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11. Mai 2023

SZ, VG, KI – alles neu macht der Mai

Alles neu macht der Mai – ja hoffentlich! Der :Freischreiber-Vorstand hat im April jedenfalls weiter an unserer 15-Prozent-mehr-Honorar-Kampagne geackert und Chefredaktionen besucht, um für die Sache der Freien zu streiten. Vom Termin bei der taz berichteten wir an dieser Stelle bereits.

:Freischreiber bei der Süddeutschen Zeitung

Am 24. April war :Freischreiber außerdem bei der Süddeutschen Zeitung in München. Der Co-Vorsitzende Joachim Budde und der Bonner Regioleiter (und SZ-Autor) Steve Przybilla trafen sich dort mit den Chefredakteur:innen Judith Wittwer und Wolfgang Krach. Joachim erläuterte, warum eine Erhöhung der Honorare angesichts der Inflation dringend geboten ist. 

Unser Appell: finanzielle Beteiligung bei allen Veröffentlichungen, bessere Honorare, Bezahlung nach Aufwand. 

Wolfgang Krach und Judith Wittwer (auf dem Foto links) nahmen sich anderthalb Stunden Zeit. Im Ton verlief das Gespräch kollegial, in der Sache allerdings hart. Schon lange problematisch für uns Freie: Die SZ kooperiert mit der Schweizer Tamedia-Gruppe. Die Tamedia-Zeitungen können also SZ-Artikel einfach übernehmen. Autor:innen gehen leer aus – das ist im Kooperationsvertrag zwischen SZ und Tamedia geregelt. :Freischreiber hat der SZ dafür bereits zweimal den Hölle-Preis verliehen. „Die Autor:innen brauchen für jede Verwertung ihrer Beiträge ein Honorar“, sagte Joachim. An der Tamedia-Kooperation könne man nichts ändern.

Wolfgang Krach, Judith Wittwer, Joachim Budde und Steve Przybilla

Schlechte Bezahlung? Das wollten Wittwer und Krach so nicht stehen lassen: „Wir halten uns als Untergrenze an den Tarifvertrag oder zahlen sogar mehr“, entgegnete Wolfgang Krach. Zu den übertariflich bezahlten Kolleg:innen gehören vor allem die Pauschalist:innen – also Freie, die ein festes monatliches Honorar erhalten. Allerdings schließt die Zeitung kaum mehr neue Pauschalistenkontrakte ab. Alle anderen werden weiter nach Zeilen bezahlt. 
Und da sind die Unterschiede zwischen den Ressorts zum Teil groß: Das Ressort „Unterwegs“ (Reisereportagen/Mobilität) etwa zahlt 1,44 Euro pro Zeile, während es im Ressort „Wissen“ bis zu 2,20 Euro pro Zeile gibt.

Also das Zeilengeld erhöhen? Auch da bremste Judith Wittwer: „Die Honorare für das laufende Jahr sind budgetiert und können nicht einfach erhöht werden.“ Für die nächsten Jahre sieht die Perspektive ebenfalls eher mau aus. Wolfgang Krach erwartet sogar, dass sich die Bedingungen in der Branche noch weiter verschlechtern werden: „Die Zahl der Verlage, die sich nicht an den Tarifvertrag hält, wird zunehmen“, prognostizierte er.

Dabei machten Joachim und Steve deutlich, was am Zeilengeld schlecht ist: Das Honorar bleibt gleich, egal wie lange Recherche, Schreiben, Absprachen und Überarbeitung dauerten. Darum regten sie an, künftig mit Tagessätzen zu arbeiten – zumal die Freien damit kalkulieren (sollten). Immerhin sagten Wittwer und Krach zu, ihre Ressortleiter:innen anzuhalten, bei besonders aufwendigen Themen häufiger nach Tagessätzen abzurechnen. Denn bei der SZ liegt die Honorarhoheit bei den Ressortchef:innen.

