coverage | Peggy Lohse

Odesa − eine Stadt trotzt dem Krieg

In Odessa liegt der Frühling in der Luft. Es ist Ende Februar, der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine steht bevor. Doch hier rangeln die ersten wärmenden Sonnenstrahlen mit Nieselregen um die Vorherrschaft am Himmel. Solange weder Sirenen noch Schussknallen das geschäftige Treibe...

Die Altstadt der Schwarzmeer-Metropole Odessa ist in die Liste der Unesco-Kulturerbestätten aufgenommen worden. Viele Menschen dort wollen sich vom Krieg nicht verjagen lassen. Ein Ortsbesuch.

In Odessa liegt der Frühling in der Luft. Es ist Ende Februar, der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine steht bevor. Doch hier rangeln die ersten wärmenden Sonnenstrahlen mit Nieselregen um die Vorherrschaft am Himmel. Solange weder Sirenen noch Schussknallen das geschäftige Treiben übertönen, scheint Russlands Angriffskrieg in der Idylle der südukrainischen Hafenmetropole kaum spürbar.

Wenige Tage später, in der Nacht zum 9. März, gehen bei einem Raketenangriff auch Geschosse in Wohngebieten von Odessa sowie in einer Energieanlage der Stadt nieder. Verletzte gab es der Stadtverwaltung zufolge nicht.

Luftalarm gehört zum Alltag

Seit Russland am 24. Februar 2022 die Ukraine überfallen hat, gehören auch hier Luftalarm, Schüsse, Explosionen, Stromausfälle, Fliehende, Verletzte und Tote zum Alltag. Dennoch hat die Unesco-Kommission die Altstadt von Odessa gerade jetzt offiziell in die Liste der Weltkulturerbestätten aufgenommen − inklusive des stadtprägenden Hafenareals, das aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung für den weltweiten Getreidehandel als bedeutendes strategisches Objekt gilt.

Als im Juli durch türkische Vermittlung ein Getreide-Deal mit Russland ausgehandelt werden konnte, zerstörte noch am selben Tag eine russische Rakete mehrere Lagersilos. Der schwerste Angriff in der Stadt war ebenfalls im Sommer der Beschuss eines Wohnhochhauses. Weitere tödliche Attacken erlebten Dörfer, Einkaufszentren und Urlaubssiedlungen in der Region. In der Metropole Odessa ist der Krieg gleichzeitig unscheinbar und omnipräsent. Langsam füllen sich am Vormittag die Straßen. Schule, Studium und viele Arbeitsbereiche finden weitgehend online statt, ähnlich wie zu Pandemie-Zeiten. Viele Kinder im Grundschulalter haben noch nie einen Klassenraum von innen gesehen. 

Die Uferpromenade in Hafennähe ist gesperrt. Einsam steht das Denkmal von Duc de Richelieu in dicker Sandsackhülle über der Potemkinschen Treppe hinunter zum Hafen. Ein großer Militärcheckpoint davor untersagt den Durchgang. Puschkin- und Katharina-Straßenschilder sind übersprüht. Das Denkmal für die russische Zarin Katharina II. ist Ende Dezember abgerissen worden, ebenso die Figuren ihrer Mitbegründer der Stadt Odessa. Der Sockel auf dem Kreisverkehr ist nun gekrönt von einer schlichten Ukraine-Flagge.

Alteingesessene gehen, Flüchtende aus dem Osten kommen

Springbrunnen, Skulpturen und Fenster historischer Gebäude stecken in Schutzverkleidung. Cafés und Restaurants dienen oft auch als Schutzraum oder Notversorgungsort bei Stromausfall. Auf den breiten Fußwegen oder in freien Parkbuchten stehen bunte, leistungsstarke Generatoren.

Vereinzelte Ladengeschäfte sind mit Pressholzplatten verbarrikadiert. Viele Odessiten verließen die Stadt im Frühjahr 2022. Gleichzeitig fliehen Menschen aus den Kampfgebieten im Osten in die Millionenstadt. Laut dem Humanitären Koordinationsstab der Stadt kamen bis Dezember, einschließlich der Fluchtwelle nach der Befreiung des kaum 150 Kilometer Luftlinie entfernten Cherson, mehr als 130.000 Personen nach Odessa. Inoffizielle Quellen sprechen von bis zu 300.000 Flüchtlingen in der Stadt. Aktuell nimmt Odessa keine Fliehenden mehr auf, Evakuierungen aus den Frontgebieten bringen die Menschen weiter ins Landesinnere.

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