Faire Rechte
14. Juni 2022

Freelance isn’t free-Act: Freie sind kein Freiwild

Freie Journalisten und Journalistinnen spielen eine Schlüsselrolle in der Informationsvielfalt in Deutschland: Sie sind spezialisiert, sie sind immer da, wo sie gebraucht werden. Ihre Berichte lesen viele. Von den Geschichten dahinter allerdings bekommen nur wenige etwas mit: Honorare, die viel zu niedrig sind, um davon gut leben zu können; und die viel zu oft erst nach Veröffentlichung, nicht nach Lieferung, gezahlt werden. 

Wie man es anders machen kann zeigt ein Beispiel aus den USA:

Im Freelance Isn’t Free Act hat der Bundesstaat New York nun grundsätzliche Regelungen für die Beschäftigung von Freelancer*innen festgelegt und damit ein Konzept übernommen, das bereits seit 2017 erfolgreich in New York City angewandt wird: Freie haben einen Anspruch auf schriftliche Verträge und müssen innerhalb von 30 Tagen nach Erbringung der Leistung bezahlt werden. Werden die Vorgaben missachtet, gibt es kostengünstige Möglichkeiten, die Rechte durchzusetzen. Der Kongress des Bundesstaates hat das Gesetz Anfang Juni verabschiedet. Nun muss es noch formal von Gouverneurin Kathy Hochul unterzeichnet werden.

Bemerkenswert an dem Entwurf ist, dass nicht allein säumige Zahlungen sanktioniert werden können, sondern ebenso Vergeltungsmaßnahmen durch den Auftraggeber, wie etwa mahnende Auftragnehmer*innen auf eine schwarze Liste zu setzen oder zu bedrohen. 

An diesem Punkt hakt es nämlich oft in Deutschland: Ja, im Gesetz steht, wann eine Rechnung gestellt werden kann und bis wann die bezahlt werden muss. Allerdings scheuen sich viele freie Journalist*innen davor, ausstehende Zahlungen anzumahnen, aus Sorge, dann keine Aufträge mehr zu erhalten. 

Hinzu kommt der Faktor der Kosten: Für Mahn- und Vollstreckungsbescheide sowie Gerichtsverfahren werden Gebühren fällig. Und wenn es hart auf hart kommt, stellt sich häufig heraus, dass es unwirtschaftlich ist, ein ausstehendes Honorar einzuklagen.

Während der Corona-Pandemie hat die Bundesregierung, so hoffen wir, Einblicke in die Lebenswirklichkeit von Freiberufler*innen und Selbstständigen erhalten. Nun sollte sie grundsätzliche Probleme angehen! :Freischreiber fordert:

  1. Freie Journalist*innen brauchen einen effektiven Schutz vor Vergeltung, wenn sie ihre Rechte geltend machen.
  2. Gegen Unternehmen, die systematisch zivilrechtliche Bestimmungen in Bezug auf die Bezahlung von Freelancern missachten, sollten Bußgelder möglich sein.
  3. Freie Journalist*innen brauchen Möglichkeiten, offene Forderungen so kostengünstig wie möglich einziehen zu können.

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