4. September 2013

Ruhm und Ehre sind Lohn genug

Das ist ja mal kreativ: Der Bauer-Verlag hat einen neuen Vertragsentwurf für freie Journalisten vorgelegt und sich dafür eine ganz neue Währung einfallen lassen. Fortan soll nicht mehr nur in Euro bezahlt werden, sondern auch in Ehre. Nach dem Versand neuer Verträge an die Fotografen will der Verlag nun auch bei der schreibenden Zunft testen, wie weit er mit seinem Buy-Out-Vertrag gehen kann. Einige Passagen dieser Vertragsentwürfe, die auch einigen unserer Mitglieder zugegangen sind, wirken, als seien sie in der Gruselkammer der Verlagsanwälte entstanden. Dorthin schicken im Moment offensichtlich viele Verlage ihre Anwälte. Wir zitieren: „Der Autor räumt dem Verlag an den im Rahmen des Vertragsverhältnisses geschaffenen Texten und allen Objekten, die Gegenstand verwandter Schutzrechte sein können, vom Zeitpunkt der Rechtsentstehung an das ausschließliche, übertragbare, zeitlich, inhaltlich und örtlich unbeschränkte Recht zur umfassenden Auswertung in allen Medien ein“, heißt es etwa. Und: „Der Autor räumt dem Verlag insbesondere das Recht zur Vervielfältigung und Verbreitung in allen Druckerzeugnissen in allen Auflagen und Ausgaben ein. Die Nutzungsrechte beziehen sich insbesondere auf Zeitungen, Zeitschriften,… Buchformate, (z. B. Artikelsammlungen), e-paper sowie sämtliche Formate auch als Print on demand.“ Einmal zahlen, zigmal nutzen – davon träumen nahezu alle Verlage und viele beherzigen das Prinzip schon längst, selbst die, die anders als Bauer explizit ein gehobenes Publikum ansprechen wollen. Besonders dreist aber wird das Ansinnen dadurch, dass man bei Bauer, wie man aus der Redaktion hört, davon ausgeht, dass dieses Machwerk auch rückwirkend gelten soll – für Texte, die man bereits geliefert hat. Doch lassen wir die Vergangenheit ruhen. Auch bei Bauer will man sich ja lieber der Zukunft zuwenden. Rein prophylaktisch wird mit einem Einmalhonorar auch all das abgedeckt, was man in Zukunft so mit den Texten machen kann – egal ob sie „mittels TV, PC, Handy oder sonstigen Geräten mit oder ohne Draht, via Kabel, Satellit“ zugänglich gemacht werden. Zu den mittlerweile üblichen Unverschämtheiten gehört auch, dass Bauer alles, was Freie liefern, an Dritte verkaufen will, ohne dafür zu zahlen, und Dritten ebenfalls das Recht einräumen will, die Texte weiter zu verkaufen. „Der Verlag ist berechtigt, sämtliche vorstehend geregelten Rechte ganz oder teilweise auch außerhalb der eigenen Publikationen im In- und Ausland auswerten zu lassen, insbesondere auf Dritte im In- und Ausland zu übertragen und/oder Dritten diese Rechte einzuräumen.“ Doch keiner möge behaupten, dass es den Anwälten bei Bauer an Kreativität mangelt. Dort denkt man sogar daran, dass es ein Text einmal ins Kino schaffen könnte. „Der Verlag darf (…) die Texte für werbliche Zwecke in Printmedien, Lichtspieltheatern, Fernsehen, Internet und sonstigen Medien (auch Plakatierung) nutzen.“ Bloß berühmt werden die Freien, die für Bauer arbeiten, wohl nicht. „Der Verlag ist zur Namensnennung des Autors berechtigt, aber nicht verpflichtet…“ Und damit sind wir bei Bauers neuer Währung: Dass man als Kinoheld nicht berühmt wird, ist sehr bedauerlich, denn Ruhm und Ehre spielen an einer anderen Stelle im Vertrag eine wichtige Rolle. Die Verlagsanwälte hatten anscheinend irgendwo im Hinterkopf, dass im Urheberrecht von 2002 so etwas wie die Pflicht festgeschrieben ist, Inhalte „angemessen“ zu vergüten, wenn man sie mehrfach nutzt. Doch dazu muss noch lange kein Geld fließen. „Zwischen den Vertragsparteien besteht Einvernehmen, dass bei der Abgeltung der Rechte durch das Honorar auch berücksichtigt wurde, dass das Renommee des Objektes bzw. die Marke / der Titel des Objektes als zentraler Wertbildungsfaktor für die Vermarktbarkeit der Werke bedeutsam ist. Das Renommee kommt dabei auch dem Urheber zugute…“ So steht es tatsächlich in diesen Vertragsentwürfen. Wobei man nicht vergessen darf, dass Bauer ja so renommierte Titel wie „Tina“ und „TV14“ herausgibt. Wer für die schreibt, wird ja – wie man weiß – sofort mit Kusshand beim Spiegel genommen und hat auch sonst alle Aufstiegschancen. Wer soll bitte solche Märchen glauben? So richtig wundert uns dieser Vorstoß – der wirklich noch dreister ist als das allermeiste, was man in diesen Verträgen üblicherweise liest – nicht. Es ist vielmehr typisch Bauer. Die Fotografenvereinigung Freelens schlägt sich gerade mit einem ähnlichen Entwurf herum, durch den sich die freien Fotografen ihrer Urheberrechte entledigen sollen. Rüde Umgangsformen sind Medienberichten zufolge im Hause aber auch gegenüber den Festangestellten üblich. Der Spiegel berichtete unlängst über den Verleger Heinz Bauer, der seit einem Vierteljahrhundert die im Haus arbeitende Arbeitnehmervertreterin nicht empfangen hat: „Ich wüsste auch nicht, worüber ich mit ihr ein konstruktives Gespräch führen sollte.“ Wir schon. Dass in diesem Verlag augenscheinlich keiner Gedanken daran verschwendet, wie Freie von ihrer Arbeit vernünftig leben sollen, wie ein nachhaltig kollegiales Miteinander aussieht, wie man gemeinsam Regelungen für die digitale Medienzukunft finden kann, von denen alle Seiten profitieren, passt gut ins Bild, das man als Außenstehender von dem Verlag hat. Einen Tipp haben wir übrigens auch, wie man aus der Knebelnummer wieder raus kommt: einfach erklären, dass man pleite ist. „Wenn der Autor zahlungsunfähig wird und ein Antrag auf Eröffnung eines Vergleichs- oder Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Autors vorliegt“, liegt ein wichtiger Grund zur Beendigung des Vertragsverhältnisses vor. Das kann ja bei solchen Verträgen nicht mehr lange dauern. PS: Ratschläge, wie diejenigen am besten reagieren, die diesen Vertragsentwurf bekommen haben, haben wir hier zusammengetragen.


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