Fair vs. Fies
8. Februar 2023

„Grün war die Hoffnung“

So überschreibt Freischreiberin Verena Hagedorn heute im Hamburger Abendblatt ihren Nachruf auf Gruner. Das Flaggschiff des deutschen Magazinjournalismus gab Dienstag bekannt, 23 Titel einzustellen, viele weitere zu verkaufen. Was bedeutet das für uns freie Journalistinnen und Journalisten?

„Eine echte Katastrophe“, fasst unser Co-Vorsitzender Joachim Budde es zusammen. „Nicht genug damit, dass der Bertelsmann-Konzern wochenlang die Gerüchteküche hat brodeln lassen, statt klare Ansagen über Pläne zu machen. Und dann plötzlich reihenweise Magazine einzustellen. Den Kolleginnen und Kollegen brechen mit einem Schlag große Teile ihrer Einkünfte weg. 

Viele hängen in der Luft: Gruner-Magazine, die verschwinden, haben gerade erst Verträge mit diesen Journalistinnen und Journalisten abgeschlossen. Bekommen sie ihr Geld noch? Bezahlt Gruner wenigstens die Arbeit, die sie schon geleistet haben? Sogar um ihr Geld für bereits geschriebene Artikel in den Heften müssen Freie bangen. Dieses Geld müssen sie bekommen! Bertelsmann muss endlich klar kommunizieren, wie es für die Freien weitergeht. 

Wir fragen uns außerdem:

Warum stellt ein Verlag Magazine ein, mit denen er bis zuletzt Gewinn gemacht hat? Wie groß muss die Gier sein in den Medienkonzernen, dass sie sogar solche Titel untergehen lassen? Was ist aus der verlegerischen Verantwortung geworden? Womit sind Presse-Privilegien für solche Häuser noch gerechtfertigt, wenn sie Pressetitel eben doch behandeln wie beliebige andere Produkte?  

Zumal es für einige Titel Interessent*innen aus anderen Verlagen gab. Nicht einmal zum Verkauf war Bertelsmann offenbar bereit. Wir Freien wissen aus leidlicher Erfahrung: Wenn ein Magazin in ein anderes Haus umzieht, hat das Abstriche bei den Honoraren zur Folge. Aber: Das wäre immer noch besser gewesen, als vor dem Nichts zu stehen.

Wir freien Journalistinnen und Journalisten fühlen uns mit den Angestellten verbunden, die RTL und Bertelsmann jetzt vor die Tür setzen. Wir haben zusammen gekämpft. Auch, wenn das letzten Endes weitgehend vergeblich war.“

Einen Hölle-Kandidaten haben wir für 2023 immerhin schon mal sicher.


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