Stollenkontrolle
Oberried, gut zehn Kilometer entfernt von Freiburg, ist ein verschlafenes Schwarzwalddörfchen inmitten einer Gegend, die an eine Modelleisenbahnlandschaft erinnert: Serpentinen schlängeln sich durch grasige Hügel an zwei abgeschiedenen Höfen entlang, dann zweigt der Weg sich und endet abrupt vor dem Eingang eines Stollens, der durch ein Gittertor versperrt ist.
Oberried, gut zehn Kilometer entfernt von Freiburg, ist ein verschlafenes Schwarzwalddörfchen inmitten einer Gegend, die an eine Modelleisenbahnlandschaft erinnert: Serpentinen schlängeln sich durch grasige Hügel an zwei abgeschiedenen Höfen entlang, dann zweigt der Weg sich und endet abrupt vor dem Eingang eines Stollens, der durch ein Gittertor versperrt ist. Manch ein Wanderer, der des Weges kommt, wird sich wohl fragen, was sich dahinter verbergen mag. Kein Schild, nur ein kryptisches Symbol gibt einen Hinweis auf den Schatz im Barbarastollen: das dreifach angeordnete blau-weiße Kulturgutschutzzeichen, das für Kulturgut unter Sonderschutz steht. Über dem Gelände besteht Flugverbot, kein Soldat darf ihm zu nahe kommen, kein Militärfahrzeug darf sich in einem Radius von drei Kilometern bewegen – zum Ärger der Bundeswehr vom Standort Freiburg, die hier immer Umwege nehmen muss. Nur der Vatikan und eine gute Handvoll weiterer Orte weltweit gelten als ebenso schützenswert.
Der Stollen ist eine Sicherheitskopie unserer Geschichtsschreibung
Umgeben von dickem Granit und Gneis liegt 400 Meter tief im Inneren des Bergs ein Stück der deutschen Vergangenheit, eingelagert im größten Langzeitarchiv Europas. „Der Stollen ist die Sicherheitskopie unserer Geschichtsschreibung“, sagt Bernhard Preuss und marschiert mit Schutzhelm auf dem Kopf den schnurgeraden Transportstollen entlang. Preuss, eigentlich Biologe und Apotheker, ist so etwas wie der Hüter des heiligen Grals von Oberried. Als Kulturgutschutzbeauftragter beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn ist er zuständig für den Zustand des wertvollen Inhalts: ein Querschnitt durch 1.500 Jahre deutsche Geschichte, Verwaltungsakten und Gesetzestexte, Urkunden und Urteile, alle auf Mikrofilm verewigt. Das Back-up im Fall der Apokalypse. Vorausgesetzt, nach einer Katastrophe würde noch jemand von diesem Bestand wissen oder darauf stoßen.
Der komplette Text:
https://www.fluter.de/historische-dokumente-deutschlands-im-barbarastollen
via www.fluter.de