Peer-Steinbrück-Yoga
Heute gilt es eine neue Sportart zu erkunden: Das Peer-Steinbrück-Leistungsschutz-Yoga. Wir haben uns gefreut, als die SPD-Politikerin Brigitte Zypries unsere Meinung in der Debatte zum Leistungsschutzrecht im Bundestag zitierte. Wir haben uns noch mehr gefreut, als Peer Steinbrück dann auf der Cebit verkündete, er sei Gegner des Leistungsschutzgesetzes. »Ich denke, die SPD ist gut beraten, dieses Leistungsschutzgesetz im Bundesrat zu kippen«, sagte Steinbrück. Die SPD schien eine klare Haltung zu haben. Da haben wir wohl die Biegsamkeit von Positionen unterschätzt. Das war nämlich nur Übung Eins im Steinbrück-Yoga: „Aufwärmen“. In nur zwei Wochen entwickelte die SPD daraus eine ganze Serie von Verrenkungs-Übungen. Zum Beispiel auf die Entdeckung hin, dass im Entwurf zum SPD-Wahlprogramm ein Leistungsschutzrecht versprochen ist, auch wenn es nicht so genannt wird. Gestern zeigte Steinbrück überraschend die Übung „Verlegergruß“. Da erklärte der selbe Peer Steinbrück, die SPD sei zwar gegen das Gesetz. Sie werde es aber im Bundesrat nicht stoppen. Medienpolitiker von SPD und Grünen zeigten sich überrascht und enttäuscht. Das ist an dialektischer Raffinesse kaum zu überbieten. Wer zwang Steinbrück in die unbequeme Position? Ausgerechnet die Verleger-Länder Nordrhein-Westfalen und Hamburg fielen am Donnerstag ihrem Kanzlerkandidaten Steinbrück in den Rücken. Die SPD-geführten Länder zeigten im Bundesrat heute vormittag um kurz nach zwölf dann Übung drei: Den „lethargischen Wal“. Nur noch Schleswig-Holstein forderte die Anrufung des Vermittlungsausschusses. Hamburg und Baden-Württemberg forderten absehbar-aussichtslos eine Überarbeitung. Nicht einmal für einen Wortbeitrag fand sich im Bundesrat jemand. Mit ihrer Weigerung den Vermittlungsausschuss anzurufen, liessen Hannelore Kraft und Olaf Scholz das Gesetz in Kraft treten, das Steinbrück sofort nach der Bundestagswahl ändern will. Damit ist die Haltung der SPD vor der Bundestagswahl noch unklarer als das Gesetz. Es gilt: Verrenkung ist für die SPD auch eine Haltung. Richtig unbequem wird es für freie Journalisten. Für sie schafft das Leistungsschutzrecht große Unsicherheiten: Was dürfen freie Journalisten auf ihre Homepage stellen? Welche Zweitverwertung ist noch erlaubt? Und wer darf die Rechte an unserer Arbeit im Internet im Zweifel durchsetzen? Viel Verwirrung um ein Gesetz, das vorgeblich den Qualitätsjournalismus voranbringen soll. Zum heutigen Desaster einen Teil beigetragen hat das Gewerkschaftsyoga der letzten Jahre: So halb für das Leistungsschutzrecht waren DJV und Verdi jahrelang, um jetzt so halb dagegen zu sein. Als erfahrene Yogis wissen sie: Der Schmerz gehört im Yoga dazu. Wir gehen jetzt unseren inneren Frieden suchen.