Herzlichen Glückwunsch, es ist eine Honorarkürzung!
Ende April erreichte eine Gruppe freier Journalisten eine Email der Chefredaktion von ELTERN. Die Wirtschaftskrise mache der Medienbranche schwer zu schaffen, hieß es darin. Und obwohl ELTERN noch nicht vom Zusammenbrechen des Anzeigenmarktes betroffen sei, stünden auch bei diesem Magazin die Kosten auf dem Prüfstand. Wenn freie Journalisten in diesen Tagen Post bekommen, die so beginnt, können sie gar nicht verhindern, dass sich die Mundwinkel nach unten ziehen, als hingen kleine Gewichte daran. Denn sie wissen: Diese Email will mir ans Portemonnaie. Und so kam für die Freien auch in diesem Fall, was kommen musste: Die ELTERN-Honorare werden gekürzt, um zehn bis 25 Prozent. Die Chefredaktion beendete die traurige Botschaft mit dem Satz „Dass es uns andersrum lieber wäre, glauben Sie uns vermutlich alle.“ Tun wir. Weil wir wissen, dass es auch für festangestellte Kollegen schon schönere Tage gab. Die Medienkrise erwischt jeden, egal, wo sein Schreibtisch steht. Und trotzdem wollten wir diese Kürzung im Namen der Freien, die für ELTERN arbeiten, nicht kommentarlos hinnehmen. Denn bei allem Verständnis: Es ist für freie Journalisten schwer zu akzeptieren, dass sie regelmäßig zum Gelingen eines Heftes beitragen – auch zum ökonomischen – und dann Honorarkürzungen schlucken müssen, obwohl sich an den Einnahmen des Magazins offensichtlich nichts geändert hat. Also schrieb Felix Zimmermann aus dem Vorstand von Freischreiber diese Email an die Chefredaktion des Magazins zurück: —– Liebe Frau Lewicki, ich schreibe Ihnen als Mitglied des Vorstandes von Freischreiber, dem Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten. Unsere Mitglieder diskutieren zurzeit über die Kürzungen der Honorare für Freie Mitarbeiter der Zeitschrift ELTERN. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen verlieren zum Teil bis zu einem Viertel ihres bisherigen Honorars – für die gleiche Arbeit. Ich möchte Sie im Namen von Freischreiber bitten, darüber nachzudenken, ob eine Honorarkürzung in dieser Größenordnung tatsächlich unumgänglich ist. Wir als freie Journalisten erleben nicht selten,daß wir als schwächstes Glied in einer Kette fester und freier Mitarbeiter angesehen und auch behandelt werden. Ohne unsere Arbeit wären viele Magazine um einiges dünner. Und selbst wenn manche von uns über viele Jahre treu und auf eigenes Risiko für ein Blatt arbeiten, haben sie noch nie eine Honorarerhöhung erlebt. Im Gegenteil. Es wäre schön, wenn wir zu spüren bekämen, dass unsere Arbeit wert geschätzt wird – weiterhin, selbst in der Krise, und auch finanziell. Mit herzlichen Grüßen, Felix Zimmermann im Namen von Freischreiber P.S. Freischreiber ist der Berufsverband freier Journalistinnen und Journalisten, der Anfang des Jahres in Berlin gegründet wurde. Unsere Mitglieder arbeiten frei für Magazine, Tageszeitungen, Fernsehen, Radio und Online-Medien. Freischreiber vertritt die Interessen freier Journalisten und setzt sich für eine Professionalisierung der Zusammenarbeit mit Redaktionen und Medienhäusern ein. —– Und nun sind wir gespannt, ob die Chefredaktion auf dieses Schreiben antwortet. Sobald wir eine Antwort bekommen haben, werden wir sie hier dokumentieren. Dass es auch uns anders lieber wäre – davon darf jeder ausgehen. —– Nachtrag 15. Mai: Frau Lewicki hat geantwortet, sehr freundlich und korrekt. Sie schreibt, Honorarkürzungen, klar, seien nie schön, ließen sich aber nicht vermeiden, wo doch auch bei großen Verlagen das Geld nicht mehr so locker sitze. Die ELTERN brauche sich aber wegen ihrer Honorare nicht zu verstecken, im Segment Familienzeitschriften zahle niemand besser und pünktlicher. Die Regelung sei angesichts der äußeren Umstände insgesamt fair. Es führte also kein Weg daran vorbei, die Honorarlisten „nach unten“ anzupassen, wie Lewicki in der Mail an ihre freien Mitarbeiter schrieb. Auf dem Hintergrund, dass bei Gruner & Jahr insgesamt jetzt ein schärferer Wind weht, ist das verständlich. Niemand wird erwarten, dass die ELTERN Radau macht – also ihre Kosten nicht auf den Prüfstand stellt, nur um die Freien zu schonen –, wo es dem großen Verlag nun doch etwas bange wird. Vielleicht geht es ja irgendwann wieder aufwärts. Sollte eine Mail kommen mit der Ankündigung, die Honorare würde „nach oben“ angepasst: Wir werden berichten.