Die Wiederholungstäter vom Baumwall
»Wiederholungstäter – Was Kinder lernen, wenn sie alles 100-mal machen« heißt eine Geschichte im aktuellen Gruner und Jahr Flaggschiff Eltern. Ob die Verlagsmanager im Mutterhaus Gruner+Jahr lernfähig sind, bezweifeln wir. Der Verlag hat in dieser Woche allen Autoren aller Magazine (außer Corporate) einheitliche Rahmenverträge geschickt. Schon wieder versucht der Verlag einen Rahmenvertrag durchzudrücken, der dem branchenüblichen Muster folgt: möglichst wenig bezahlen, möglichst alles dafür bekommen.
Nach dem geltenden Urhebervertragsrecht ist die aktuelle Vereinbarung (nach heutigem Stand) wohl nicht angreifbar. Doch auch beim gefühlten 100sten-mal haben die Manager in der Sache nichts dazugelernt. Im Anschreiben heißt es: »Gruner + Jahr (G+J) möchte mit seinen freien Fotografen, Autoren und Illustratoren (zusammen „Urhebern“) eine Partnerschaft auf einer gesicherten und einheitlichen Grundlage aufbauen.« Von einer Partnerschaft erwarten wir uns allerdings, dass Zusagen auch eingehalten werden.
Ja, Gruner+Jahr hat vorher mit uns gesprochen, zum ersten Mal vor zwei Jahren. Doch die Gespräche waren, wie sich jetzt herausstellt, reine Zeitverschwendung. Noch nicht einmal die Verkürzung der ewigen Exklusiv-Fristen von 12 auf drei bis sechs Monate, wie man uns das zugesagt hatte, wurde in die jetzige Vereinbarung aufgenommen. Die vollkommen unnötige 12-monatige Exklusivität macht jede Zweitverwertung zu nichte. Hinzu kommt die weiter vollkommen unzureichende Vergütung der Onlinenutzung und vor allem die mögliche kostenlose Weiterverwertung eines Textes in der so genannten Markenfamilie. In allen wesentlichen Punkten einer fairen Zusammenarbeit gab es also kein Entgegenkommen.
Noch immer verweigert sich der Verlag G+J einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Der Vertrag entspricht dem rechtlich zulässigen Mindeststandard. Der neue Rahmenvertrag enteignet also weiter freie Journalisten. (Wir stellen unseren Mitgliedern in Kürze jetzt eine rechtlich kommentierte Version des Vertrags zur Verfügung.) Und dennoch: Änderungen im Vertragstext wird Gruner+Jahr – wie angekündigt – nicht zulassen.
Wir empfehlen unseren Mitgliedern die weiter für Gruner und Jahr arbeiten müssen, folgende Mindeststandards mit ihren Ansprechpartnern in den Redaktionen ergänzend zu vereinbaren – und im Zweifel auf jede Rechnung zu drucken:
- 1. Der Verlag verpflichtet sich in allen Online Publikationen, soweit technisch möglich, „METIS-Zählpixel“ der VG-Wort einzubauen.
- 2. Wir werden den Autor von uns aus auf alle zusätzliche Nutzungen seines Werks aufmerksam machen und darüber mindestens halbjährlich Rechnung legen.
- 3. Bei Änderungen nach Abnahme wird der geänderte Text an den Autor übermittelt. Ihm wird die Möglichkeit eingeräumt, Korrekturen anzubringen.
- 4. Die Mehrfachverwertung innheralb der Markenfamilie gleich bei den Verhandlungen mit einem entsprechenden Aufschlag auf das Honorar zu versehen. Sowie ein Punkt, der stark von Ihrem Geschäftsmodell abhängt. Sind Sie auf die Mehrfachverwertung angewiesen, z.B. als Reisejournalist, sollten Sie unbedingt versuchen zusätzlich zu vereinbaren:
- 5. In Abweichung von Punkt 3.7 des Rahmenvertrags darf der Autor Recherchematerial für andere Aufträge sammeln und weiter verwenden.
Individuelle Fragen zum Vertrag beantwortet unsere kostenlose Rechtsberatung. Vertragsversion um Vertragsversion: Was Autoren mit jedem Buy-Out-Vertrag lernen: Die großen Verlage ändern sich nicht in Verhandlungen. Sie müssen dazu gezwungen werden. Freischreiber setzt sich deshalb für eine Klarstellung im Urhebervertragsrecht ein, damit solche Verträge nicht mehr möglich sind. Unterstützen Sie uns dabei!;
UPDATE: Jetzt steht der juristisch kommentierte Vertrag für unsere Mitglieder zur Verfügung.
Juni 2013