Ein anderes Hindernis für das Entgegenkommen gegenüber den Freien ist das Arbeitsrecht, das für freie Mitarbeitende Einschränkungen etwa bei der Teilnahme an Redaktionskonferenzen oder internen Schulungen vorsieht. Bloß keine Scheinselbstständigkeit!
Dabei wären beispielsweise kostenlose Seminare für Freie eine Möglichkeit, die Leistung der Freien wertzuschätzen, ohne dass direkt Geld fließt. Allerdings können Freie, die regelmäßiger für die Süddeutsche arbeiten, auf der Website der SZ ein Autor:innen-Profil anlegen, als Zeichen der Wertschätzung. 

Immerhin handelten Joachim und Steve noch eine Zusage heraus: in Zukunft könne :Freischreiber Seminare mit SZ-Redakteur:innen anbieten, die für den Verband kostenlos seien. Dazu würde die Zeitung auch Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Wir finden: Da ist noch sehr viel Luft nach oben. Aber zumindest das hat unser Treffen erreicht: Wir bleiben im Gespräch.

:Freischreiber bei der VG Wort

Auch der VG Wort hat unser Co-Vorsitzender Joachim einen Besuch abgestattet und vorgetragen, dass er sich für die Urheber:innen etwas mehr Schlagkraft wünscht. Und nachgefragt, wie es beim Leistungsschutzrecht aussieht:
Die VG Wort ist mit Presseverlagen im Gespräch, um den Beteiligungsanspruch der Urheber:innen bestmöglich abzuwickeln. Noch offen ist, wie mit den Verlagen zu verfahren ist, die das Leistungsschutzrecht nicht selbst den Plattformen einräumen, sondern es von der Verwertungsgesellschaft Corint Media wahrnehmen lassen. Klar ist: Einzelne Plattformen haben bereits erste Zahlungen geleistet. Davon muss aber auch etwas bei den Urheber:innen ankommen!

Dazu sagte Robert Staats, der Geschäftsführende Vorstand der Verwertungsgesellschaft: „Wir sind da mit Energie dran.“ Es sei nicht ausgeschlossen, dass die VG Wort noch dieses Jahr Einnahmen aufgrund des Beteiligungsanspruchs erzielen werde. Die Wahrnehmungsberechtigten, also die Urheber:innen, könnten allerdings frühestens 2024 mit Geld aus diesen Einnahmen rechnen. Innerhalb der VG Wort sind die Grundlagen ja schon seit Ende 2022 gelegt, auch im Verteilungsplan ist alles vorbereitet. Das war mehrfach Thema hier im Newsletter.

Joachim pochte im Gespräch zudem auf bessere und frühzeitige Kommunikation. Ein Schritt in die richtige Richtung ist der letzte VG-Wort-Newsletter. Darin hatte die VG Wort angekündigt, dass die Hauptausschüttung auch in diesem Jahr wieder aufgeteilt wird. Außerdem wird es endlich Webinare zu den Meldungen geben. Das hatte die Mitgliederversammlung der VG Wort schon lange gefordert. Je nach Nachfrage will die Gesellschaft die Webinare wiederholen. Joachim regte an, sie aufzuzeichnen, damit auch Wahrnehmungsberechtigte sie nutzen können, die nicht live dabei sind. Das plant die VG Wort jetzt. Genaues ist noch nicht bekannt, wir halten euch auf dem Laufenden. 

ChatGPT und Co.

Robert Staats zufolge beschäftigt sich die VG Wort intensiv mit ChatGPT und Co. und wird eine Arbeitsgruppe dazu einrichten. Auf der Input-Seite, also dort wo die KI ihre Informationen herholt, gibt es gesetzliche Schranken, die Einnahmen für Urheber:innen ausschließen. Denn für Text- und Datamining hat der Gesetzgeber Vergütungen ausgeschlossen. Wenn das auch für KI greift – und das steht noch nicht fest – dann gibt es dafür kein Geld. Die VG Wort strebt eine Vergütung an, aber es sind noch viele Fragen offen.
Auf der Output-Seite will die Gesellschaft verhindern, dass KI Geld von den Verwertungsgesellschaften bekommt für Texte aus der Maschine. Denn Ansprüche als Urheber:innen haben lediglich Menschen. „Das wird ein sehr wichtiges Thema sein in den nächsten Jahren“, blickte Staats voraus.
Am 16. und 17. Juni findet die nächste Mitgliederversammlung der VG Wortstatt. Detaillierte Infos kommen im nächsten Newsletter.

