vom 22T13:11:03+00:00.04.2020

22. April 2020

Von gestrafften Honoraren und räudigen Marabus

Liebe Freischreiberïnnen, liebe Kollegïnnen und liebe Freundïnnen von Freischreiber,
 
normalerweise platzt unser Redaktionsordner vor Nachrichten, die wir unbedingt im nächsten Newsletter unterbringen wollen. Jetzt ist er fast leer. Und was sich darin befindet, handelt von Corona. Wir stellen fest, dass sich unser Blick verengt, obwohl die Welt jenseits des Virus nicht zum Stillstand gekommen ist. Das ist eine bedenkliche Entwicklung. Sie hat viel damit zu tun, dass wir im Moment nicht so recherchieren können wie sonst. Und natürlich auch damit, dass die Corona-Krise für viele freie Kollegïnnen der perfekte Sturm ist: weitgehender Auftragsstopp, keine Kinderbetreuung, kaum noch Vor-Ort-Recherchen, kaum noch Einkommen. Und verdammt viele Sorgen, wie und ob es weitergeht. 

Wir müssen berichten!
 
Aber wir sind Journalistïnnen, wir müssen berichten, was abgesehen von Corona auf der Welt geschieht. So wie es diese Kollegïnnen tun, deren Artikel oder Dokumentationen wir hier verlinken, etwa zu den Flüchtlingslagern in Moria (Wiener Zeitung) und Syrien (Arte). Oder zum Voranschreiten der Klimakrise (Correctiv) und der Suche nach Lösungen (Riffreporter). Oder zum Einknicken (Tagesspiegel) des Bundesinnenministeriums vor der AfD. Oder über den Rückschritt in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie (falter.at), wenn es keine Kinderbetreuung gibt. Dieser Rückschritt betrifft vor allem Frauen, die sich vorkommen müssen wie auf einem Katapult in die Fünfzigerjahre. Das sind drängende Probleme, die darauf warten, dass wir sie aufgreifen. Doch wie berichten, wenn wir nicht am Ort des Geschehens sein dürfen? Darauf haben die Freischreiberïnnen Anja Reiter und Jakob Vicari im Freischreiber-Bibel-Blog acht gute Antworten aufgeschrieben, Stichwort: Daten statt Taten. Oder: kollaborative Recherche.
 
Mehr als nur berichten will Freischreiberin Jeannette Hagen, die in den vergangenen Jahren als Berichterstatterin im Flüchtlingslager Moria war. Sie hat mit ihrer Kollegin Heike Pohl eine Petition für die umgehende Evakuierung des Lagers gestartet, mit der sie ausschließlich prominente Stimmen sammelt. Verbunden mit der Hoffnung, dass diese Stimmen sich mehr Gehör verschaffen können, als das bislang der Fall war. 
 
Das Klimaprojekt „Am Puls der Erde“ von Freischreiber Raphael Thelen und Theresa Leisgang ist fürs Erste unterbrochen. Die beiden Klimareporterïnnen mussten ihre Reise von Südafrika bis in die Arktis wegen der Corona-Pandemie an der Grenze zu Malawi beenden. Raphael schreibt: „Wir sind tatsächlich leider zurück, es ging irgendwann nicht mehr weiter: Gerade als wir nach Malawi einreisen wollten, wurde dort der Ausnahmezustand ausgerufen, und die Einreise von Drittstaatlern untersagt, nach Mosambik konnten wir aber auch nicht zurück, weil dort mittlerweile das Gleiche galt. Die Grenzbeamten waren großartig und wollten gern helfen, konnten aber auch nichts tun. So sind wir vier Tage da festgehangen, bis wir es mithilfe der deutschen Botschaft geschafft haben, eine Ausnahme zu erwirken, mehr als ein 48-Stunden-Transitvisum war aber leider nicht drin, und das auch nur unter der Bedingung, dass wir gleich nach Deutschland ausfliegen. Wir haben das auch alles im Podcast von Louis Klamroth erzählt und sehen das jetzt als Auszeit, in der wir uns neu sortieren. Und letztlich passt es auch ins Konzept der Reise, denn Corona stellt uns ja auch die Frage, wie wir als Individuen und Gesellschaft mit Krisen umgehen können.“ Wir sind gespannt, wie es weitergeht und hoffen auf eine baldige Fortsetzung dieses wichtigen Projekts. 

