporter. Denn: „Immer mehr Reporter arbeiten nicht mehr in Redaktionen, der wirtschaftliche Druck hat viele Zeitungen und Zeitschriften veranlasst, kostenaufwendige journalistische Formen auf Freie auszulagern. Sie tragen nun das Risiko aufwändiger Recherche und akribischer Textarbeit, viele von ihnen können sich Reportagen nicht mehr leisten. Sie wollen wir mit dem Preis für den besten freien Reporter ermuntern, weiter an Texten zu arbeiten, die ihnen wichtig sind, auch wenn sie sich vielleicht nicht mehr rechnen.“
Eingereicht werden können alle deutschsprachigen Texte und Multimedia-Beiträge, die zwischen dem 1. Oktober 2013 und dem 30. September 2014 erschienen sind.
Einsendeschluss ist Mittwoch, 1. Oktober 2014, 12 Uhr. Also via Online.
So. Das war's schon wieder. Jedenfalls fast. Wir haben als Rausschmeißer diesmal eine interessante Multi-Media-Geschichte anzubieten, die zugegeben sehr amerikanisch ist, aber gut zeigt, wohin der Weg auch geht: http://kennedyandoswald.com/#!/premiere-screen. Gefunden, weil von Petra Bernhardt getwittert. Die ihrerseits eine interessante Seite hat, auf der sie sich mit Fotojournalismus und Bildpolitik beschäftigt. Wenn Sie mögen, schauen Sie doch bei beiden vorbei!
In diesem Sinne
Ihre Freischreiber