Große Worte großer Männer
Große Worte großer Männer. Heute: Bodo Hombach. Für epd medien hat der Chef des Journalismus-Abbruchunternehmens WAZ * einen Gastbeitrag geschrieben, mit dem er eine “ Initiative für Bezahlinhalte“ im Internet fordert. In Hombachs Beitrag heißt es zum Beispiel laut der von epd dazu verfassten Meldung: „‚Ohne unabhängigen, glaubwürdigen, investigativen Journalismus, der den Mächtigen auf die Finger sieht und den Pfusch am Bau der Gesellschaft enthüllen kann, ist eine freie und offene Bürgergesellschaft nicht denkbar.'“ „Ohne Medienunternehmen, ‚die sich die Qualitätssicherung ihrer Produkte etwas kosten lassen und im Konfliktfall den Pressuregroups kompetent und gelassen Paroli bieten, kann unsere Demokratie nicht funktionieren‘. Diese Qualitätssicherung sei ’nicht zum Nulltarif zu haben'“. „Hombach kritisiert, dass die ‚Gratis-Gewohnheiten im Internet‘ schon als ‚unwandelbar und selbstverständlich‘ gelten: ‚Man nutzt ja gern die aus der Zeitung gewohnte Qualität, aber man will sie für lau.'“ „‚Und ein tapsiger Laienjournalismus, der immer nur sich selber sendet, ist die Lebenszeit nicht wert, die man ihm widmet.'“ Soweit Hombach. Wir wissen allerdings nicht genau, ob Bodo Hombach das wirklich alles selbst geschrieben hat. Vielleicht hat er nur einen in der WAZ -Zentrale installierten Schreibautomat angeworfen und folgende Schlüsselwörter eingegeben: „Google“, „Qualitätssicherung“, „Nulltarif“, „Gratis“, „Pfusch am Bau“. Die Maschine hat geröhrt und gerumpelt, und dann kam dieser Text heraus. Wäre ja vorstellbar, denn der Mann hat viel zu tun und kann sich unmöglich um jeden Kram selbst kümmern. Wie auch immer: Die nächste Frage ist, ob Hombach das alles tatsächlich so gemeint haben kann. Den ersten der oben zitierten Sätze bestimmt. Den “ unabhängigen, glaubwürdigen, investigativen Journalismus, der den Mächtigen auf die Finger sieht und den Pfusch am Bau der Gesellschaft enthüllen kann“ wichtig zu finden, ist immer gut. Die Behauptung, „ohne Medienunternehmen, die sich die Qualitätssicherung ihrer Produkte etwas kosten lassen und im Konfliktfall den Pressuregroups kompetent und gelassen Paroli bieten, kann unsere Demokratie nicht funktionieren“, mag auch noch richtig sein, wirkt aber gerade im WAZ -Fall angesichts massiver Einsparungen* doch einigermaßen kühn. Dann aber die „Gratis-Gewohnheiten im Internet“ anzuprangern, die dazu führten, dass man „gern die aus der Zeitung gewohnte Qualität“ nutze, diese aber „für lau“ haben wolle, läßt an Hombachs Sachverstand zweifeln – vor allem, was die Kostenloskultur im eigenen Haus angeht. Wir haben da ein schönes Beispiel: Ein „Rundschreiben an die Autoren der Redaktion Reise Journal“ aus dem Hause WAZ. Auf den letzten Absatz vor der Grußformel kommt es an: Da wird ganz nonchalant der Buy-Out angekündigt. Der Autor liefert einen Text, und die WAZ darf ihn nach Abdruck im Reise Journal beliebig oft im eigenen Hause in sämtlichen Medien und in den Medien der Partnerverlage – also in Deutschland und der ganzen Welt – veröffentlichen. Mehr als das Honorar für den Erstdruck gibt es nicht. Alles darüber hinaus ist also kostenlos oder – um wie Hombach zu reden – „für lau“. Wenn jetzt jemand fragt, ob das Honorar für freie Autoren bei der WAZ eventuell so hoch ist, dass man auf zusätzliche Honorare für die Nutzung in anderen WAZ -Medien und WAZ -Partnermedien gar nicht angewiesen ist, dann verraten wir mal die Zeilenhonorare: Die liegen laut der Honorarübersicht von mediafon zwischen 22 und 26 Cent. Wer für die WAZ schreibt, arbeitet also quasi von vornherein „für lau“. Kommen wir zum letzten der oben angeführten Hombach-Sätze. Das Wort vom „tapsigen Laienjournalismus, der immer nur sich selber sendet“, taugt ja fast zum Bonmot. So, so, dieser tapsige Laienjournalismus ist also „die Lebenszeit nicht wert, die man ihm widmet“. Da laden wir doch glatt mal ein zum Besuch der Seite von Stefan Niggemeier. Der hat bereits an einigen Beispielen gezeigt, dass auch der WAZ dieser tapsige Laienjournalismus nicht fremd ist. Wir sehen da – um noch einmal wie Hombach zu reden – viel Pfusch am Bau des Journalismus. * dazu auch: Raus aus der Provinz, in: taz, 15. Februar 2009 div. Einträge auf www.medienmoral-nrw.de Einheitsbrei mit „individuellem Look“: Die WAZ-Zeitungen, in: epd medien, Nr. 50, 27. Juni 2009 Das Netz reißt, in: FR, 28. Januar 2009