Nun zu Corona: Welche finanziellen Hilfen und andere Formen der Unterstützung es für freie Journalistïnnen gibt, finden Sie stets aktualisiert in unserer umfangreichen FAQ auf dem Freienbibel-Blog. Mit Updates zu den staatlichen Hilfen und ihren stetigen Veränderungen, einer ausführlichen Anleitung, wie man die Grundsicherung beantragt, und mit einem Fünf-Punkte-Plan, der freie Kollegïnnen durch die Krise helfen soll. Stichwort: Geschäftsmodelle überprüfen.
 
Das wird, fürchten wir, auch dringend notwendig sein. Die Funke Medien Gruppe hat laut Turi2 die Honorare von Freien „nicht gestrichen, sondern allenfalls gestrafft“ (bei einem mittleren Bruttostundenhonorar von 26,91 Euro). Liebe freie Journalistïnnen, wenn Sie Ihre Geschäftsmodelle überdenken: Streichen Sie Ihre Beiträge für die genannte Medien-Gruppe nicht, aber straffen Sie sie entsprechend.
 
Apropos: Wie Freie am besten ihre Honorare berechnen und ihre Kundïnnen sortieren, erklärt Freienbibel-Redakteur Jan Schwenkenbecher in seinen BASICS-Beiträgen auf dem Freienbibel-Blog. Da geht es um sehr krumme Summen (269,02 Euro pro Tag), aber auch um Waschbären, die Glanz in die Hütte bringen, und räudige Marabus, von denen sich fernhalten sollte, wer auf einen grünen Zweig kommen will. Am selben Ort schreibt Lokalreporter und Freischreiber-Vorstand Jens Eber über die alten Zöpfe des Terminjournalismus und verrät, wie Freie sich im Lokaljournalismus unentbehrlich machen. All das und etliches mehr versammelt sich auf dem Blog der Freienbibel, die nach und nach zu einem Buch heranwachsen soll, der Freienbibel 2 – sieben Jahre nach der ersten Bibel, die nun ja doch in die Jahre gekommen ist. Deshalb aktualisieren wir sie nicht, sondern schreiben sie nigelnagelneu. Hier auf Steady kann man uns dabei unterstützen.


 Mitmachen und Ärmel hochkrempeln: Jetzt :Freischreiberin (oder :Fördermitglied) werden! 


Freischreiberiges
 
Die Freischreiberin Katharina Nocun hat mit ihrer Co-Autorin Pia Lamberty ein Buch über Verschwörungstheorien geschrieben. In „Fake Facts“ untersuchen die Autorinnen unter anderem, „wie sich Menschen aus der Mitte der Gesellschaft durch Verschwörungstheorien radikalisieren und die Demokratie als Ganzes ablehnen“. Erscheint am 29. Mai bei Lübbe und kostet 19,90 Euro im Hardcover und 14,90 als E-Book. 
 
Der Freischreiber-Honorarreport 2020 ist in Vorbereitung, und einer seiner Väter ist der Datenjournalist und Freischreiber Michel Penke. Mit dem Team von Correctiv ist Michel Penke nun auf der Nominierungsliste des Nannen-Preises gelandet, mit „Wem gehört Berlin?“ in der Kategorie Web-Projekt. In bester Gesellschaft mit Freischreiber-Bro Rezo, der ebenfalls für den Nannen-Preis nominiert wurde mit seinem legendären Video „Die Zerstörung der CDU“. In der Kategorie „Investigative Leistung“ ist Freischreiberin Vera Deleja-Hotko als Teil des SZ-/Spiegel-Teams auf der Nannenpreis-Nominierungsliste vertreten, mit der „Ibiza-Affäre“, die ja diverse Steine ins Rollen gebracht hat. Wir gratulieren von ganzem Herzen und drücken die Daumen! 
 
 
Dies & das
 
Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften e. V. (acatec) vergibt den PUNKT-Preis für Technikjournalismus und Technikfotografie. Texte und Beiträge können für die Kategorien „Tagesaktuell“ und „Hintergrund“ bis zum 19. Mai 2020 eingereicht werden. Der Preis ist mit 5000 Euro dotiert. Hier steht mehr dazu. 
 
