Viel Hölle und ein kleines Stück Himmel
Himmlische Zeiten, höllische Verhältnisse: :Freischreiber e.V. hat am Samstag, den 4.11.2023, seinen Himmel-und-Hölle-Preis verliehen. Der Hölle-Preis ging an Thomas Rabe, den Vorstandsvorsitzenden von Bertelsmann und der RTL-Group. Den Himmel-Preis erhielt Joachim Telgenbüscher, Redaktionsleiter des Magazins Geo Epoche.
Mit der Trophäe würdigt der Freischreiber-Vorstand jährlich Redaktionen, Institutionen und Einzelpersonen, die sich bei freien Medienschaffenden besonders verdient gemacht haben. Der Hölle-Preis ist eine Auszeichnung für besonders schlechten Umgang mit freien Journalist*innen.
„Die Zerschlagung von Gruner+Jahr, die Zersetzung von Redaktionen und der ignorante Umgang mit Freien ist nicht weniger als die Zerstörung eines Lebenswerks“, sagte Joachim Budde, der Vorstandsvorsitzende von :Freischreiber. Damit habe Thomas Rabe Anfang des Jahres für ein Erdbeben in der deutschen Medienlandschaft gesorgt.
Aus dem einst breiten Portfolio des Hamburger Verlags sind nur 13 Titel übriggeblieben. Dabei hatte Thomas Rabe noch im Sommer 2021 davon geschwärmt, aus dem Zusammenschluss von RTL Deutschland und Gruner + Jahr werde ein „journalistisches Powerhouse“ entstehen, ein „nationaler Cross-Media-Champion“. „Nur ein Jahr später ist diesem Champion offenbar die Puste ausgegangen“, sagte Budde. „Die Zerschlagung zeugt davon, wie wenig unternehmerische Fantasie und wie wenig verlegerisches Verantwortungsgefühl im Bertelsmann- Vorstand noch übrig sind.“
Für :Freischreiber ist klar: Die Zerschlagung von Gruner + Jahr, die Zersetzung von Redaktionen und in all dem der ignorante Umgang mit Freien sind dem Hölle-Preis mehr als würdig.
Doch in der Medienwelt gibt es auch noch Lichtgestalten, die durch besonders couragiertes Verhalten hervortreten.
„Ich nehme den Preis mit Dank an die Freien entgegen“, sagte Telgenbüscher, der den Himmel-Peis für sein Engagement und den daraus erfolgten Erhalt von Geo Epoche erhielt. Das Magazin sollte zu jenen gehören, die mangels Wirtschaftlichkeit durch RTL eingestellt werden sollten. Doch Telgenbüscher wehrte sich gegen die Entscheidung – mit Erfolg.
Telgenbüscher betonte in seiner Danksagung, dass der Erhalt von Geo Epoche nicht allein seine Leistung ist. „Ein anstrengendes, hartes Jahr, auch und vor allem wegen der Unsicherheit liegt hinter uns. Es gab große Freude, weitermachen zu dürfen, und Tränen wegen all der Kolleginnen und Kollegen, die ihre Stelle verloren oder den Verlag verlassen haben.“ Die Pointe, so Telgenbüscher: Nachdem Geo Epoche zunächst wegen der schlechten finanziellen Aussichten eingestellt werden sollte, erlebte das Magazin ein ausgesprochen gutes Jahr.
Unter tosendem Applaus hob Freischreiber-Vorstand Caroline Ring hervor, dass Joachim Telgenbüscher durch sein Engagement zum Erhalt von GEO Epoche aufzeigt, wie wichtig und wirksam das Handeln jedes Einzelnen ist, um die Vielfalt in der deutschen Medienlandschaft und somit auch die Lebensgrundlage von vielen freien Journalist*innen zu erhalten: „Es braucht Leute wie Joachim Telgenbüscher, die ihre Verantwortung erkennen und sich stark machen für uns Freie, aber auch für den Journalismus“, sagte Ring.
Sein Beispiel zeige, wie wichtig das Engagement Einzelner ist, wie wichtig es ist, dass sich Redakteure und Redakteurinnen wehren, wenn sie Missmanagement erkennen. Wenn Honorare für Freie bis ins Lächerliche gekürzt werden. Wenn sie Buyout-Verträge an Freie weiterreichen sollen, mit denen sie schon lange und vertraut zusammenarbeiten, obwohl sie wissen, dass solche Verträge absolut falsch und ausbeuterisch sind. Oder wenn sogar ganze Marken eingedampft werden sollen, obwohl sie weiter existieren könnten. „Dann können wir nur sagen: Wehrt euch! Tut es für euch und tut es uns, denn wir brauchen euch genauso wie ihr uns“, schloss Ring.
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Pressekontakt für Rückfragen:
Joachim Budde, bitte per Mail anfragen.
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Pressemitteilung als PDF // Chronologie der Preisträger:innen // Fotos: Jörg Modrow
Titelbild: Joachim Budde, Verena Carl Hagedorn, Joachim Telgenbüscher, Caroline Ring.
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HiHö23 fand statt mit freundlicher Unterstützung von next.mediaHamburg. Sponsoring: imaginary lights, Hamburg Media School, Otto Brenner Stiftung & Parship.