Wo Journalismus lebensgefährlich ist

Reporter ohne Grenzen (RoG) hat gerade seine jährliche Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. Es schaut übel aus. Die grünen Inseln des Guten werden immer kleiner, ein Großteil der Weltkarte ist rot und dunkelorange. 

Am gefährlichsten leben Journalist:innen immer noch in Mexiko. Dort wurden 2022 mindestens elf Medienschaffende wegen ihrer Arbeit getötet, berichtet die Organisation. Zudem gelten dort 28 Journalist:innen als verschwunden, viele von ihnen seit Jahren – ebenfalls ein trauriger Weltrekord. Insgesamt steht es um die Pressefreiheit am schlechtesten in drei asiatischen Ländern: Vietnam, China und – trauriges Schlusslicht – Nord-Korea.
In Deutschland vermeldet RoG so viele körperliche Angriffe auf Journalist:innen wie noch nie seit Beginn der Aufzeichnungen. Das bereitet unserem Berufsverband große Sorgen, weil wir wissen, dass es freie Journalist:innen in solchen Fällen besonders schwer haben. 

Schutzkleidung, Sicherheitstrainings, spezielle Versicherungen, Rechtsbeistand und Notfall-Betreuung sind ein Dauerthema für Freie. Redaktionen fühlen sich nicht zuständig, wollen oder können die Sicherheits-Infrastruktur nicht aufbauen, meiden das Thema und wälzen Risiken auf Freie ab. Für die Situation von Kolleg:innen, die im Ausland arbeiten, fehlt den deutschen Redaktionen oft das länderspezifische Fachwissen. Den Freien fehlt das Geld.
Wegen der sehr unterschiedlichen Lebens- und Arbeitssituationen wäre die beste und einfachste Lösung: Gefahrenzuschläge oder höhere Honorare, damit sich die Freien den teuren Schutz selbst finanzieren können. Davon sind wir meilenweit entfernt.

KI vs. Fotojournalismus

Die künstliche Intelligenz gibt den Themen Geld und Sicherheit in unserem Beruf eine neue Dimension. In Kolumbien gab es gerade eine heftige Debatte, weil ausgerechnet Amnesty International für eine Kampagne zum zweiten Jahrestag der Proteste gegen die Regierung KI-Fotos verwendete.

Pläne der Regierung für eine sozial ungerechte Steuerreform hatten die Demonstrationen ausgelöst – sie weiteten sich aber schnell aus gegen zahlreiche weitere Missstände. Während der Proteste ermordeten die Sicherheitskräfte Demonstrierende und Unbeteiligte und begingen hunderte von Menschenrechtsverletzungen. Fotojournalist:innen dokumentierten die Proteste buchstäblich an vorderster Front.

Und dann benutzt Amnesty International für die Menschenrechtsarbeit künstliche Fotos, die ein Algorithmus aus Bildern zusammenmixt, für die Fotojournalist:innen ihr Leben riskiert haben. Honorarfrei und voller Fehler, wie der Guardian schildertAmnesty hat nach der öffentlichen Kritik die Bilder gelöscht. Das Problem bleibt.

Wir brauchen Regeln und Lösungen für den Umgang mit KI. 

:Freischreiber hat im April das Positionspapier „KI aber fair“unterzeichnet, eine Initiative von Kultur- und Kreativverbänden. Die „Initiative Urheberrecht“ fordert jetzt konkret Schutz vor generativer KI in der europäischen KI-Verordnung (AI Act) – und gibt Empfehlungen in der Stellungnahme. Ende April haben sich die EU-Abgeordneten auf einen Entwurf für eine KI-Verordnung geeinigt.

