Berlin
19. September 2013

“Nach dem ersten Bier kamen die Fragen …”

+++ Nachtrag, 22. Dezember 2010: Das Seminar ist ausgebucht! +++

 

Die Freischreiber in Berlin bieten am 7. und 8. Januar 2011 einen Workshop an, derfreien Journalisten helfen soll, besser mit Redaktionen zu kommunizieren: Wie bringt man seine Themenideen unter, wie verhandelt man geschickt, was passiert, wenn die Recherche ganz anders läuft als geplant? Das Seminar verspricht Antworten auf alle diese Fragen und praktische Tipps. Christoph Otto, der das Seminar in Berlin organisiert, hat mit Andrea Mertes, Freischreiberin aus München, darüber gesprochen, warum ihr dieses Seminar geholfen hat.

 

Andrea, Ihr habt in München das Seminar “Kommunikation mit Redaktionen” organisiert. Wie seid Ihr auf die Idee gekommen?

Andrea Mertes: Zum einen wollten wir gemeinsam etwas auf die Beine stellen. Sich treffen und plauschen ist ja ganz schön, aber auf Dauer nicht genug. Wir wollten was bewegen. Und zeigen, dass die Freischreiber Mehrwert bieten. So kamen wir auf die Idee: Wir machen ein Seminar. Klingt simpel, aber: etwas gemeinsam zu organisieren, macht einen stärker, das stärkt das Wir-Gefühl. Das ist schon mal ein schöner Grund.

Zum anderen gab´s bei unserem Stammtisch auch wiederkehrende Fragen, mit denen jeder irgendwann nach dem ersten Bier rausgerückt ist. Fragen wie: Hast du für den Verlag x schon mal gearbeitet? Was zahlen die denn? Was verlangst du denn so am Tag? Bekommst du das durch? Was machst du, wenn eine Redaktion sich bockig stellt und nicht druckt/zahlt/auf Mails reagiert? Jeder sitzt halt in seinem stillen Kämmerlein und fragt sich insgeheim, wie die anderen verhandeln. Wir wussten: Darauf gibt es Antworten. Christian Sauer hat die Antworten. Weil der beide Seiten des Schreibtischs kennt, die Schreiber- und die Chef-Seite. Weil der Insiderwissen hat. Und weil er ein ausgebildeter Coach ist. Den laden wir ein, und der wird uns schlauer machen. Das hat auch funktioniert.

Warum sollte man an dem Workshop teilnehmen?

Weil es diesen Workshop nirgendwo sonst gibt in Deutschland. Er ist passgenau auf die Bedürfnisse von Freien zugeschnitzt. Beispiel: Wenn du dich bei der Akademie für Publizistik in Hamburg oder der Akademie der Bayerischen Presse in München anmeldest, dann sitzt du garantiert mit Pressesprechern, PR-Schreibern und Semi-Professionellen an einem Tisch. Die haben aber ganz andere Fragen, manchen fehlt es an den Basics, und meisten driften solche Seminare auf Nebenschauplätze ab. Zweitens: Wer an dem Workshop teilnimmt, erfährt, wie das Gegenüber (der Redakteur, der Verlag) beim Verhandeln wirklich denkt. Das ist kein Coaching-Blabla, sondern Wissen aus einem Leben vom und mit dem Journalismus. Christian Sauer trainiert unter anderem auch (Chef-)Redakteure deutscher Zeitungen und Zeitschriften: Wer, wenn nicht er, weiß, wie man diesen Leuten begegnet?

Wie geht Seminarleiter Christian Sauer vor?

Das Gute ist, dass er kein Regelwerk verteilt, das stumpf sagt: Wenn x dir dieses Honorar vorschlägt, dann muss du jenes erwidern. Und wenn y soundsoviel Tage nicht auf deine Mail reagiert hat, dann tust du bitte folgendes. Christian Sauer hilft einem dabei, ein inneres Koordinatensystem zu etablieren: Wieviel will ich mit diesem Job verdienen? Wo ist mein Limit? Was sind Sidekicks, die mich interessieren, und die Teil der Verhandlung werden könnten – Reisekosten, Referenzen, Teilnahme an Redaktionskonferenz etc. Weiter geht es: Ist der Gesprächsstil meines Gegenüber kuschelig, sportlich oder kämpferisch? Wie reagiere ich darauf? Wann ist ein guter Zeitpunkt, mein Angebot auf den Tisch zu legen? Welche Verben gehen mir gut über die Zunge, um meine Bedürfnisse zu formulieren? Was fühlt sich schief an? Sauer arbeitet viel mit Gruppenübungen, auch mit Rollenspielen – was supergut funktioniert, wenn einem die Strategie des Rollenspielens kurz erläutert wird. Jeder kann sich im geschützten Rahmen ausprobieren, er kann eine Technik testen, die ihm sonst völlig zuwider oder fremd ist. Eigentlich ist das so wie beim Schwimmunterricht, wenn man eine neue Kraultechnik übt. Es gab an unserem Tag keine einzige böse Kritik, sondern enormen Respekt seitens des Referenten und das gute Gefühl, dass man jede Redewendung und Verhandlungsstrategie frei ausprobieren kann. Ein enormer Vorteil war auch, dass die Gruppe wohlwollend untereinander war, weil wir uns größtenteils vom Stammtisch kannten. Den Vorteil habt ihr in Berlin auch! Und den muss man sich unbedingt bewusst machen: Wenn man sich untereinander kennt, öffnet man sich leichter und der Lerneffekt ist größer.

Welchen persönlichen Nutzen ziehst Du aus dem Workshop?

Persönlich gesprochen: Vor drei Jahren vielleicht war ich noch ziemlich unsicher und verschwurbelt in Verhandlungsgesprächen. Dass ich klarer geworden bin, ist ein Entwicklungsprozess, sowas geht nicht von jetzt auf gleich, jedenfalls nicht bei mir. Ich hab mir auf diesem Weg oft gewünscht, Mäuschen spielen zu können bei Kolleginnen und Kollegen: Wie machen die das eigentlich, habe ich mich gefragt. Jetzt, beim Seminar mit Christian Sauer, konnte ich all das erleben. Ich habe mir Sätze aufgeschrieben, mit denen andere ihre Verhandlungen einleiten, die ich total schlau finde, auf die ich aber nie gekommen wäre. Ich habe beim Üben gemerkt, dass ich noch mehr Tempo rausnehmen muss aus meinem Reden, und dass es manchmal Seitentüren gibt, wenn der Weg nicht durch die Haupttür führt. Vor-Ort-Recherchen sind jetzt kein ungeklärter Teil einer Honorarverhandlung mehr, sondern dezidierte Verhandlungssache, um das Honorar nach oben oder unten zu bewegen. Abgesehen davon glaube ich an die Macht des Vorbilds: Christian Sauer ist ein Journalist der alten Schule. Der eher fragt als redet. Der zuhört und beobachtet. Der über Werte spricht und Motivation, wo andere über Geld und Effizienz reden. Ich fand das ungeheuer wohltuend.

–––

Einige Plätze sind noch frei, anmelden sollte man sich bis zum 22. Dezember 2010, das Anmeldeformular und Infos gibt es hier.

+++ Nachtrag, 22. Dezember 2010: Das Seminar ist ausgebucht! +++


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