Höllischer Pressdruck: Die Augsburger Allgemeine
Unsere Hölle-Preis Nominierung Nr. 4: „Macher des Fortschritts“ – dazu zählte der Bayrische Wirtschaftsminister Martin Zeil Alexandra Holland, als er im März die Leiterin der Mediengruppe Pressedruck in Augsburg für ihre „unternehmerische Leistung“, ihren „Einsatz für den Wirtschaftsstandort“ und ihr „soziales Engagement“ mit der bayrischen Staatsmedaille auszeichnete.
Die Augsburger Allgemeine
Holland, die die Augsburger Allgemeinen herausgibt, sei „ganz entscheidend zu verdanken, dass die Mediengruppe Pressedruck zur zweitgrößten Regionalzeitungsgruppe in Bayern und zur achtgrößten in Deutschland heranwachsen konnte“. Damit, so der Minister, sei der Medienstandort Bayern „nachhaltig gestärkt“ worden. Die Position der freien Journalisten, die für die Augsburger Allgemeine arbeiten, ist allerdings nachhaltig geschwächt worden. Ihnen gegenüber machte die Mediengruppe Pressedruck ihrem Namen alle Ehre: Trotz zweistelliger Umsatzrenditen hat er im vergangenen Winter ein Sparpaket von 3,7 Millionen Euro angekündigt. Zusammen mit weiteren Zeitungen des Verlags sollen insgesamt in den nächsten Jahren zehn Millionen eingespart werden.
Die Freien sind davon besonders betroffen: Um zehn Prozent sollen die Honoraretats für gekürzt werden. Und nicht nur das: zwar gibt die Augsburger Allgemeine an, hauptberuflich freie Journalisten nach den Vergütungsregeln zu zahlen. Freie Autoren widersprechen dem jedoch. Im Gegenteil seien die Honorare unterschiedlich und zu niedrig, sagen sie und nennen Zeilenhonorare zwischen 50 und 70 Cent. Dabei ist die Augsburger Allgemeine die zweitgrößte Regionalzeitung Bayerns – mit einer Auflage von mehr als 200 000 Stück. Aus Angst, den Auftraggeber zu verlieren, trauen sie die Autoren jedoch nicht, diese tatsächlich auszuhandeln.
Der Fall belegt nicht nur, wie wenig bereit insbesondere Regionalzeitungen sind, sich an die verbindlichen Vergütungsregeln zu halten, die ohnehin nicht zum Leben reichen. Sondern auch, dass die Zeitungskrise relativ ist, aber auf alle Fälle ein Grund für Einsparungen, Spitzenrenditen hin oder her. Für die tiefe Kluft zwischen dem formulierten Fairen Umgang und der sozialen Realität des Medienhauses spricht auch der Auftritt von Andreas Scherer, dem Vorsitzender des Bayrischen Zeitungsverlegerverbandes auf den Münchner Medientagen: Scherer, der neben Alexandra Holland die Mediengruppe Pressedruck leitet, sorgte sich dort öffentlich um die Zeitungsausträger, die bei Wind und Wetter seine Blätter verteilen: man berechne bereits die „finanzielle Belastung“ für die Verlage, sollten die Austräger statt 400 Euro einen Mindestlohn bekommen, von dem sie halbwegs leben können.