Apropos Fotos: Ohne Profi-Fotos keine Profi-Reportagen. Anfang Mai streikten mehr als 70 freie dpa-Fotograf:innen und Videograf:innen, weil ihre Honorare in 15 Jahren weniger als 5 Prozent gestiegen sind. Heute beginnen die Tarifverhandlungen. Die Gewerkschaft Verdi fordert 390 Euro als Tagessatz für Foto-Jobs, 600 Euro für Videoaufträge und 50 Cent je Kilometer für die teils beträchtlichen Wege. Die dpa bietet bisher nur 260 Euro als Tagessatz für Foto- und 400 Euro für Video-Aufträge sowie 45 Cent Kilometergeld. Das ist natürlich untragbar – und gleichzeitig eine Summe, von der viele freie Journalist:innen nur träumen können.

:Freischreiber-Termine

  • Ob Synchronsprechen, Moderation oder Podcast – eine gute Stimme lebt von einer authentischen Sprechweise. Wie diese gelingt, verrät Dozentin Carmen Rutzel im vierstündigen Basis-Stimm- und Sprechtraining „Gute Stimme, starke Wirkung“. Freitag, 12. Mai, von 9–13 Uhr auf Zoom.
  • :Freischreiber ist wieder bei der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche in den Räumen des NDR in Hamburg dabei. Besucht unseren Stand, tauscht euch mit anderen Freischreiber:innen aus! Wir bieten dort zwei Veranstaltungen an („Top-10-Tools: So pimpst du deinen Workflow“ und „Von wegen ‚arm dran‘: So lebst du gut als Freie:r“) und sind voraussichtlich als Stimme der Freien bei einer Podiumsdiskussion vertreten. Das gesamte Programm steht demnächst hier. #nr23 ist am Freitag, 16. Juni, und Samstag, 17. Juni., Karten gibt es hier.
  • Noch ein Grund für eine Reise nach Hamburg an dem Wochenende: Am Samstag, 17. Juni, um 19 Uhr macht :Freischreiber seine Mitgliederversammlung in der CoWorkBude 14 in Hamburg.
  • Wie ziehe ich Aufträge über LinkedIn an Land und vermarkte mich dort? Das zeigt euch die Social-Media-Beraterin Friederike Gonzalez Schmitz im Webinar „How to LinkedIn an zwei Vormittagen: jeweils Donnerstag, 22. und 29. Juni, von 9–12 Uhr.
  • Wie schreibe ich einen Text so, dass ihn möglichst viele bis zum Ende lesen? Darum geht es in der Schreibwerkstatt mit Johanna Romberg am Freitag, 30. Juni, von 9–13 Uhr. Johanna war über 30 Jahre lang Autorin und Redakteurin bei GEO, wurde zweimal mit dem „Egon-Erwin-Kisch-Preis“ für herausragende Reportagen ausgezeichnet sowie mit dem „Georg-von-Holtzbrinck-Preis für Wissenschaftsjournalismus“.
  •  Auf vielfachen Wunsch bietet :Freischreiber einen weiteren Termin für den „Crashkurs: Dramaturgie“ mit Heike Faller: Freitag, 7. Juli 2023, von 10–14 Uhr auf Zoom.
  • Mit der App Scrivener sortierst du Gedanken, Recherchen und Pläne – und verarbeitest sie zu fertigen Texten vom Artikel bis zum Buch. Wissenschaftsjournalistin Caroline Ring zeigt im „Crashkurs: Scrivener an zwei Vormittagen, wie das geht. Termin ist Freitag, 18. August, von 9–12 Uhr und Freitag, 25. August, von 9–10 Uhr.
  • Vier Stunden für funkelnde Sätze: Schon mal vormerken für alle, die vormittags nie Zeit haben: Wir haben einen Nachmittagstermin für unseren Fortbildungsklassiker mit Ariel Hauptmeier organisiert. Der „Crashkurs: Besser schreiben“ findet Freitag, 8. September, von 13–17 Uhr auf Zoom statt.