Die Riffreporter haben eine digitale Veranstaltungsreihe mit der Münchner Stadtbibliothek auf den Weg gebracht. Sie heißt „Froschgesang und Seifenklang – gemeinsam mit Wissenschaftsjournalist*innen die Welt digital erkunden“. Wer schon immer mal Riffreporter live und in Farbe sehen wollte, hat heute am 22. April ab 18 Uhr die Gelegenheit dazu bei „Meet the Riff!“. Da präsentieren sich die Umweltprojekte der Riffreporter in einem 60-minütigen Expertïnnen-Slam. Unter anderem mit dem „Pandemic Silence Project“, das die stiller gewordene menschliche Welt in der Zeit des Lockdown dokumentiert. 
 
Die Reihe beginnt anlässlich des Earth Days und endet am 5. Juni mit dem Welt-Umwelttag. Die nächsten Riff-Termine (27. April und 29. April) drehen sich um die „Pandemie der Frösche“ und um „Abwehrkräfte“.
 
Ein kleines großartiges Mini-Musical zweier Hamburger Musikerïnnen begeistert uns gerade sehr, das erste #stayathome-Musical. „Wir sind nicht systemrelevant“, singen Lukas Nimschek und Franziska Kuropla, „denn wir können nur tanzen und singen.“ Aber was ist das für ein „nur“! 
 
Das war es wieder von uns. Bleiben Sie gesund, bleiben Sie zuversichtlich, bleiben Sie uns gewogen.
 
Ihre Freischreiberïnnen
 

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Nächste Freischreiber-Mittagspause am 23. April ab 12:15 Uhr. Infos und Anmeldung hier.


How to … Linkedin (für freie Journalist*innen)
Webinar mit Kixka Nebraska am 27. April ab 19.30 Uhr. Anmeldung und weitere Infos hier.


Helft uns dabei unseren :Aufruf zu Solidarität in die Redaktionen zu tragen!

Es gibt neue Termine für die unseres Kooperationspartners “Reporterakademie”. Für :Freischreiber-Mitglieder sind bis 30. April Plätze zu den folgenden Konditionen reserviert:

TRAIN-THE-TRAINER für Kreativ-&Medienschaffende (1.-5. Juni 2020), Preis für Freischreiber-Mitglieder: 1200 Euro (zzgl. MwSt). Mehr Infos hier.

MASTERCLASS REPORTAGE (1.-3. Juli 2020), Preis für Freischreiber-Mitglieder: 420 Euro (zzgl. MwSt.). Mehr Infos hier.

GUT LEBEN ALS FREIE/R (6.-7. Juli 2020), Preis für Freischreiber-Mitglieder: 360 Euro (zzgl. MwSt). Mehr Infos hier.

AUSLANDSREPORTER/IN (8.-9. Juli 2020) Preis für Freischreiber-Mitglieder: 330 Euro (zzgl. MwSt.). Mehr Infos hier. 


Das Honorar-Tool für mehr Transparenz: Honorare hier eintragen: wasjournalistenverdienen.de

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vom 08T06:44:20+00:00.04.2020

09. April 2020

Schaut hin

Liebe Freischreiber*innen,
liebe Kolleg*innen,
 

in den vergangenen Wochen haben wir unter dem Stichwort #seidsolidarisch viel über unsere Lage gesprochen. Redaktionen sollen Freien gegenüber solidarisch sein – richtig so! Auch sonst geht es in den Medien vor allem darum, Arbeitsplätze und die Wirtschaft zu retten. Auch richtig. Wir alle stehen vor großen Herausforderungen, freie Journalist*innen inbegriffen. Bei all diesen berechtigten Sorgen fällt aber auf, wie sehr wir uns in diesen Tagen um uns selbst drehen.

Im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos leben derzeit knapp 20.000 Geflüchtete, darunter viele Kinder. Sie sind unter menschenunwürdigsten Bedingungen zusammengepfercht, haben kaum Zugang zu Wasser und Nahrung, von Hygiene und Virenschutz ganz zu schweigen. Das Lager ist von der Außenwelt abgeriegelt, Hilfsorganisationen verlassen es. Sollte an diesem Ort das Coronavirus ausbrechen, käme das einer Katastrophe gleich. Selbst die konservative „Welt“ spricht in diesem Zusammenhang von einem „Sinnbild der Schande“. Die Hilfsorganisation Mission Lifeline hat nun eine politische Kampagne gestartet, um das Lager zu evakuieren. Auch wir als Journalist*innen stehen in der Verantwortung, gerade in Krisenzeiten die schwächsten Menschen nicht aus den Augen zu verlieren.

