Hölle-Kandidat Nr. 1: SZ
Freischreiber nominiert die Süddeutsche Zeitung für den Hölle-Preis 2018.
Begründung: Wir wissen es noch aus dem vergangenen Jahr: Die Süddeutsche Zeitung hat sich große Verdienste erworben, wenn es darum geht, aufzudecken, in welche Steueroasen die Reichen ihre Milliarden retten. Als klassisch liberale Zeitung ergreift sie in der Flüchtlingsfrage und bei Justizskandalen Partei für die Schwachen.
Wenn es aber darum geht, die Arbeitsbedingungen mit freien Journalistinnen und Journalisten zu gestalten, schreckt die Süddeutsche Zeitung nicht vor kalter Enteignung zurück. So gibt die SZ die bei ihr erschienenen Texte an den Schweizer Verlag Tamedia weiter und wird dafür gut bezahlt. Die Beteiligung der Autoren an diesem Deal? NULL. Um diese Unverschämtheit zu zementieren, verschickte der Süddeutsche Verlag neue Autorenverträge. Wer mit der Unterschrift zögerte, wurde als Autor zunächst einmal gesperrt.
Ein einmaliger Vorgang? Leider nicht. Die Südwestdeutsche Medienholding (SWMH), zu der die Süddeutsche Zeitung gehört, macht wegen ihres Geschäftsgebarens immer wieder von sich reden – ob bei der Schließung von Druckereien, bei der Verteilung von AfD-Propaganda oder beim Ausquetschen von Freien, die sich nur noch durch Streik zu wehren wissen.
Aber zurück zur Süddeutschen. Anderthalb Jahre, nachdem wir der SZ den Hölle-Preis verliehen haben, hat sich an ihrem Verhalten rein gar nichts geändert. Was in unseren Augen rechtfertigt, sie ein weiteres Mal zu nominieren, ist nicht nur die Tatsache, dass die Umstände so schlecht sind wie 2017, sondern auch das Kommunikationsverhalten des Verlags und der Chefredaktion.
Alle unsere Einladungen zum Gespräch wurden abgelehnt. Schließlich machten wir uns selbst mit unserer Skulptur auf den Weg nach München. Kein Interesse. Wir gaben die Hölle-Skulptur beim Empfang ab und wissen bis heute nicht, was aus ihr geworden ist. Wenn Zeitungen mit Journalisten nicht mehr sprechen, dann ist etwas faul an unseren Arbeitsbedingungen. Darum nominieren wir zum ersten Mal in der Geschichte des Preises einen Hölle-Preisträger ein weiteres Mal. Wir haben es noch nicht aufgegeben. Süddeutsche, wir müssen reden.
Hier geht´s zum Nominierungstext als pdf.
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Freischreiber e.V. vergibt einmal im Jahr den Himmel- und Hölle-Preis. Er geht an Redaktionen, Personen, Verlage oder andere Unternehmungen, die sich im vergangenen Jahr für die Belange des freien Journalismus eingesetzt bzw. zum Schaden des Berufsstandes beigetragen haben. Hier geht es zu den Statuten. Und hier zu den Nominierten für den Himmel-Preis 2018. Die Preisverleihung findet mit der Bekanntgabe der Preisträger am 17. November in Berlin zusammen mit der Gala „10 Jahre Freischreiber“ statt.
24. Oktober 2018