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19. September 2013

Wie wütend guckt Homer Simpson?

Was ist ein Paradox, oder: Warum tun sich Journalisten manchmal so schwer mit Solidarität in eigener Sache? Vielleicht deshalb: Der Rheinische Merkur, der nicht mehr genug Geld hat, um überleben zu können (und dessen Chefredakteur in der letzten Ausgabe seiner Zeitung darüber jammert), mokiert sich über freie Journalisten, * die nicht angemessen bezahlt werden und sich zu Recht über diesen Missstand beschweren. Als Positivbeispiel werden ein fester Freier angeführt, der als Produktionsredakteur bei BILD am Sonntag arbeitet und damit offensichtlich sehr zufrieden ist, und die Kollegen vom Büro „Schön und Gut“ in Berlin (von denen eine der beiden zitierten Journalistinnen Gründungsmitglied von Freischreiber ist). Warum, so die unterschwellige Frage, können nicht alle freien Journalisten so zufrieden sein wie sie? So wurde aus dem Merkur-Beitrag einer freien Journalistin über freie Journalisten ein kleiner Anti-Freischreiber-Beitrag, gipfelnd in dem Satz: „Den Journalistenausweis gibt es weiterhin beim DJV, und eine Rechtsberatung können Mitglieder für einen eher symbolischen Jahresbeitrag von zehn Euro auch nicht erwarten.“ Das ist, mit Verlaub, natürlich genauso Unsinn wie die Behauptung, die zitierte Tischfigur von Homer Simpson habe ein wütendes Gesicht und sei damit ein Symbol für die Wut, in der sich freie Journalisten eingerichtet haben (s. Foto). Den Journalistenausweis (für das Streben nach Presserabatten) gibt es selbstverständlich nicht allein beim DJV, wir haben inzwischen nicht nur eine Rechtsberatung, sondern auch eine Hotline für Steuerfragen und KSK, der Jahresbeitrag bei Freischreiber beträgt keine symbolischen zehn Euro (schön wär’s), sondern stolze zehn Euro im Monat. Und die bei Freischreiber organisierten Journalisten haben sich nicht zusammengetan, um gemeinsam darüber zu schimpfen, wie vermeintlich schlimm alles ist. Sondern, weil sie trotz aller Widrigkeiten ihre Arbeit lieben und gemeinsam darum kämpfen, dass das auch so bleibt. Und so trauern wir mit dem Chefredakteur des Rheinischen Merkur um seine geliebte Zeitung. Sie hätte wahrlich einen besseren Abgang verdient gehabt. ––– *Nachtrag: Der Rheinische Merkur hat seine Internetseite beerdigt, weshalb der Link oben nicht mehr funktioniert. Im Google-Speicher findet sich der Text aber noch.


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