text | Peggy Lohse

Alewtina Djewa: стихи | Gedichte – in Stadtsprachen #23

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Alewtina Djewa: стихи | Gedichte

Übersetzung: Peggy Lohse

Ich trage mein Leben in meiner Faust,
Schütze es buchstäblich wie ein Geschenk.
Und ich schreite wieder ganz leicht voran,
Und sammle um mich andere Rebellen.

Wir werden nicht bitten und stöhnen,
aus anderem Teig sind wir geformt.
Uns reicht es, unser Schicksal zu kennen,
um schnell zu uns zurückzukehren.

 

***

 

Schau nur, Vater, da zerstören Geschosse die Wohnhäuser,
Unsere Städte verwandeln sich in Friedhöfe.
Keine schönen Parks mehr, die Druckwelle machte sie platt,
Und wer zählt noch mit, wie viele in der Feuersbrunst starben?
Schau nur, da überfuhr der Panzer einen gestolperten Rentner,
Und ein Geschoss traf den Schutzraum, da waren Kinder.
Unser ukrainischer Geist lebt, ist nirgendwohin verschwunden,
Wir alle beten für unsere Liebsten am Morgen.
Hier vergewaltigten sie Frauen vor den Augen der Kleinen,
Sie drängten sich in die Ecke vor Scham und Schmerz.
Ein ganzer Zug wütete ein paar Monate im Dorf,
mit Schnapsfahne begrüßten den Frühling die O*R*K*s.
Schau nur, Vater, den Mädchen schlugen sie die Zähne aus, in den Seelen bleiben
Angst und Leid,
Sie haben überlebt, nun sind sie stumm und taub.
Von unserer vertrauten Erde bleibt rotes Salz,
Für welche Sünden, wofür trifft uns all das???

 

***

 

Im Februar kleidete ich mich schwarz.
Nein, nicht wegen des Trauertags in mir.
Ich begann, den Feind zu verfluchen,
Damit er bald verrecke im trunkenen Rausch.
Im März packte ich zusammen und lief los,
Erreichte noch den letzten Waggon.
Der Strom trug mich fort und ich wusste nicht,
Wohin mich dieser irre Lauf bringt.
Im April erwachte ich in Berlin,
Lebendig, aber außer mir.
Ich bin noch da, lebe noch immer,
Ohne wohl das Wichtigste zu verstehen…
Im Mai lief ich wie ein Eichhörnchen im Kreis,
Kurz durchatmen und gleich weiter.
Am Abend hörte ich meine Freundin
Und glaubte, dass das LEBEN mich führt.
Im Juni erwachte ich wie aus einem langen Traum,
Die Tränen liefen wie ein Fluss.
Ich weiß, warum ich nicht früher aufwachte,
Ich wäre gestorben vor Sehnsucht, nach Hause zu rennen.
Im Juli erkannte ich, dass es kein Zurück gibt,
Voller Willenskraft lebte ich weiter.
Vor mir eröffnete sich ein neuer Weg,
Doch weiter hoffe ich − auf unseren Sieg!

 

***

 

Gewidmet Sewerodonjezk…
Meine Stadt, ruf’ mich nur nicht zurück
Jede Minute höre ich Dein Stöhnen
Sewerodonjezk … Du wurdest zur Hölle
Den russischen Judas ließest Du ein
Meine Stadt, mein Mutter-Land
Dich streichelten alle vier Winde
Ich sehe Deine Flüsse und Felder
Jetzt sind sie voller Tränen
Meine Stadt, für Dich singe ich die Hymne
Hoffe, dass Du sie mit dem Herzen hörst
Ich will Dich mit meinem Flügel berühren
Wie ein Vogel die Kilometer überfliegen
Meine Stadt, mein starker Sewer!
Von Leid und Feuer wurdest Du schwarz
Doch ich flüstere weiter: Mein Lieber, halt durch,
sollen die Engel Dich schützen vorm Beschuss.

Original (rus): https://stadtsprachen.de/de/text/alewtina-djewa-%d1%81%d1%82%d0%b8%d1%85%d0%b8/

via stadtsprachen.de