:Freischreiberiges

Als Chefredakteur von BILD soll Julian Reichelt mit Volontärinnen, Praktikantinnen und jungen Mitarbeiterinnen sexuelle Verhältnisse gehabt haben. Doch wenn man verstehen will, was in der Reichelt-Affäre wirklich passiert ist, reicht es nicht aus, nur auf den mutmaßlichen Täter zu schauen. Man muss das System dahinter freilegen. Das machen die Freischreiberinnen Pia Stendera (Foto links), Lena von Holt (Foto rechts) und ihr Team seit Mitte April jeden Montag. Im achtteiligen Spotify-Podcast „Boys Club – Macht & Missbrauch bei Axel Springer“ blicken sie hinter die Fassade des wohl mächtigsten Medienkonzerns in Deutschland. Und lassen erstmals Menschen ausführlich erzählen, die den mutmaßlichen Machtmissbrauch im Hause Springer selbst erlebt haben.

Reichelt-Anwalt Bernd Irle hat vorsorglich schonmal allen Medien mit Klagen gedroht, sollten diese Reichelts Persönlichkeits­rechte verletzen. Das berichtet das Portal turi2. Der NDR hat die Ausgabe von „Reschke Fernsehen“ vom 16. Februar mit Vorwürfen des Machtmissbrauchs gegen den Ex-BILD-Chef erst aus der Mediathek gelöscht – und dann wieder mit Piepstönen und Schwärzungen online gestellt. Der Originaltitel „Julian Reichelt und die Frauen: Bumsen, belügen, wegwerfen“wurde zu „Vorwurf Machtmissbrauch: Julian Reichelt und die Frauen”. 
Der Podcast von Pia und Lena ist weiter verfügbar.

Dies und das

  • Für langfristig relevante und komplexe Themen, bei denen sich der Stand der Forschung stetig verändert, gibt es ein neues Angebot: Das Science Media Center Germany (SMC) bietet zum schnellen Einstieg in die Recherche die Living Fact Sheets. Die SMC-Redaktion kuratiert und aktualisiert diese Info-Sammlungen ständig in Zusammenarbeit mit Forschenden. Neben wichtigen Fakten und Forschungserkenntnissen liefern die Sheets Zusammenfassungen relevanter Studien, Links zu Forschungsinstituten, Datenquellen, SMC-Angebote zum Thema sowie eine Liste relevanter Ereignisse. Sie zeigen auch auf, an welchen Fragen aktuell geforscht wird und welche Aspekte in der Berichterstattung zu kurz kommen oder falsch dargestellt werden. Die ersten beiden Übersichts-Blätter behandeln Probleme rund um Plastik – sowie Lösungsansätze – und die Antarktis im Klimawandel.
  • Das renommierte Rundfunk-Syndikat NPR – der Verbund nicht-kommerzieller Rundfunk-Medien der Vereinigten Staaten – ist das erste große US-Medium, das sich von Twitter verabschiedet hat. Nachdem Twitter NPR ein „staatlich angeschlossenes Medium“ genannt hatte und es damit auf eine Stufe mit russischen und chinesischen Propaganda-Medien stellte, legte NPR seine 52 Twitter-Feeds auf Eis. Begründung: Twitter unternehme „Aktionen, die unsere Glaubwürdigkeit untergraben, indem sie uns fälschlicherweise unterstellen, wir seien redaktionell nicht unabhängig“. Twitter-Eigner Elon Musk hat daraufhin angekündigt, den Handle @npr an andere Interessenten zu vergeben, wenn der Sender auf seiner Plattform inaktiv bleibt.
  • Im vogtländischen Örtchen Cossengrün bekommen 300 Abonnent:innen die Ostthüringer Zeitung nicht mehr in den Briefkasten, sondern nur noch digital – ein Modellprojekt des Verlags. Die OTZ gehört zur Funke-Mediengruppe (die den Schritt hier als Förderung der Digitalisierung auf dem Land zu verkaufen versucht). taz-Reporter Michael Bartsch hat sich die Umsetzung angeschaut. Der Titel seines lesenswerten Artikels: „Im Digital der Ahnungslosen”.
  • Apropos lokal & Land: „Breite x Tiefe x Nähe“ – das ist die Erfolgsformel für spendenfinanzierten digitalen Lokaljournalismus im ländlichen Raum laut dem ersten Greenhouse-Report. Dörthe Ziemer hat ihn im Rahmen des gleichnamigen Programms von Netzwerk Recherche verfasst. Im Mittelpunkt der Betrachtung steht der Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg. Dort hat Dörthe Ziemer das lokale Online-Magazin Wokreisel gegründet. Für den Report hat sie zudem Macher anderer digitaler Lokalmedien interviewt (zum Beispiel RUMS aus Münster und die Relevanzreporter in Nürnberg). Daraus ergaben sich sechs Empfehlungen, um den Lokaljournalismus zu stärken. Hier geht’s zum kompletten PDF.

