Die Zusammenarbeit ist damit beendet…“ – Wie „Die Glocke“ einen Mitarbeiter rausschmiss
Anfang des Jahres haben der Deutsche Journalistenverband (DJV) und die deutsche journalisten-union (dju) gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) Honorarsätze für freie Tageszeitungsjournalisten beschlossen. Diese Honorare haben den Anspruch, die Arbeit der freien Autoren „angemessen“ zu vergüten. Freischreiber hat sich frühzeitig gegen die Vergütungsregeln ausgesprochen, weil sie nicht angemessen sind und Bedingungen zementieren, unter denen professioneller, unabhängiger, sauber recherchierter Journalismus durch freie Journalisten nicht möglich ist. Es gibt aber noch ein weiteres Problem: Freie Journalisten können sich gar nicht darauf verlassen, dass die von den Verbänden gemeinsam ausgehandelten Vergütungsregeln für sie gelten. Sie müssen das bei Ressortleitern und Chefredakteuren selbst einfordern – was oft aussichtslos ist. Dass Freie praktisch überall auf Granit beißen, zeigt eine von DJV und dju erstellte Landkarte, auf der jeder rote Punkt eine Zeitung markiert, die sich weigert, die Vergütungsregeln anzuwenden. Freischreiber-Mitglied Daniel Drepper hat bei seiner Heimatzeitung Ahlener Tageblatt – auch bekannt als Die Glocke – für einen Artikel auf Bezahlung nach den Vergütungsregeln bestanden – und wurde rausgeschmissen. Hier ist sein Bericht: “Herr Drepper, die Summe ist für die Abrechnung Dezember angewiesen, die Zusammenarbeit mit der Glocke damit dann beendet.” Mail Ahlener Tageblatt danieldrepper.de Das ist das Ende meiner Arbeit für das Ahlener Tageblatt – auch “Die Glocke” genannt. Ich komme aus der Nähe von Ahlen, starte bei Lauf-Wettkämpfen noch immer für einen Ahlener Verein und habe als Schüler und Student jahrelang immer wieder für die Glocke geschrieben. Anfang November habe ich versucht, für einen Text die offiziellen „Vergütungsregeln für Tageszeitungen“ zu bekommen, die vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und den Gewerkschaften DJV und dju unterschrieben wurden. Jetzt bin ich, wie man sieht, in ziemlich knappen Worten rausgeschmissen worden. Ich habe einen Text über eine bayrische Leichtathletin geschrieben, die seit kurzem für einen Ahlener Verein startet. Typischer Lokaljournalismus. Immerhin habe ich neben dem Telefonat mit der Athletin noch zwei weitere Personen per Mail angefragt. Der Aufwand lag geschätzt bei zwei bis drei Stunden. Per Mail ging der Text an die Sportredaktion. In der Mail habe ich detailliert und ausdrücklich auf die neuen Vergütungsregeln verwiesen und diese als Bedingung für den Abdruck vorausgesetzt. Ein Sportredakteur rief mich zurück, vergewisserte sich, dass das tatsächlich eine Bedingung und keine Bitte war und sagte, dass die Redaktion den Honorarsatz nicht zahlen könne. Auf meinen Hinweis, dass ich als hauptberuflich tätiger freier Journalist von den Honoraren leben müsse, hat er mir versichert, noch einmal mit dem Sportchef zu sprechen und sich dann erneut zu melden. Am nächsten Tag war mein Text im Blatt – ohne dass sich nochmal jemand gemeldet hätte. Daraufhin schrieb ich dem Sportchef, dass ich mich freuen würde, dass alles so reibungslos geklappt hat und ich es mir von nun an eventuell wieder häufiger erlauben könne, für das Ahlener Tageblatt zu schreiben. Es ging um 86 Zeilen à 41 Cent. Die 41 Cent sind die untere Grenze des Zweitdruckrechts bei einer Auflage bis 25000 (lt. Vergütungsregeln für freie Journalisten an Tageszeitungen). Insgesamt hätten mir für den Text also 35,26 Euro zugestanden. Der Sportchef schrieb zurück, dass diese Honorarsätze die üblichen Honorare des Ahlener Tageblattes deutlich übersteigen würden. Er habe mir 20 Euro plus Bildhonorar angewiesen (das von mir organisierte Bild der Läuferin war von einem Privatmann geschossen, aber fälschlicherweise mir zugeschrieben worden). Ich schrieb zurück, dass ich die Honorierung nicht akzeptiere, da ich vor der Veröffentlichung klare Bedingungen gestellt hätte und nicht von seinem Wohlwollen abhängig sein wolle. Und ich habe ihm eine Rechnung über 35,26 Euro geschickt. Vier Wochen lang bekam ich keine Antwort. Dann traf vor gut einer Woche das Honorar der Glocke auf meinem Konto ein: 23,84 Euro. Daraufhin habe ich mich an den DJV und die Freischreiber gewandt, eine Mahnung aufgesetzt und am Donnerstagnachmittag verschickt. Das Ergebnis steht oben: Rausschmiss. Diesmal hat die Antwort übrigens nicht lange auf sich warten lassen. Um genau zu sein: 55 Minuten. Der Rauswurf tut mir persönlich nicht weh. Ich habe in letzter Zeit nur noch selten für die Glocke geschrieben. Mehr aus Lokalpatriotismus denn aus dem Zwang heraus, dort mein Einkommen verdienen zu müssen. Ich wohne mittlerweile in Mainz und arbeite für andere Medien. Mir fiel es dementsprechend leicht, mit der Redaktion auf Konfrontationskurs zu gehen. Für die meisten Kollegen vor Ort dürfte das schwerer sein. Der DJV will jetzt übrigens mit der Glocke ins Gespräch kommen. Damit diese den Rausschmiss zurücknimmt und die Vergütungsregeln anwendet. Ich bin gespannt, was sich daraus entwickelt. Crosspost, mit freundlicher Genehmigung von Daniel Drepper ––– Mehr dazu: Vergütungsregeln – Wie die Frankenpost mit Mitarbeitern umgeht, die nach den Vergütungsregeln bezahlt werden wollten „Keine berauschenden Honorarsätze“, sagt die dju – und findet die Vergütungsregeln trotzdem gut