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Wegen Studienfinanzierung – Hohe Verschuldung bei Absolventen

Maja Schneider aus Herne ist 26 und steckt mitten im Master an der Uni Bochum. Das Studium macht ihr Spaß, aber weil sie den BAföG-Höchstsatz bekommt, wird sie nach der Uni nicht nur einen Lehramts-Abschluss haben, sondern auch mindestens 10.000 Euro Schulden. Damit fühlt sie sich unwohl: "Es ist etwas, was einfach immer hinten irgendwie im Kopf rumgeistert.

Maja Schneider aus Herne ist 26 und steckt mitten im Master an der Uni Bochum. Das Studium macht ihr Spaß, aber weil sie den BAföG-Höchstsatz bekommt, wird sie nach der Uni nicht nur einen Lehramts-Abschluss haben, sondern auch mindestens 10.000 Euro Schulden. Damit fühlt sie sich unwohl:

„Es ist etwas, was einfach immer hinten irgendwie im Kopf rumgeistert. Dass man immer gucken muss: Okay, du kannst nicht so große Sprünge machen, da kommt noch was. Wie so eine immer angezogene Handbremse. So fühlt sich das an.“

Mit ihren Gefühlen ist Maja nicht alleine. Eine noch nicht veröffentlichte Online-Umfrage der Verbraucherzentralen zeigt, dass sich viele Studierende Sorgen machen. Michael Herte, Referent für Finanzdienstleistungen der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, hat die Umfrage konzipiert: „Die Hälfte derjenigen, die mitgemacht haben, hat gesagt: Ja, ich hab Angst davor, wegen der Studienfinanzierung wirtschaftlich nicht Fuß zu fassen.“


Verschuldet wegen Handyvertrag – oder Studienkredit

Auch bei den Schuldnerberatungen sind Verbindlichkeiten aus der Studienfinanzierung ein Thema. Zwar ist der Hauptgrund für Verschuldung bei jungen Menschen ein anderer: Junge Leute leben häufiger über ihre Verhältnisse und haben in zwei Dritteln der Beratungsfälle Schulden bei Telefonanbietern. Aber unter den Anrufern bei den Schuldnerberatungen sind auch immer wieder Menschen, die sich wegen ihrer Studienkredite melden, sagt Franziska Matschke von der Schuldnerhilfe Köln:

„Wenn junge Menschen, mal abgesehen von diesen klassischen Mobilfunkverträgen, verschuldet sind, dann ist eben tatsächlich ein Darlehen für die Ausbildung. Und das Bittere daran ist dann eben, dass man schon bevor man überhaupt eingestiegen ist, eigenes Einkommen zu verdienen, schon hoch überschuldet ist.“

Genaue Zahlen zur Verschuldung durch solche Ausbildungsdarlehen gibt es nicht. Das Bundesverwaltungsamt, das die Rückzahlungen der BAföG-Darlehen managt, führt keine Statistik, wieviele ehemalige Empfänger von BAföG insolvent werden und in wie vielen Fällen ein Aufschub der Rückzahlung beantragt wird. Auch in den Statistiken der Schuldnerhilfe werden Studien- und Abschlusskredite nicht explizit geführt, sie landen aber in der Rubrik „Ratenkredite bei Banken“.

Auch Maja musste zwischenzeitlich einen solchen Kredit aufnehmen, den sie aber aktuell schon zurückzahlt. Denn er soll ihre BAföG-Schulden später nicht zusätzlich erhöhen:

„Im Bachelorstudium hab ich zwei Semester länger gebraucht. Dementsprechend war keine BAföG-Zahlung mehr da. Und dann hab ich halt einen Bildungskredit aufgenommen, weil es ohne halt nicht ging. Und den bin ich aber schon am Abzahlen und die Hälfte hab ich auch ungefähr schon abgezahlt.“

Gute Chancen auf Rückzahlung – nach dem Studium

Dass Studiendarlehen aber ein großes Problem darstellen, bezweifelt Ulrich Müller vom Zentrum für Hochschulentwicklung. Obwohl es deutlich mehr Studierende gibt, zeigten die Zahlen aus dem jährlichen CHE Studienkredit-Test: Die Zahl der Bildungskreditverträge geht zurück. Etwa 100.000 Studierende erhalten aktuell noch monatliche Auszahlungen.

Auch Verbindlichkeiten von mehreren zehntausend Euro hält Müller für lösbar, auch wenn das die Durschnittsschuldenhöhe bei jungen Menschen deutlich übersteigt:

„Es gibt schönere Gefühle – versteh ich absolut. Aber: Man muss auch sagen: Mit dem Berufseinstieg sind die meistens auch sehr gut wieder abtragbar, gerade weil es da sehr kulante Regelungen gibt. Man darf das nicht leichtfertig aufnehmen, so einen Kredit. Aber wenn ein Kredit meine Möglichkeit ist, den Abschluss zu kriegen, dann ist das ’ne super Investition in die eigene Zukunft, wo man sich nicht allzuviele schlaflose Nächte machen sollte.“

Maja fällt das schwer, hat aber als angehende Lehrerin gute Aussichten ihre Schulden zügig zu tilgen. Dafür arbeitet sie, bis zur 450-Euro-Grenze während der Vorlesungszeit und Vollzeit in den Semesterferien. Und ein bisschen Unterstützung, sagt sie, hat sie auch privat, von jemandem, der auch erst kürzlich seine Bildungsschulden losgeworden ist: 

„Ich hab das Glück, dass ich einen unwahrscheinlich lieben Mann habe, der mich da unwahrscheinlich unterstützt, und der jetzt auch Vollzeit arbeitet. Seinen Bildungskredit haben wir gestern vollständig abgezahlt.“

via www.deutschlandfunk.de