Ein Kerzchen für Herrn Burda
Wenn man in diesen Tagen die Medienseiten der großen Tageszeitungen aufschlägt, kann man mitunter kaum den Impuls unterdrücken, in der Kirche ein Kerzchen anzünden zu wollen. Nicht, dass wir uns über die Krise unser Branche lustig machen wollten. Aber es ist manchmal fast rührend mitanzusehen, wie dieselben, die nicht zugeben wollen, dass es zwischen Freien und Verlagen ein strukturelles Ungleichgewicht gibt, in der Öffentlichkeit das strukturelle Ungleichgewicht zwischen Verlagen und Suchmaschinen beklagen. Der jüngste Fall: Hubert Burdas Beitrag in der FAZ vom vergangenen Dienstag. „Suchmaschinen, aber auch Provider und andere Anbieter profitieren überproportional von unseren teuer erstellten Inhalten“, schreibt Hubert Burda. Da hat er wahrscheinlich recht. Ganz sicher recht hat er mit seiner Schlussfolgerung: „Doch wer die Leistung anderer kommerziell nutzt, muss dafür bezahlen. […] Sonst sehen wir der schleichenden Enteignung der Inhalte-Produzenten tatenlos zu.“ Dagegen, Herr Burda, sollten wir gemeinsam vorgehen, fangen wir bei Ihren Online-Angeboten an? Burda fordert weiter „das Recht, an den Erlösen der Suchmaschinen fair und zu überprüfbaren Konditionen zu partizipieren.“ Burda will also mehr Geld, und das, aufgepasst!, trotz der Finanzkrise. Und wie begründet er das? „Bei alledem geht es um viel mehr als die rechtliche Beanspruchung eines ‚fair share and fair use‘, eines fairen Umgangs mit Informationen und eines fairen Anteils an der Wertschöpfung im Internet. Es geht um die Bewahrung eines Kulturguts.“ Gut gebrüllt, Löwe aus dem Arabellapark! Aber warum nur haben wir in den vergangenen Monaten den Eindruck gewonnen, dass die Bedeutung dieses Kulturguts keine Rolle spielt in Gesprächen zwischen freien Journalisten und Verlagsverantwortlichen? Da heißt es dann entweder „Es hat Sie ja keiner gezwungen, unsere Verträge zu unterschreiben.“ oder „Wenn es Ihnen nicht gelingt, mit Ihrer Arbeit höhere Preise zu erzielen, ist das nicht unser Problem.“ Und macht man in solchen Gesprächen klar, dass es sich längst nicht mehr um individuelle Probleme handelt, sondern dass inzwischen vielmehr ein strukturelles Ungleichgewicht entstanden ist, fängt die Keiner-gezwungen-Ihr-Problem-Argumentation eben wieder von vorne an. Deshalb, lieber Herr Burda, tun Sie uns einen Gefallen! Wenn Sie schon so flammende Plädoyers über die Bedeutung des Journalismus verfassen, geben Sie doch auch Ihren Mitarbeitern in den Rechtsabteilungen einen kleinen Stups. Sorgen Sie dafür, dass wir alle gemeinsam auf Augenhöhe sprechen und an Ideen feilen können, mit denen wir unsere Branche in ein neues Zeitalter hinüber hieven. Wenn uns das gelungen ist, können wir gern gemeinsam ein Kerzchen anzünden.