
Kann das weg? Nein!
Bauen, abreißen, neu bauen. Das ist das gängige Modell. Zwei Architekten fordern: Gestaltet alte Häuser lieber um.
Olaf Grawert findet in Berlin keine bezahlbare Wohnung. In den Großstädten steigen die Mieten umso schneller, je öfter abgerissen und neu gebaut wird. Oft sind es günstigere Mietwohnungen, die weichen müssen. Arno Brandlhuber fragt sich, wie er seiner achtjährigen Tochter das mit dem Zwei-Grad-Ziel erklären soll. Die Erderwärmung, Hitzewellen, Hochwasser. Die Bauwirtschaft schickt das meiste CO2 in die Atmosphäre, 37 Prozent weltweit gesehen. Und Brandlhuber ist Teil davon.
Bauen, abreißen, bauen, abreißen. Dass sich an diesem Zyklus etwas ändern muss, daran zweifeln diese beiden Architekten nicht. Für die Umwelt, die Gesellschaft und eine lebenswerte Zukunft. Eine europaweite Pflicht zur Reparatur von Elektrogeräten gibt es schon. So etwas in der Art wollen sie auch für Häuser.
Damit Umbau schneller geht, einfacher, billiger. Damit er zur Regel wird. Und Abriss die Ausnahme. Heute ist es andersrum. Knapp 16.500 Wohnungen wurden 2022 laut Statistischem Bundesamt in Deutschland abgerissen. Deutlich weniger als noch vor zehn Jahren, aber trotzdem: viele. Zumal die Dunkelziffer höher liegen dürfte, oft ist für den Abriss keine Genehmigung nötig. Nur Berlin hat das aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes geändert.
Europaweit werden bis 2050 schätzungsweise knapp zwei Milliarden Quadratmeter Gebäudefläche abgerissen, gut drei Viertel davon Wohnhäuser. Zwei Milliarden Quadratmeter – das wäre, als würde man in halb Deutschland die Wohnungen niederreißen. Wohnraum, der vernichtet wird. Architektenkammern, die Bundesstiftung Baukultur, Mieter-, Sozial- und Umweltverbände fordern deshalb schon länger: Abriss nur noch, wenn es wirklich nicht anders geht.
via www.brandeins.de