Wir Freischreiber*innen rufen deshalb dazu auf, die mediale Aufmerksamkeit wieder über Corona hinaus zu streuen. Berichtet über die Missstände, schaut wieder oder weiterhin über euren Horizont – und, auch das, über die eigenen Sorgen hinweg. Für uns als freie Journalist*innen geht es in diesen Tagen um die wirtschaftliche Existenz. Für viele andere Menschen steht das Leben auf dem Spiel.

Unterstützung für freie Journalist*innen

First things first. Denken Sie sich hier einen galanten Übergang. Dabei wollten wir es gar nicht aussprechen: das Wort. Und was dahintersteckt, was uns den Kopf verdreht, was uns nicht schlafen lässt oder was uns ganz entspannt in der Hängematte schaukeln lässt, weil sich ja doch nichts ändern lässt – je nach Temperament und Kontostand und Wetterlage. Dieses eine Wort, das mit „C“ anfängt und „orona“ endet, wird auch diesen Newsletter dominieren, da hilft nix, da müssen wir durch. Und – ja, in den ersten drei Absätzen stand es schon zweimal drin, richtig gezählt.

Titelbild Freischreiber-FAQ zur Corona-KriseAber weiter in Sachen Krisenbewältigung. Es sei gleich allen die große FAQ-Sammlung für Freie zur Corona-Krise ans Herz gelegt: Man kann diese Seite wie eine Machete nutzen, um sich einen Weg durch den Dschungel an Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten zu schlagen. Geführt, betreut, geleitet von Katharina Jakob und Oliver Eberhardt vom Freischreiber-Vorstand, und – und das ist entscheidend – sie wird von ihnen fortlaufend aktualisiert. Mit Stand von jetzt – wo dieser Newsletter geschrieben wird – steht das zehnte Update online. Und dabei wird es nicht bleiben. Freischreiber-Mitglieder bekommen Antworten aus erster Hand dazu bei der nächsten Freischreiber-Mittagspause am 14. April.

Und jetzt sozusagen die Werbung, eine leise Ermahnung, eine aufrechte Bitte: Wir stellen alle Informationen, die wir haben, allen zur Verfügung. Wirklich jedem. Und zugleich sind wir ein Verband, der von seinen Mitgliedern lebt – und auch von deren Mitgliedsbeiträgen. Und so einen Blog aufzusetzen, zu pflegen und auf Stand zu halten, das ist handfeste Arbeit. Rund um die Uhr. Das macht man nicht so nebenbei. Von daher: Werden Sie Mitglied bei Freischreiber, was ohnehin eine coole Idee ist. Oder unterstützen Sie die Arbeit des Redaktionsteams via Steady.
 


 Mitmachen und Ärmel hochkrempeln: Jetzt :Freischreiberin (oder :Fördermitglied) werden! 


So. Die FAQ enthalten Informationen zu den Bundesmitteln, um freien Journalist*innen zu helfen, die Krise zu überstehen. Und dann die Fördermöglichkeiten der Bundesländer, alle nacheinander. Plus eine Passage zu Möglichkeiten der Grundsicherung, dem Leistungsverweigerungsrecht (wird erklärt), anderen Fördermöglichkeiten vom VG-Wort-Sozialfond über Wohngeld bis zum Kindergeldzuschlag. Und auch erste Informationen, was die Auftraggeber*innen derzeit tun oder auch nicht, finden sich. Ganz wichtig: keine Scheu. Keine Scheu, die derzeit (!) möglichen Möglichkeiten der Grundsicherungen in Anspruch zu nehmen, denn die allerallermeisten Unterstützungsleistungen beziehen sich auf die reinen Betriebskosten wie Miete, Telefon, Versicherungen etc., aber so gut wie nicht (da gibt es regionale Unterschiede) auf die Sicherung des Lebensunterhalts (den Kaffee, die Butter, die Brötchen).

So sei Oliver Eberhardt vom Freischreiber-Vorstand zitiert: „Fürs tägliche Leben sollen sich die Leute an die Grundsicherung halten, die auf dem ALG II / Hartz-IV-System aufbaut. Von dessen miserablen Ruf sollte man sich nicht abhalten lassen. Denn zumindest für ein paar Monate lässt man die Zügel kräftig schleifen: Es wird nicht geprüft, ob man Vermögen hat, es sei denn, man hat mehr als 60 000 Euro, und auch die Einkommensermittlung bei Selbstständigen wurde kräftig eingedampft.“ Hier geht es zu den übrigens jetzt sehr übersichtlichen Antragsformularen. Auch wichtig: Man muss seinen Antrag nicht persönlich beim zuständigen Jobcenter abgeben. E-Mail oder Brief reichen.
 