Stipendien

  • FragDenStaat schreibt ein Stipendium für Recherchen mit Hilfe des Auskunftsrechts aus, die auf breites öffentliches Interesse stoßen. Es ist mit 2500 Euro dotiert plus Anfrage-Gebühren für maximal 1000 Euro und bis zu zwölf Monate Betreuung und juristische Unterstützung vom FragDenStaat-Team. Bewerbung bis 14. Mai.
  • Wer hat eine zündende Geschäftsidee an der Schnittstelle von Content und Technologie? Wenn ihr schon einen Prototyp fertig habt, könnt ihr euch bis 21. Mai für einen Platz im „Inkubator Media Lift“der Standortförderung nextMedia.Hamburg bewerben. Schwerpunkt sind dieses Jahr Media-Tech-Entwicklungen, darunter zum Beispiel Creative AI, Data Driven Publishing, Augmented und Extended Reality oder Blockchain-Technologien. Unter anderem gibt es eine Förderung von bis zu 15.000 Euro, Kontakte und Fachwissen.
  • Recherchen im EU-grenzüberschreitenden Lokaljournalismusfördert das European Local Cross-Border Journalism Grant Programme mit bis zu 10.000 Euro pro Team. Bewerbung bis 25. Mai.
  • Recherchen in der Wissenschaft 1: Das Max-Planck-Institut für Gesellschaftsforschung in Köln bietet Journalist:innen einen Gastaufenthalt von sechs Wochen bis drei Monaten an, um sich im Dialog mit den Forschenden am Institut einem selbst gewählten Recherche-Projekt zu widmen. Das Stipendium beinhaltet monatlich bis zu 3500 Euro als Zuschuss zum Lebensunterhalt. Bewerbung bis 31. Mai.
  • Recherchen in der Wissenschaft 2: Das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung bietet zu denselben Konditionen (sie waren früher ein gemeinsames Programm) ein „Journalist in Residence Fellowship“. Bewerbung bis 31. Mai.
  • Die Riff freie Medien gGmbH hat mehrere Recherchestipendien ausgeschrieben: „Journalismus in die Bibliothek“ (Bewerbung bis 15. Juni), „Journalismus zu Klima, Biodiversität, Nachhaltigkeit“(nächste Frist 1. Juni), „Arbeiten in internationalen Teams“ (bis 1. Juni) und „Forschen für den Qualitätsjournalismus“ (bis 1. Juli). Es winken zwischen 1000 und 2500 Euro. Bewerbungen und mehr Infos hier.
  • Netzwerk Recherche und Schöpflin Stiftung schreiben das Greenhouse Fellowship aus, um eine Zukunftsfrage des Journalismus zu bearbeiten. Dieses Mal lautet sie: Wie kann man unabhängigen, gemeinnützigen Journalismus machen, ohne sich von Mäzenen und Geldgeber:innen vereinnahmen zu lassen? Das Stipendium bietet Freiraum für journalistische Recherchen und praxisnahe Forschung. Es umfasst 2500 Euro, fachliche Beratung und Zugang zu Netzwerken im gemeinnützigen Journalismus. Bewerbung bis 20. Juni.

