Faire Rechte
2. Mai 2011

Warten auf Godot

Seit Jahren warten Politiker, Unternehmer, Berater, Journalisten auf DEN ENTWURF. Der nicht kommt. Also wird immer mal wieder spekuliert und interpretiert und gemutmaßt, was wohl drin stehen könnte. Es gibt Pressemitteilungen, Stellungnahmen, Gutachten, Analysen, Initiativen, die alles, was drinstehen könnte, haarklein auseinandernehmen, es gibt Verlagssprecher, die alles noch mal verdeutlichen, zurechtrücken, zurückweisen oder dementieren. Die immer von ihrer absoluten Schutzlosigkeit reden und gleichzeitig – mit diesem unnachahmlichen Augenaufschlag – tolle Rekordgewinne präsentieren, die sie wieder eingefahren haben. Deshalb brauchen sie DEN ENTWURF. Der nicht kommt. Das Leistungsschutzrecht scheint eine extrem schwere Geburt zu sein (Manche raunen: es wird eine Totgeburt). Um die lange Wartezeit zu überbrücken, zitieren wir heute eine Passage aus einem Interview. Gegeben hat es die ehemalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries dem Magazin promedia: Es stimmt nicht, sagt da die ehemalige Bundesjustizministerin – Ehemalige können ja offener reden! Im Amt klang das noch ganz anders – „es stimmt nicht, dass die Verleger völlig schutzlos sind. Schon heute haben Verlage einen breiten Schutz, der über die nackten Leistungsschutzrechte anderer Werkvermittler deutlich hinausgeht. Zwar steht das Urheberrecht zunächst einmal dem Urheber, dem Autor zu. Die gängige Praxis zeigt aber, dass sich die Verlage von den Autoren, Journalisten und Fotografen durch Verträge vollumfängliche Nutzungsrechte einräumen lassen und so nahezu vollständig in die Rechtsstellung des Urhebers eintreten. Sie erhalten die gleiche Schutzposition wie der Urheber selbst. Es geht also beim Leistungsschutzrecht nicht darum, den Verlegern ein Minimum an Rechten zuzusprechen, die sie nach derzeitiger Rechtslage sonst nicht hätten, sondern es geht um mehr Rechte für die Verleger.“ Eigentlich wissen das alle. Eigentlich wissen alle, dass es gar kein Urheberrecht gibt. Sondern nur ein Verwerterrecht, das aus nostalgischen Gründen Urheberrecht heißt. Dass man also Leistungsschutzrechte gar nicht braucht, um weiter Rekordgewinne einfahren zu können. Im Juni, heißt es, soll DER ENTWURF endlich vorliegen. Wegen der Sommerferien vielleicht auch erst danach. Ganz bestimmt aber im Herbst. Oder an Weihnachten. Nein, Weihnachten wäre kein guter Termin. Warten wir also weiter auf IHN. Er wird schon kommen.


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