Corona & Co: Sternstunde für regionalen Journalismus?

Die Zapp-Redaktion hat ein Spezial zum Thema „Journalismus in Zeiten von Corona” veröffentlicht. Kollege Daniel Bouhs hat einen Beitrag darüber gemacht, wie freie Journalist*innen durch die Krise kommen und bei Freischreiber-Vorständin Anna Heidelberg-Stein gedreht: “Freie Journalisten: selbstständig und solidarisch?” Außerdem haben die Kolleg*innen weitere Journalist*innen in der ersten Woche des Kontaktverbots begleitet. Hier gibt es die komplette Sendung.

taz2-Redakteur Volkan Agar schreibt über die Corona-Hilfen für freie Journalist*innen und hat dazu auch mit Freischreiber-Vorstandsmitglied Oliver Eberhardt gesprochen, der zum Beispiel kritisiert, dass die Kriterien von Bundesland zu Bundesland nicht nur sehr uneinheitlich sind, sondern gerne auch von jetzt auf gleich geändert werden, ohne das zu kennzeichnen.

Alexander Graf hat sich für „Übermedien“ dezidiert unter den Freien Journalist*innen umgehört und versucht, auch die Lage der Verlage zu sondieren: „Wie für viele andere Freiberufler und Selbstständige brechen für freie Journalistinnen und Journalisten gerade harte Zeiten an. Termine und Veranstaltungen fallen komplett weg, das öffentliche Leben liegt jenseits von Corona weitgehend brach. Über was also berichten? Und wie mit den finanziellen Engpässen umgehen?“ Sein Resümee – das soll nicht verschwiegen werden – fällt nicht allzu optimistisch aus: „Der entscheidende Faktor ist Zeit. Wenn die Werbeerlöse nicht bald stabilisiert oder durch andere Einnahmequellen kompensiert werden können, sieht es düster aus. Unter Umständen wird man dann einen gnadenlosen Selektionsprozess in der Medienlandschaft erleben – sowohl bei den Verlagen, als auch bei den freien Journalisten. Wer in der Lage ist, sich rasch weiterzuentwickeln, anders zu arbeiten und passende Inhalte zu erzeugen, wird vielleicht bestehen. Für andere könnte die Corona-Krise tatsächlich das Ende im Journalismus bedeuten.“ 

Die immer wieder zu empfehlende Sendung „Breitband“ im Deutschlandfunk widmete sich in seiner aktuellen Ausgabe der Frage, wie viel unserer Privatsphäre sind wir bereit aufzugeben, um das Virus einzudämmen – oder ist das die falsche Frage? „Die Corona-Krise hat viele Facetten. Diese Woche sprechen wir über das Potenzial von Überwachung, fehlgeleiteten Technikglauben im Silicon Valley und über ein Spiel, das Hoffnung in tristen Zeiten verbreitet.“

Und: Sternstunde für regionalen Journalismus? Der Medienwissenschaftler Klaus Meier wiederum sieht in einem Interview für schwaebische.de die Chancen für einen kritischen Regionaljournalismus steigen: „Die Journalismusforschung, Berufsverbände und viele andere weisen seit Langem darauf hin, dass kritischer und unabhängiger Journalismus systemrelevant für die Demokratie und eine offene Gesellschaft ist. Dass er jetzt in der Corona-Krise auf dieselbe Stufe gehoben wird wie Gesundheitsberufe, darauf sollten wir auch nach dieser Krise noch zurückkommen, wenn es darum geht, wie wir als Gesellschaft einen unabhängigen Journalismus auch finanziell langfristig ermöglichen können oder gegen Angriffe von demokratiefeindlichen Gruppierungen schützen.“
 

Seminare, Preise & Wettbewerbe

Alles online: Neue Kurse gibt es bei der Reporterfabrik – zum Beispiel zum Thema ,Die neuesten Suchtools in Social Media‘. Die Berliner Journalistenschule hat etwa das Seminar „Sprache und Stil – verständlich Schreiben” mit Freischreiberin Beate Krol im Angebot. Und auch die Akademie der Bayrischen Presse hat auf Webinare umgestellt – zum Beispiel zum Thema „Magazinjournalismus I“, unterrichtet u.a. von Freischreiberin Andrea Mertes. 

