Faire Verträge
6. Juli 2021

Manifest der taz-Freien: „Auch wir sind taz“

Soeben haben wir der taz gemeinsam mit drei weiteren Verbänden ein Manifest übersandt, das „Manifest der taz-Freien“. Zu den Verfassern zählen neben uns FREELENS, ver.di, der Deutsche Journalisten-Verband DJV Berlin und der Journalistenverband Berlin-Brandenburg e.V. DJV Berlin – JVBB. Gemeinsam fordern wir die Zeitung auf, ihre Mindesthonorare für Freie zu erhöhen und an die Gehaltsentwicklung ihrer Festangestellten anzubinden. Über 130 taz-Freie und Korrespondent*innen haben das Manifest unterzeichnet.

Manifest der taz-Freien
Auch wir sind taz – Wir fordern Gleichbehandlung

Wir sind Korrespondent:innen der taz oder arbeiten auf andere Weise ohne Festanstellung regelmäßig für die taz. Wir identifizieren uns mit der taz, und wir werden auch in unseren Arbeitsfeldern als Gesichter der taz wahrgenommen.

Deshalb wollen wir in einem zentralen Punkt künftig mit unseren festangestellten Kolleg:innen gleichbehandelt werden: Wir wollen im gleichen Maß am Erfolg und am Aufschwung der taz teilhaben. Wenn die Gehälter der Festangestellten um 2,5 Prozent erhöht werden, sollen sich auch unsere Pauschalen, Zeilengelder, Bildhonorare und Tagessätze um 2,5 Prozent erhöhen. Wenn die Festangestellten einen Bonus oder eine einmalige Gehaltserhöhung erhalten, sollen auch wir in entsprechender Weise bedacht werden. Gleichbehandlung heißt für uns: den gleichen prozentualen Zuwachs zu erhalten, parallel und automatisch, ohne dass wir bitten und betteln müssen. Weil es eine Selbstverständlichkeit ist, weil es eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

Leider war dies in den letzten Jahren nicht der Fall. In den letzten zehn Jahren (außer 2013) wurden die Gehälter der Festangestellten jeweils um 2,5 Prozent erhöht, während die Honorare der nichtangestellten Tazzler:innen in der Regel unverändert blieben. So hat die taz ihre Zeilengelder im selben Zeitraum nur einmal (2019) um zwei bzw. vier Cent erhöht. Das heißt: die Honorare der Festangestellten stiegen binnen 10 Jahren (mit 24,9 Prozent) zehn Mal so stark wie die meisten Zeilensätze der taz. Und dabei sind einmalige Gehaltserhöhungen wie Anfang 2021 noch nicht einmal mitgerechnet. Dass dies einseitig und nicht fair ist, bedarf wohl keiner weiteren Erklärung. Dabei müssen wir alle inflationsbedingt fast jährlich einen realen Honorarverlust hinnehmen. Wer beispielsweise heute das selbe Honorar wie vor zehn Jahren bekommt, erhält damit nicht einmal mehr 85 Prozent der Kaufkraft von damals.

So kann und darf es nicht weitergehen. Die ungleiche Entwicklung bei den Einkommenszuwächsen muss aufhören. Wir wollen nicht mehr Tazzler:innen zweiter Klasse sein. Wir tragen unseren Teil zum Erfolg der taz bei, deshalb wollen wir auch gerecht am wirtschaftlichen Erfolg der taz teilhaben. Und falls harte Zeiten kommen, dann müssen wir genauso auf Zuwächse verzichten wie die Festangestellten. Wir wollen Gleichbehandlung – in guten und in schlechten Zeiten.

Das Hauptargument gegen unseren Wunsch war bisher: Die taz kann sich das nicht leisten, es ist nicht genug Geld da. Wir halten eine solche Argumentation für empörend. Niemand käme auf die Idee, z.B. den Teilzeitbeschäftigten die Gehaltserhöhung zu versagen, weil es nur für die Vollzeitbeschäftigten reicht. Niemand würde wagen, Frauen von Erhöhungen auszuschließen, weil es nur für Männer reicht. Die Budgets der Redaktionen müssen so bemessen sein, dass Gleichbehandlung möglich ist. Die Erhöhung muss allen zugute kommen, die dazu gehören. Und wir gehören dazu.

Als ein Grund für die Einkommenszuwächse der Festangestellten wurde auch die Verdichtung der Arbeit durch die Digitalisierung genannt: Es müssen immer mehr Kanäle beschickt werden, immer mehr Absprachen sind nötig, immer mehr Verwaltungsaufgaben kommen hinzu. Ja, so ist es. Aber das gilt für uns genauso! Auch wir müssen Print- und Online-Versionen liefern. Wir müssen Absprachen doppelt und dreifach treffen und zugleich den immens angewachsenen digitalen Informationsfluss bewältigen. Unsere Arbeit hat sich genauso verdichtet wie die der Festangestellten.

Früher hieß es oft, die Freien haben noch andere, potentere Auftraggeber, die Freien brauchen die

Honorarerhöhungen der taz gar nicht. Das war bereits damals ein seltsames Argument, denn die taz wollte unsere Arbeit und Kreativität schon immer gerne vorrangig. Aber das Argument wird durch die Medienkrise von Jahr zu Jahr haltloser. Schließlich kommen andere Medien oftmals schlechter durch die Krise als die taz und sparen dann häufig an den Freien. Die taz und das Einkommen von der taz wird für die nicht-angestellten Tazzler:innen also nicht unwichtiger, sondern im Gegenteil immer wichtiger.

Natürlich sind die Verhältnisse der freien Tazzler:innen sehr unterschiedlich. Manche verdienen unter dem Strich ganz gut, andere kratzen am Elend. Das darf aber nicht dazu führen, dass es Honorarerhöhungen nur für die Ärmsten der Armen unter den taz-Freien gibt. Gleichbehandlung heißt, dass wir keine Bedürftigkeitsprüfung über uns ergehen lassen müssen, bevor wir die für alle vorgesehene Honorarerhöhung erhalten. Bei Festangestellten wird auch nicht kontrolliert, ob sie geerbt haben oder ob ihre Partner:innen bereits gut verdienen. Gleichbehandlung ist Gleichbehandlung und kein Almosen.

Die Situation der prekär beschäftigten und besonders schlecht bezahlten freien Tazzler:innen muss anders verbessert werden. Die Gewerkschaften und Berufsverbände werden der taz Vorschläge für eine Anhebung der Mindest-Zeilengelder (auf 65 Cent), der Mindest-Tagespauschalen (auf 160 Euro) und der Mindest-Fotohonorare (auf 35 Euro Print/25 Euro Online/Tagesauftrag 105 Euro) machen. Diese Vorschläge unterstützen wir ausdrücklich.

Die Forderung nach Gleichbehandlung bei Einkommenssteigerungen ist hierauf aber nicht anrechenbar, sondern steht für sich. Es ist eine Schande, dass wir dies überhaupt einfordern müssen. Wir suchen deshalb des Gespräch mit Chefredaktion, Geschäftsführung, Redaktionsrat, Betriebsrat, Aufsichtsrat und nicht zuletzt mit der Genossenschaft. Als Journalist:innen liegt uns auch der Gang in die mediale Öffentlichkeit nicht fern.

Unsere Forderung ist so einfach, gerecht und nachvollziehbar, dass die taz sie nicht ablehnen kann.


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