Die Weisheit der alten Frauen
Eines Tages hatte ein Psychiater aus der simbabwischen Hauptstadt Harare die Idee, Grossmütter zu Laientherapeutinnen auszubilden. Seither sitzen diese auf Bänken vor Kliniken, hören zu - und retten Leben. Im Schatten eines Avocadobaumes erwartet Melenia Motokari ihre Patienten.
Eines Tages hatte ein Psychiater aus der simbabwischen Hauptstadt Harare die Idee, Großmütter zu Laientherapeutinnen auszubilden. Seither sitzen diese auf Bänken vor Kliniken, hören zu – und retten Leben.
Im Schatten eines Avocadobaumes erwartet Melenia Motokari ihre Patienten. Locken winden sich um ihren Kopf, die 73-Jährige strahlt die Gelassenheit aus, die einem wohl gegeben ist, wenn man sechs Kinder geboren und 23 Enkelkinder aufgezogen hat. Dorcas Gumbeze, gerade halb so alt wie sie, rutscht auf den freien Platz neben ihr.
„Willkommen, mein Kind“, begrüßt Melenia Motokari die junge Frau.
„Hallo, Gogo, Großmutter“, antwortet die Besucherin. „Gogo“ ist die liebevolle Bezeichnung für alte, kluge Damen. Mit gesenktem Kopf starrt Gumbeze auf ihre Finger, kratzt am dunkelblauen Nagellack. Schweigen. Melenia Motokari nimmt ihre Hand. „Du kannst mir anvertrauen, was auf dir lastet.“
Zum ersten Mal blickt ihr Dorcas Gumbeze in die Augen. „Ich traue mich nicht, meiner Familie und Freunden zu gestehen, dass ich HIV-positiv bin“, beginnt sie stockend. „Ich hab Angst, dass sie mich dafür verachten.“
„Es gibt keinen Grund, dich schuldig zu fühlen“, sagt Melenia Motokari.
Gumbeze spricht zum ersten Mal über ihren Kummer. Über die Angst, zu sterben, Angst vorm Leben. Über ihren Traum, nicht mehr ihren Körper zu verkaufen. Melenia Motokari hört zu und schreibt mit. Es wird eine lange Liste…
Zur Reportage:
https://www.nzz.ch/gesellschaft/grossmuetter-die-laientherapeutinnen-von-simbabwe-ld.1443797
via www.nzz.ch