Wo gibt es Geld für meine Corona-Recherchen? Die Wissenschaftspressekonferenz WPK hat just einen „Recherchefonds Covid-19“ aufgelegt: „Mithilfe dieses Fonds möchte die WPK journalistische Recherchen unterstützen und ermöglichen, die sich mit der grassierenden Coronavirus-Pandemie, ihren Ursachen, Hintergründen und gesellschaftspolitischen Effekten befassen.“ Wie man sich bewirbt und was man wissen muss, hier erfährt man es. Noch wichtig: „Die Bezugnahme ist ausdrücklich nicht nur auf medizinische/epidemiologische Fragestellungen begrenzt. Vielmehr sind zum Beispiel auch technische, datenschutzrechtliche, bildungs-, ernährungs-, umwelt- oder gesellschaftspolitische Fragestellungen förderwürdig, sofern sie im Zusammenhang mit der öffentlichen und fachlichen Debatte rund um Covid-19 stehen.“

Der National Geographic COVID-19 Emergency Fund for Journalists “will distribute support ranging from $1,000–8,000 USD for local coverage of the preparation, response, and impact of this global pandemic as seen through evidence-based reporting.” Eine gute Übersicht zu verschiedenen Finanzierungsquellen für die Berichterstattung über COVID-19 hat das Global Investigative Journalism Network zusammengestellt: New Sources of Media Funding on the COVID-19 Pandemic.

Ganz klassisch, in sonorem Ton gehalten und sozusagen beruhigend mutet die neue und nächste Ausschreibung der Otto Brenner Stiftung an, die unter dem Titel „Kritischer Journalismus – gründliche Recherche statt bestellter Wahrheiten“ gestartet ist. Wie im Vorjahr liegen wieder 47.000 Euro bereit, die es zu verteilen gilt. In welchen Kategorien, wie die Einreichung zu erfolgen hat und alles Weitere erfährt man hier.

So, das wars schon wieder. Also fast. Denn wir möchten nicht unerwähnt lassen, dass es in diesen, nun ja, nicht einfachen Zeiten immer wieder Projekte gibt, die versuchen, nicht den Kopf allzu sehr hängen zu lassen, und an denen man vielleicht ein wenig naschen kann. Sehr gefällt uns etwa das Berliner DJ-Projekt „United  we stream“, bei dem jeden Abend in einem Berliner Club aufgelegt wird – für uns daheim vor dem Bildschirm. Allein die digitale Uhr, die da runterzählt, hat was …

In diesem Sinne: Hören Sie nicht mit dem Denken auf, bleiben Sie so kritisch wie entspannt, tanzen Sie ein bisschen (das hilft!), und bleiben Sie vor allem gesund!

Ihre
Freischreiber*innen

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Nächste Freischreiber-Mittagspause am 14. April ab 12:15 Uhr. Infos und Anmeldung hier.


Podcast-Webinar mit Regine Marxen verpasst? Handout, Links und Aufzeichnung finden Mitglieder hier.

Teaser Freischreiber-Freienbibel2-Blog
Eigentlich wollten wir in den nächsten Wochen ein Crowdfunding für die „Freienbibel 2“ starten. Darin wollten wir erklären, wie schön es ist, frei zu sein. Wie freier Journalismus heute und in Zukunft bestehen kann. Wir wollten Verhandlungstipps für bessere Honorare geben. Und wir wollten unsere Erfahrungen teilen, wie wir am besten mit Blockaden im Kopf umgehen. Aber: eine locker-fröhlich-freischreiberige Kampa in dieser Zeit? Nein, das geht eigentlich nicht. Daher haben wir beschlossen, einen Blog aufzusetzen: freienbibel.de. Ab sofort online.
Symbolbild Freischreiber Corona-FAQ

Cover MediumMagazin
Das Freischreiber-Manifest der Freien
„Die Pressefreiheit kann daran gemessen werden, wie mit Freien umgegangen wird. Ohne sie funktioniert Journalismus heute nicht mehr”, sagt Ferda Ataman im aktuellen MediumMagazin. Unterzeichnen Sie jetzt das Freischreiber-#manifestderfreien. Mail an manifest@freischreiber.de genügt.


Das Honorar-Tool für mehr Transparenz: Honorare hier eintragen: wasjournalistenverdienen.de


:Freiheit beginnt mit fairen Verträgen. Code of :Fairness


Nach der VGWort-Deadline ist vor der VGWort-Deadline. Alles was man dazu wissen muss, erfahren Mitglieder jederzeit im Slack-Kanal #vgwort.

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