Preise

  • Den Friedrich und Isabel Vogel-Preis für Wirtschaftsjournalismus gibt es für Beiträge, „die der Weiterentwicklung einer freien Wirtschaftsordnung im Sinne der sozialen Marktwirtschaft dienen“. Bewerbung bis 14. Mai. In der Kategorie Nachwuchspreis (bis 35 Jahre) wird er in Form von Recherchestipendien (je 3000 Euro) vergeben.
  • An Lokaljournalist:innen bis 35 Jahre richtet sich der Kölner Recherchepreis. Der 1. Platz ist mit 7000 Euro dotiert. Bewerbung noch bis 15. Mai.
  • Wer etwas Herausragendes zur Arbeitswelt in Deutschlandveröffentlicht hat, kann sich noch bis 31. Mai für den Willi-Bleicher-Preis der IG Metall Baden-Württemberg bewerben. In den Kategorien Fernsehen, Hörfunk, Print/Online und Nachwuchs (bis 30 Jahre) ist er mit insgesamt 11.000 Euro dotiert.
  • Um Kinderrechte dreht sich der Kindernothilfe-Medienpreis. Alle Medienformen sind zugelassen. Eine Kinderjury vergibt einen mit 10.000 Euro dotierten Preis. In der Kategorie „Story on Stage“ erzählen Preisträger:innen bei der Verleihung die Geschichte hinter der Geschichte (und bekommen 5000 Euro). Bewerbung bis 31. Mai.
  • Um Recherchen zu politischen Maßnahmen und ihren Auswirkungen auf die Wirtschaft geht es beim Ordnungspolitischen Preis. Der Verein „Die Familienunternehmer” vergibt dafür 10.000 Euro. Prämiert werden können Veröffentlichungen in Deutschland, Österreich und der Schweiz auf Deutsch oder Englisch. Anmeldeschluss ist der 31. Mai.
  • Noch bis zum 30. Juni könnt ihr Beiträge für den Otto Brenner Preis für kritischen Journalismus einreichen. Das Preisgeld für die verschiedenen Kategorien beträgt insgesamt 47.000 Euro – eine davon ist ein Recherchestipendium.

Fortbildung

  • Medienmacher:innen, die über den Strukturwandel in der Lausitz berichten möchten, lädt die Redaktion des kostenpflichtigen wöchentlichen Newsletters Neue Lausitz vom 2. bis 22. Juli zur Workation in Herzberg (Elster) in Brandenburg ein. Die Workation beinhaltet journalistische Weiterbildung durch die Redaktion (die freie Mitarbeiter:innen sucht) und Sessions im Barcamp-Stil. Außerdem lernen die Teilnehmer:innen die Region kennen. Während der restlichen Zeit können sie arbeiten – also für andere Redaktionen aus der Lausitz berichten oder für die Neue Lausitz (Honorar: 150 Euro pro Artikel). Die Redaktion stellt den Teilnehmer:innen ein eigenes Zimmer, einen Coworking-Space und ein Leihfahrrad. Teilnehmer:innen zahlen einen Unkostenbeitrag von 125 Euro. Infos und Bewerbung hier.
  • Zum Vernetzungstreffen für neue Lokalmedien laden Netzwerk Recherche und Correctiv.Lokal in Kooperation mit der Alfred-Toepfer-Stiftung vom 6. bis 8. September ein. Es findet im Seminarzentrum Gut Siggen in Schleswig-Holstein statt. An der „Ostsee-Werkstatt“ können maximal 20 Personen teilnehmen. Die Stiftung übernimmt Unterbringung, Verpflegung und Programmkosten. Reisekosten tragen die Teilnehmenden. Sollten diese ein Ausschlusskriterium sein, bitten die Veranstalter um Kontaktaufnahme. Bewerbung bis 23. Juni.
  • Die Berliner Journalistenschule bietet praktisch jeden Tag eine Fortbildung, teils virtuell. Hier ist das Programm.

Zum Schluss dieses Nachrichten-Briefs hauen wir nochmal ordentlich auf die Kacke – und zitieren die Privat-Recherche von Moritz Kircher, Lokalredakteur aus Bamberg: 

  • „Elon Musk hat angekündigt, dass die Mailadresse press@twitter.com ab sofort automatisch mit dem Kacke-Emoji antwortet. Gerade getestet. Funktioniert. Bin begeistert. Nie ist etwas Gehaltvolleres von diesem Mann gekommen.” 

Wir wünschen euch einen Dukatenscheißer, zündende Ideen und Frühlingserwachen!

Eure :Freischreiber:innen


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